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Pearl Harbor

Pearl Harbor

Titel: Pearl Harbor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Gewitter ankündigte. Er murmelte verdrossen: »Das bedeutet Krieg!« Bevor er Entschlüsse fassen konnte, müßte er mit Marshall sprechen. Dieser würde erst am Mittag von seinem Ritt zurück sein. Also verschob auch er die Entscheidung. Er hätte ohnehin den Lauf der Dinge nicht mehr aufhalten können. Zu lange hatte man sich in den führenden Militärkreisen Amerikas in Sicherheit gewiegt, indem man annahm, die Japaner würden in jedem Fall die Sowjetunion angreifen. Nun war es zu spät. Zur selben Stunde, als George C. Marshall am Potomac spazieren ritt - nach fernöstlicher Zeit war das der B. Dezember 1941, kurz nach vier Uhr morgens -, ließ Admiral Nagumo auf dem Gefechtsmast der »Akagi« ein altes, zerfetztes Fahnentuch hissen: die Kriegsflagge Admiral Togos aus der Seeschlacht von Tsushima. Der Überfall begann.

    Generalstabschef Marshall, der mit einiger Verspätung von seinem Morgenritt zurückkehrte, konnte am Lauf der Dinge nichts mehr ändern.

    Er konnte auch nicht ahnen, daß sein Verhalten an diesem Tage in den nächsten Monaten und Jahren wiederholt Anlaß zu kritischen Ausein andersetzungen sein würde.
    Zweifellos gehörte auch Marshall zu jenen amerikanischen Militärs, die einen sowjetisch-japanischen Konflikt begrüßt hätten. Obwohl zahlreiche Anzeichen direkt oder indirekt darauf hindeuteten, daß sich der japanische Schlag nicht gegen die Sowjetunion, sondern gegen die USA richten würde, übersah Marshall geflissentlich die sich immer deutlicher abzeichnende Gefahr eines japanischen Überraschungsangriffs auf amerikanisches Territorium. Selbst die von ihm offiziell erlassenen Anordnungen spiegeln das wider. In der von ihm am 27. November verfaßten Warnung hieß es: »Verhandlungen mit Japan scheinen ergebnislos zu verlaufen. Abbruch vorauszusehen, falls japanische Regierung nicht erneut um Aufnahme nachsucht. Japanische Absichten für die Zukunft unklar, feindselige Handlungen allerdings jederzeit möglich. Wenn Feindseligkeiten nicht vermieden werden können, ziehen die USA es vor, Japan den ersten feindseligen Akt ausführen zu lassen. Diese Politik soll keinen unserer Kommandeure dazu verleiten, Verteidigungsmaßnahmen zu vernachlässigen. Einem eventuellen feindseligen Akt Japans muß durch entsprechende Aufklärungsaktionen vorgebaut werden. Diese Maßnahmen sollten so ausgeführt werden, daß die Zivilbevölkerung nicht dadurch beunruhigt wird und die Absicht der Maßnahmen auf jeden Fall unerkannt bleibt. Über jede Maßnahme dieser Art ist zu berichten. Diese strengstens geheime Anweisung ist nur einem begrenzten Kreis verantwortlicher Offiziere zur Kenntnis 2u geben.
    Marshall.«
    Allgemeiner und unverbindlicher hätte sich ein Generalstabschef, der über alle Geheimdienstinformationen aus erster Hand verfügte, nicht äußern können. Er vermied es, die bereits deutlich erkennbaren Angriffsabsichten Japans präzis zu formulieren, und wies auch nicht darauf hin, daß sich die japanische Flotte offenbar bereits auf Kriegskurs befand. Für ihn war die Gefahr, die manche seiner Untergebenen viel klarer sahen als er, einfach nicht ernst genug.
    An jenem 7. Dezember nun, als George C. Marshall um elf Uhr fünfundzwanzig von seinem Morgenritt zurückkehrte und das entschlüsselte Telegramm der japanischen Regierung an Nomura überreicht bekam, entschloß er sich endlich, eine gesonderte Warnung an die USA-Besatzungen im Pazifik zu richten. In wenigen Minuten diktierte er den folgenden Text: »Dies ist eine Kriegswarnung! Die Verhandlungen mit Japan zum Zweck einer Stabilisierung der Verhältnisse im Pazifik sind beendet worden, und ein aggressiver Akt von seiten Japans wird in den

    nächsten Tagen erwartet. Die Stärke und Ausrüstung der japanischen Truppen und die Aufstellung von maritimen Kampfgruppen läßt eine Landungsoperation der Japaner in den Philippinen, in Thailand oder der Kra-Halbinsel vermuten. Möglicherweise auch in Borneo. Verteidigung muß dementsprechend vorbereitet werden. Gefechtsbereitschaft herstellen gemäß Befehl WPM. sechsundvierzig. Alle Kommandeure benachrichtigen, ebenso britische Autoritäten. Anti-Sabotage-Maßnahmen treffen.«
    Einen weiteren, folgenschweren Fehler beging Marshall bei der Form, die er für die Übermittlung der Warnung wählte. Er benutzte nicht eine der drei Linien, auf denen eine solche Botschaft unverzüglich übermittelt werden konnte. Das waren das sogenannte Scrambler-Telefon, eine Direktverbindung von seinem Dienstraum aus,

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