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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
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Es regnete noch, aber die beißende Kälte hatte nachgelassen, und vielleicht würde des Harfners Lied den Sonnenschein bringen.
    Ich blieb abrupt stehen, als ich durch die Tür trat, denn die Königin war da. Sie war zwar nicht jeden Tag gekommen, doch oft, wie ein Landmann, der Ausschau nach dem ersten Grün auf seinem frisch bestellten Acker hält.
    »Er spielt gut«, wandte sie sich an mich. Ein bißchen ungewohnte Farbe tönte des Harfners Wangen, und einen Moment sah ich einen Mann so ganz anders als den hageren, bleichen Musikanten, den ich gepflegt hatte. Er mußte in seinem eigenen Land ein Barde von nicht geringem Ansehen sein, dachte ich da, denn ganz offensichtlich war er es nicht gewohnt, wie ein Möbelstück behandelt zu werden.
    »Ich erhielt eine gute Ausbildung«, erklärte er stolz. »Ich kenne die Musik von Erin, die von Britannia Superior und Inferior, und die von Gallien, auch ein wenig jene der Römer. Ebenso kann ich euch Geschichten über Artus und Odysseus erzählen, über Siegfried und den Drachen, über Theseus und den Minotaurus. Ich bin mit den heidnischen Händlern des Nordens gesegelt und habe ihre Sagen kennengelernt. Ich beherrsche fünf Sprachen, und außer der Harfe spiele ich Crewth und Viole. Auch wenn das Glück mich verlassen hat, weiß ich mich doch in hohen Häusern zu benehmen, edle Königin, und würde Euch gern für Eure Pflege danken.«
    »Er versteht auch, mit Worten gut umzugehen«, sagte die Königin mit leichtem Lächeln zu mir, doch sie blickte jetzt Dughan an. »Doch wenn Ihr ein so angesehener Mann in Eurer Heimat seid, wie kam es dann dazu, daß Ihr wie ein Stück Strandgut in der Bucht getrieben seid?«
    Er zuckte die dünnen Schultern. »Wahrhaftig nicht, weil an meiner Musik etwas auszusetzen war. Solange ich mich daran hielt, ging es mir gut – zu gut –, denn wie den griechischen Sänger Arion belohnten Könige mich, und hohe Herren gaben mir Gold. Und wie Arion kam ich auf der kalten, grauen See zu Leid.« Ein rascher Blick aus seinen blauen Augen schätzte unsere Reaktion ab. Es schmälerte den guten Eindruck ein wenig, aber es gibt wohl keinen Barden, der eine Geschichte ohne Ausschmückung erzählen kann, nicht einmal seine eigene.
    »Ihr müßt wissen, ich wollte meinen Reichtum durch Handel noch erhöhen«, fuhr Dughan fort. »Ich kaufte Waren in Gallien und fand ein Schiff, sie für mich nach Hause zu bringen.«
    »Was für Waren?« Esseilte stellte den Wasserkrug ab, den sie hereingebracht hatte. Nicht, daß sie ihn auf die Probe stellen wollte – ihre Augen glänzten vor Aufregung, mehr über fremde Meere und unbekannte Küsten zu erfahren.
    »Ah – Gold von Ophir und Pfauen, Gewürze aus Arabia Felix…« Der Barde bemerkte der Königin hochgezogene Braue. Er errötete und schüttelte den Kopf. »Ein Wunschtraum, und doch war mein Verlust groß genug.« Er überlegte flüchtig. »Ich hatte ein Ladung bemalte Tonware aus Burdigala und Weine von den Ufern der Garumna, ebenso ein wenig gehämmertes Silber aus Konstantinopel, eine wirklich kunstvolle Arbeit. O ja«, fügte er hinzu. »Ich war auch in Ostrom und betete in Konstantinopel im Tempel der Heiligen Weisheit, den Justinian dort erbaute. Hätte die Ladung den Heimathafen erreicht, wäre ich jetzt ein reicher Mann.« Er seufzte und legte mit des Geschichtenerzählers Geschick im genau berechneten Augenblick eine Pause ein.
    »Was ist daraus geworden?« machte ich das Spiel mit.
    »Ganz nahe der Küste von Armorica enterten uns Herulpiraten aus den Nordmeeren, und ich wurde im Kampf verwundet. Meinen Kapitän und seine Männer warfen sie ins Meer…«
    »Ihr jedoch seid am Leben geblieben«, stellte die Königin fest. »Welche Auslöse habt Ihr ihnen bezahlt?«
    Dughan grinste und hob seine Harfe. Mit sorgsam gekämmtem Haar und in frischem Gewand fiel es schwer zu glauben, daß dies derselbe Mann war, um dessen Leben wir erst vor einer Woche gekämpft hatten. Er war immer noch zerbrechlich dünn, doch seine blauen Augen hatten Glanz, und seine Haltung und Benehmen waren anmutig, als habe er sich viel unter hohen Herren aufgehalten.
    »Als sie erkannten, daß ich Barde war, wollten sie mich zu ihrer eigenen Unterhaltung haben. Doch Gott strafte sie. Von dem Augenblick an, da sie mich an Bord ihres Schiffes nahmen, wollten die Stürme schier nicht mehr aufhören. Auch fing meine Wunde an, brandig zu werden, wie ihr wißt, und meine Nähe war kein Vergnügen für sie. Sie begannen davon zu reden,

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