payback: thriller (German Edition)
Bier. Er öffnete die Flaschen am Tisch.
Pylon erkundigte sich, ob er auch am Karneval teilnehmen würde.
»Natürlich, Senhor .« Der Mann grinste ihn breit an. »Wenn ich hier im Hotel fertig bin, gehe ich tanzen.« Lachend führte er eine schnelle Bewegung mit den Hüften aus. »Wollen Sie auch?«
»Nicht mehr heute, José«, erwiderte Mace, der das Namensschild am Kragen des Mannes entziffert hatte.
José verbeugte sich leicht. »Ich bringe Ihnen gleich Ihr Steak.«
Pylon und Mace stießen mit den Flaschen an und tranken. Eine Weile redeten sie über den Albtraum von Karneval, bis José ihnen eine Viertelstunde später zwei riesige Teller mit den Steaks und Pommes frites auftischte.
»Sehr englisch«, erklärte er. »Man kann das Blut schmecken. Guten Appetit.«
Es stimmte: Die Steaks waren zart, und der Saft lief ihnen aus den Mundwinkeln, als sie das Fleisch aßen.
Mit vollem Mund meinte Pylon: »Unser Mr. Webster lässt sich ziemlich Zeit. Findest du nicht? Er hätte sich inzwischen längst bei uns melden sollen.«
Mace zuckte mit den Schultern und schnitt sich ein rosafarbenes Stück ab. »Vielleicht ist er ja auch im Karneval unterwegs.«
»Wie wär’s, wenn du Isabella anrufst? Soll sie sich darum kümmern.«
»Sie hat seine Telefonnummer nicht.«
»Blödsinn, Mace. Irgendwie muss sie mit ihm in Kontakt getreten sein.«
Mace kaute. Dachte: Für eine zerstörte Stadt ist dieses Steak wirklich fantastisch. Es zerschmolz auf der Zunge. Da konnten selbst die Leute bei Spur Steak Ranches noch etwas dazulernen.
»Ruf sie an.«
Mace tat es, erreichte aber nur Isabellas Mailbox.
Pylon schüttelte den Kopf. »Tolle Handhabung. Da sind zwei Jungs in ihrem Auftrag unterwegs, und sie schaltet die Mailbox an. Genau das schätze ich an Isabella: immer fürsorglich.« Er spießte das letzte Stück Pommes auf. »Einschließlich der Blumen.«
»Du solltest nicht lauschen, wenn sich andere unterhalten.«
»Ich höre immer zu.«
»Sie hat sie außerdem gar nicht geschickt.«
»Das behauptet sie.«
»Sie kennt meine Adresse gar nicht.«
»Das behauptest du.«
Sie tranken noch zwei weitere Bier in der Hotellobby, wo nicht viel passierte. Nur eine Gruppe von Leuten, die nach US - AID aussahen, unterhielt sich in einer Ecke darüber, wie man das Vertrauen der Leute gewinnen könne. »Wenn sie uns nicht vertrauen«, meinte ein großer Schwarzer, »werden sie auch nicht mit uns zusammenarbeiten. Keine Zusammenarbeit bedeutet: kein Geld. So einfach ist das. Man holt uns nach Washington zurück …« Die anderen in der Gruppe nickten missmutig. »Man holt uns nach Washington zurück, und diese armen Leute hier verhungern. Morgen geben wir ihnen als Erstes mal Süßes. Schmieren ihnen Honig ums Maul, was?« Die Gruppe lachte. Mace und Pylon tauschten auf ihrem Weg nach oben einen ironischen Blick miteinander aus.
In seinem Zimmer hielt Mace einen Moment lang inne. Er glaubte, seinen Koffer auf dem Bett und nicht auf der Ablage zurückgelassen zu haben. Vielleicht hatte ihn das Zimmermädchen umdeponiert? Allerdings war das hier eigentlich nicht die Art von Hotels, in dem jedes Mal ein Zimmermädchen Klarschiff machte, kaum hatte der Gast den Raum verlassen. Mace sah in seinem Koffer nach. Nichts fehlte, aber man hatte ihn eindeutig durchsucht. Er war zwar ordentlich genug wieder gepackt worden, aber dabei hatte derjenige nicht auf die ursprüngliche Reihenfolge geachtet.
Er rief Pylon an. Dieser hob ab und meinte: »Ja, jemand hat auch meine Tasche durchwühlt.«
34
Am Samstagabend besoff Ludo sich. Er begann mit der Minibar. Kippte sich vier Chivas mit Soda hinter die Kiemen, ehe er Cognac pur hinuntergurgelte. Als die Sonne hinter Signal Hill verschwand, fing er zu schluchzen an. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal geweint hatte. Jetzt stand er am Fenster und blickte über die Baumkronen hinweg auf die Stadt. Das Sonnenlicht spiegelte sich in den Fenstern der Hochhäuser. Er weinte. Sein Gesicht verzerrte sich. Er schluchzte. Es war ein tiefes, verzweifeltes Schluchzen. Er stöhnte. Es war ein Stöhnen, das ihm direkt aus dem Herzen sprach. Seine Brust schmerzte, als hätte er gerade einen Roundhouse-Kick verpasst bekommen.
»Scheiße«, ächzte er. »Scheiße, Scheiße, Scheiße.« Mit dem Handrücken verschmierte er die Tränen auf seinem Gesicht. Der Cognac in der anderen Hand zitterte.
Er wollte nicht an Isabella denken. Und konnte doch an nichts anderes denken. Immer wieder
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