payback: thriller (German Edition)
fragte Gonsalves. »Jederzeit, wenn sie wollten?«
»Genau«, erwiderte Pylon. »Die Leute heuern uns für draußen an. Wenn sie in ihren Häusern sind, fühlen sie sich sicher. Da gibt es die Panikschalter an den Wänden, manchmal sogar an ihren Handgelenken.«
»Man fragt sich, warum sie überhaupt hierherkommen.«
»Weil es sicher ist«, meinte Pylon.
Sie blieben vor einer Leiche stehen, die an einen Esszimmerstuhl gefesselt war, der Mund zugeklebt. In der Mitte der Stirn war eine Schusswunde zu sehen.
»Ist das Ihr Kunde?«, fragte Gonsalves.
»Ja, der Deutsche«, antwortete Mace. »Dieter Dreske. Hat alles im Namen seines Partners Camillo Medardo organisiert und gebucht. Wir haben die beiden für zwei alte Tunten gehalten. Der Italiener ist irgendein großer Name in der Mailänder Modewelt.«
Sie gingen weiter ins Schlafzimmer.
»Mein Gott!«, sagte Pylon und stellte sich sofort hinter den Toten, damit er den blutigen Leistenbereich nicht sehen musste.
»Das habe ich mir auch gedacht«, erklärte Gonsalves. Er zeigte auf den Leichnam. »Würden Sie sagen, das ist der Spaghetti?«
»Das ist er«, antwortete Mace. »Hier scheint es ziemlich hart hergegangen zu sein.«
»War das eine Feststellung oder eine Frage?«, wollte Gonsalves wissen.
»Beides.« Mace sah sich im Zimmer um. Bemerkte ein Ausbeinmesser mit schmaler Klinge auf einem Nachttischchen, ein Scheckheft und weißen Staub auf der Glasplatte der Frisierkommode. »Kokain?«
»Sehr wahrscheinlich«, sagte Pylon. Zu Gonsalves meinte er: »Ist die Frau auch tot?«
»Welche Frau?«
»Wir haben drei Leute vom Flughafen abgeholt«, erklärte Pylon. »Unser Vertrag lief nur auf die zwei Schwulen, wir hielten die Frau für eine Nichte oder Ähnliches. In letzter Minute dazugestoßen. Wir mussten sogar einen Minibus mieten. So was passiert öfter, als man denkt. Wir kommen mit einem Wagen, bräuchten dann aber zwei, weil sich die Gruppe plötzlich verdoppelt hat.«
»Da ist keine Frau«, sagte Gonsalves.
Mace und Pylon sahen sich an.
»Nicht mal die Spur einer Frau«, fuhr Gonsalves fort. »Die Koffer hier sind voller Männersachen.«
Mace stellte sich mögliche Szenarien vor: Sie hat es selbst gemacht. Sie wusste davon. Sie wurde gekidnappt. Wie immer es sich abgespielt haben mochte – die Schussverletzungen waren jedenfalls professionell und stammten also vermutlich nicht von der Nichte. Das schloss Option zwei allerdings nicht aus, wobei ihn sein Bauchgefühl eher Richtung Entführung tendieren ließ.
Gonsalves fragte: »Wie wäre es, wenn wir ein Phantombild erstellen lassen?«
Mace meinte, ja klar.
Pylon sagte: »Lange Beine, verdammt knackiger Hintern. Sehr J-Lo.«
Gonsalves starrte ihn an und kaute heftig, bis Pylon wegsah. Die drei Männer gingen auf die Terrasse hinaus. Ein leeres Glas, zwei Kristallflöten mit Champagner noch auf dem Tisch, die Flasche Moët nicht mehr halb voll.
»Scheint jedenfalls fröhlich angefangen zu haben«, meinte Mace.
Gonsalves spuckte die Tabakkugel in seine Hand und warf sie in ein Beet mit Rosen. »Irgendeine Vorstellung, wie viel heutzutage ein Penis kostet?«
»Etwa hundert Dollar«, erwiderte Pylon. »Aber wenn es um Genitalverstümmelung gegangen wäre, hätten sie vermutlich beide mitgenommen. Es muss etwas anderes gewesen sein.«
»Was denken Sie, Mr. Bishop?«
Mace schüttelte den Kopf. »Sie sind der Kriminaler.«
»Ein großartiger Job, kann ich Ihnen sagen.« Gonsalves holte eine Zigarette heraus und begann das Papier von ihr abzumachen.
17
Eine Woche später war die Polizei noch keinen Schritt weitergekommen – außer dass der Fall international eine wahre Sensation darstellte. Die Beamten waren in mehreren Talkshows aufgetreten, in den Tageszeitungen wurden Phantombilder abgedruckt. Ohne Ergebnis. »Vielleicht hätten Sie weniger auf ihren Hintern als auf ihr Gesicht schauen sollen«, sagte Gonsalves zu Mace, als er ihn anrief, um ihm den neuesten Stand der Entwicklungen mitzuteilen. »Dann wäre das Bild vermutlich genauer geworden.« Mace erwiderte nichts darauf. Das Phantombild war eben so gut, wie Phantombilder waren.
Was die Polizei inzwischen kannte, war der Name der Frau: Vittoria Corombona. Eine US -Amerikanerin, wohnhaft in New York. Unter ihrer Adresse meldete sich niemand. Die Einwanderungsbehörde bestätigte ihr Eintreffen auf dem Flughafen Cape Town International. Keine weitere Grenzüberschreitung. Gonsalves hatte zudem eine seltsame Geschichte von der Polizia
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