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Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
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und knuffte sie wach. »Mach schon, lsabel. Der Plastik-Yankee ist gestern gekommen.«
    Als lsabel das hörte, stand sie sofort auf. »Wann?«
    »Gestern. Und ich soll dir sagen, du sollst rüberkommen.« Ich versuchte, mich einzubringen - immerhin ging es um Kohle.
    »Wer ist dieser Plastik-Yankee?«
    »Ein Ami, der alle paar Monate hierher kommt. Ich erklär's dir später.«
    Innerhalb von zehn Minuten hatte lsabel ihren weißen Lycra-Body angezogen, den Rucksack geschnallt, Unmengen von Parfüm und Tand aufgelegt und ihr Haar hochtoupiert. Fröhlich lachend gab sie mir ein Küsschen. »Warte nicht auf mich, Schätzchen, hier geht's um Broterwerb. Aber das dauert mindestens bis morgen.«
    »Okay, ciao. Gib Acht auf dich.«
    Der Tag verging, ruhig, stickig. Jedes Jahr wird es heißer. Ich verkaufte ein paar Zigarren, die ich noch hatte, aß eine Pizza und trank eine Limo. Nette Diät. Ich war bei siebzig Kilo, dabei sollte ich ungefähr neunzig wiegen. Die Nacht verging, und ich hockte trocken auf dem Malecón, ohne einen Peso in der Tasche, ohne Rum, ohne Essen, ohne einen Joint zum schmauchen und ein bisschen high zu werden. Zum Glück kreuzte die lüsterne dicke Alte nicht wieder auf.
    Ich ging früh zu Bett, schlief aber sehr schlecht. Ängste, Hunger und Kakerlaken umschwirrten mich, irgendwo rumorte eine Ratte, und dann war da etwas in lsabels Zimmer. Der Raum musste gesäubert werden, geläutert mit Kokos und Kräutern, aber lsabel hielt nichts von Santería. Deshalb herrscht hier immer so ein Wirrwarr.
    Endlich schlief ich ein bisschen, voller Albträume und Angstzustände, umgeben vom Gestank nach Scheiße, der aus dem Gemeinschaftsbad strömte, da es seit Tagen kein fließendes Wasser gab. Die Leute schöpften es in Eimern, um zu kochen und sich zu waschen, aber die Scheiße überschwemmte inzwischen das Bad, denn hier wohnten - wie viele? Ich weiß nicht. Mal mehr, mal weniger, aber zurzeit waren wir gerade nicht so viele. In den sieben Zimmern lebten wir ungefähr zu vierzig. Das reichte. Genug Scheiße und Urin. Endlich wurde es hell. Ich blieb noch ein Weilchen im Bett liegen, erschöpft, und schlief dann wieder ein. lsabel kam zurück, todmüde.
    »O Schätzchen, dieser Ami ließ mich die ganze Nacht nicht in Ruhe, ich bin völlig hinüber und wund. Himmel, Arsch, was für ein Idiot!«
    »Erklär's mir jetzt: Hat er einen Plastikschwengel?«
    »Nein, nur der Kopf. Seine Eichel ist völlig aus Plastik, eine Prothese. Aber er schaffte es nicht, zu kommen, weder bei Susi noch bei mir.«
    »Mit beiden von euch zugleich?«
    »Ja, ja. Die ganze Nacht haben wir uns mit ihm abgerackert, aber er kam nicht. Ich habe ihn Yakelín überlassen. Er braucht mindestens zehn Tage.«
    »Liegt das an seiner Plastikeichel?«
    »Klar. Nur in seinem kleinen Stumpf spürt er noch was. Und seine Wutanfälle erst! Was man bei diesem Klotz alles ausstehen muss...«
    »Wie viel hat er dir gegeben?«
    »Hundert Dollar. Er zahlt immer hundert Grüne pro Nacht. Habe ich dir nie von ihm erzählt?«
    »Nein.«
    »Wahrscheinlich weil er seit einem Jahr nicht mehr hier war, dieser Yankee... Na ja... wir sind zu sechst... Susi, Yakelín, Mirtica, Lili, Sonia und ich. Und wir trommeln uns zusammen und besorgen es ihm der Reihe nach, bis er endlich bei einer von uns kommt. Und dann fangen wir wieder ganz von vorn an, denn der Kerl kriegt nie genug. Manchmal ist er drei Wochen da, und so lange geht's rund, Nacht für Nacht, ohne Pause. Wenn er dann am Ende endlich kommt, wird er friedlich und lädt uns alle zum Essen und zum Tanzen ein.«
    »Und er hat hundert Grüne für dich abgedrückt?«
    »Ja, Schätzchen. Hier sind sie. Aber in drei, vier Tagen bin ich wieder an der Reihe. Diesen Ami halten wir uns warm und lassen keinen anderen an ihn heran. Der Weg zum Himmel steht uns offen, mein Junge.«
    »Ich muss etwas essen, lsabel, sonst kippe ich um.«
    »Ich habe mir den Bauch vollgeschlagen, mit einem Frühstück wie für eine Fürstin, sogar Toast mit Butter und Gebäck. Da, nimm fünf und besorg dir was.«
    »Du hast die hundert Mäuse schon gewechselt?« »Ja, was glaubst denn du? Dass ich dir den fetten Schein gebe und du dich den ganzen Tag verdrückst? Nein, Schätzchen, kommt nicht in Frage. Ich musste viel zu sehr ran, mit diesem Stück Plastik in mir, als dass du alles auf Pott und Rum verschwen-dest. Nichts da. Besorg dir was dafür. Ich werde jetzt schlafen, und weck mich ja nicht... Verdammt noch mal, stinkt das Bad! Was für

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