payback: thriller (German Edition)
stellte er sich vor, wo sie jetzt lag. In irgendeinem Graben. In einem Müllcontainer. Zwischen Schrottautos auf einem Industriegelände. Diese Bilder quälten ihn maßlos. Und wenn sie nicht tot war? Sondern langsam verblutete? Allein. Wenn sie allein starb? Die Vorstellung war so schrecklich, dass sie ihn zum Handeln zwang. Er musste irgendetwas tun. Irgendwas.
Also rief er Paulo an, der zu seiner Überraschung auch abhob.
»Was hast du mit ihr gemacht, Arschloch?«, brüllte er in den Hörer.
»Ich hab mich von ihr im Mugg & Bean verabschiedet«, erwiderte Paulo ruhig. »Schon vor Stunden.«
»Sag’s mir!«, schrie Ludo, aber die Verbindung wurde abgebrochen.
»Ihr Schweine!«, heulte er auf, setzte sich und ließ nun seinen Tränen freien Lauf. Er wusste, was Paulo getan hatte.
Langsam ließ das Zittern nach. Ludo lehnte sich zurück, holte tief Luft und zündete sich eine Zigarette an. Der Aschenbecher quoll bereits über. Es musste gerächt werden. Er musste Francisco sagen, dass der Abschaum Isabella getötet hatte. Das war das Mindeste, das er tun konnte. Die Nachricht würde Francisco in seinen Grundfesten erschüttern. Er würde vermutlich den Boten umlegen wollen, der ihm diese Nachricht überbracht hatte. Als wäre das Leid um Isabella das einzige Leid auf der Welt. Mein Gott, seufzte Ludo, dessen Qualen unerträglich waren. Sein Schuldgefühl ebenfalls: Wenn er sie nur begleitet hätte, wäre das alles nicht passiert. Selbst ohne Waffe nicht.
Dieser Gedanke verlieh ihm neues Leben und ließ ihn noch hasserfüllter an Paulo denken. Ludo kippte den nächsten Cognac hinunter, dem ein Bier folgte. Diese Kretins. Der einzige Ort, an dem er mit der Suche beginnen konnte, war das Haus in Llandudno. Von dort aus wollte er sich dann Schritt um Schritt vorarbeiten. Wenn sie tatsächlich dort sein sollten, würde er sie mit bloßen Händen zermalmen. Er würde genau das tun, was auch Francisco tun würde.
Ludo duschte und zog sich todschick an. In Isabellas Zimmer betrachtete er ihre Kleidung, die zusammengefaltet im Schrank lag. Ein Kleid mit Trägern hing an einem Bügel. Es wäre etwas Besonderes gewesen, ein Dinnerkleid, wenn sie gemeinsam zu Abend gegessen hätten. Wie ein Paar.
In Llandudno ließ er den Cherokee am Strandparkplatz stehen und ging über einen Pfad zum Haus hinauf. Das Grundstück betrat er durch das Gartentor, lief über den Rasen zum Swimmingpool und stellte zu seiner Überraschung fest, dass die Terrassentür unverschlossen war. Also trat er ein und rief Paulos Namen, bekam aber keine Antwort. Oben im ersten Stock sah er sich in Paulos Zimmer um: ein gottverdammtes Chaos aus Zeitungen, Magazinen, Broschüren, Landkarten, Flyern und sogar entwerteten Fahrscheinen. Die Kleider der beiden waren verschwunden. Zwischen all den Sachen fand er jedoch eine Mappe mit Bed-&-Breakfast-Angeboten und Ferienhäusern. Eines der Häuser war umrandet: Molteno Road. Ludo dachte: Gedankenloser Idiot. Das kam davon, wenn man glaubte, alles im Griff zu haben.
Er verließ Llandudno und fuhr zu einem Café an einem protzig wirkenden Strandstreifen. Drinnen setzte er sich an einen Tisch und bestellte einen doppelten Jack Daniel’s, während er auf der Karte nach der Straße suchte. Was er brauchte, war eine Waffe. Ohne Waffe war die Welt viel zu gefährlich. Er nippte an seinem Whiskey. Wenn er schon Francisco nicht fragen konnte, ihm eine neue zu schicken, erschien ihm der geeignetste Mann Paulos Kontakt Oupa K zu sein.
Während Ludo alle Möglichkeiten durchging, die ihm blieben, dachte er nicht an Isabella. Aber der Gedanke an die Waffe ließ ihn dann doch wieder seine furchtbaren Qualen spüren. Hätte er noch die Pistole gehabt, wäre das Ganze anders verlaufen. So war sie höchstwahrscheinlich tot. Er kippte den Rest des Jack Daniel’s hinunter, um seine Trauer für den Moment zu ersäufen.
Erneut wählte er Isabellas Nummer. Erneut schaltete sich die Mailbox ein. Das Gleiche diesmal auch bei Paulos Handy.
Ludo verließ das Café. Er musste noch zwei oder drei Stunden totschlagen, bis er sich auf die Suche nach Oupa K machen konnte. Diese wollte er in einer Bar mit Trinkern, Billardspielern, Dart-Typen, Männern und Frauen verbringen, in der es ganz einfach Drinks, Zigaretten und Gesellschaft gab. Manchmal hatte er diese Mischung im Perseverance gefunden, häufiger noch im Stag’s Head. Er fuhr also zum Stag’s Head. Dieses Viertel der Stadt war um diese Zeit an einem Samstagabend fast wie
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