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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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mitgekriegt, dass er reingelegt wurde?«
    »Ganz und gar nicht, stellen Sie sich vor. Am Ende saß er da, ließ ein bisschen den Kopf hängen und sagte: ›Ach, ich schäme mich so, mit ein paar lumpigen Geldscheinen wollte ich mich vor Gott loskaufen. Ich hätte alles, was ich besitze, herschenken müssen, dann hätte ich meine Seele gerettet.« Na, egal, vergessen wir Pafnutjew und sein Seelenleben. Das ist nicht die Hauptsache.«
    »Was denn?«
    »Raten Sie mal, wie hoch der Betrag war, den der Kaufmann gespendet hat.«
    »Woher soll ich das wissen. Vermutlich ziemlich hoch.«
    »Eineinhalbtausend Rubel. So viel war hinter der Ikone.«
    »Mehr nicht?«, stöhnte Mitrofani enttäuscht.
    »Eben!«, rief Matwej Benzionowitsch. »Und für so einen Kleckerkram sollten die ›Warschauer« einen Mord begehen? Dabei wissen wir nicht einmal, ob Manuila die gesamte Summe seinem ›kleinen Bruder« ausgehändigt hat, vielleicht hat er ja den Löwenanteil für sich behalten. Wie ich eingangs sagte: Pelagia hat Recht gehabt – Es ging nicht um die Schatulle, sondern um Manuila selbst. Also hat sich die Raubmordtheorie erledigt – unsere Mörder sind keine Räuber.«
    Was sind sie dann?
    »Was sind sie dann?«, fragte Mitrofani und runzelte die Brauen. »Wer sollte Pelagia so sehr hassen, dass er sie bei lebendigem Leibe einmauern oder vergiften will?«
    »Über den Giftmischer wissen wir gar nichts, über den anderen hingegen einiges. Also eröffnen wir die Partie mit ihm«, erklärte der Staatsanwalt mit einer Bestimmtheit, die erkennen ließ, dass er sich bereits einen Plan im Kopf zurechtgelegt hatte. »Was ist Ihrer Meinung nach das Auffälligste an der Geschichte mit Razewitsch?«
    »Die Tatsache, dass er ein ehemaliger Gendarm war und man ihn unehrenhaft entlassen hat.«
    »Nun, meiner Meinung nach ist etwas anderes viel bemerkenswerter, nämlich die Tatsache, dass er seine Schulden bezahlt hat. Das kann Razewitsch nicht aus eigener Kraft geleistet haben, sonst wäre er ja gar nicht erst im Gefängnis gelandet. Ergo muss ihm jemand dieses Geld gegeben haben.«
    »Aber wer?«, rief der Bischof.
    »Dazu gibt es zwei Theorien, die sich gewissermaßen spiegelbildlich zueinander verhalten. Die erste ist für mich persönlich ziemlich unangenehm.« Berditschewski verzog gequält das Gesicht. »Möglicherweise wurden die Schulden nicht beglichen, sondern ihm von den Gläubigern selbst erlassen. Und die Gläubiger des Stabsrittmeisters waren, wie wir wissen, jüdische Wucherer.«
    »Die Wucherer sollen ihm die Schulden erlassen haben? Das wäre ja das Allerneuste. Wie kämen sie dazu?«
    »Genau das ist die Frage. Was hat Razewitsch getan, oder was sollte er tun, im Tausch gegen seine Freiheit? Wozu hätten die Juden jemanden wie ihn gebrauchen können? Die Antwort liegt bedauerlicherweise auf der Hand. Die Juden hassen den Propheten Manuila, weil sie meinen, er besudele ihren Glauben. Sie hätten nur mal sehen müssen, mit welcher Erbitterung sie die unglückseligen ›Findelkinder‹ aus der Synagoge gejagt haben!«
    Es fiel Matwej Benzionowitsch als gebürtigem Juden sichtlich schwer, so zu reden, doch die Interessen der Ermittlung zwangen ihn zur Unparteilichkeit.
    »Ach, Eminenz, unsere ganze Judenschaft ist in der letzten Zeit wie umgewandelt, quasi außer Rand und Band. Es regen sich die unterschiedlichsten Kräfte und Strömungen, und alle sind äußerst hitzköpfig und fanatisch. Das gesamte jüdische Volk ist in Bewegung geraten, die einen wollen nach Palästina oder nach Argentinien auswandern, oder, Gott verzeih mir, nach Uganda, wo die Engländer, wie Sie vielleicht wissen, ein neues Israel gründen wollen. Die größte Aufregung aber herrscht unter den Juden des Russischen Reiches, wegen der Unterdrückung und Rechtlosigkeit, der sie hier ausgesetzt sind. Gerade die jüngeren und gebildeteren unter ihnen, die sich aufrichtig darum bemüht haben, in Russland eine echte Heimat zu finden, stoßen bei der Obrigkeit nur auf Feindseligkeit und Misstrauen. Für einen Juden ist es äußerst schwierig, ja fast unmöglich, ein Russe zu werden, es finden sich immer wieder welche, die Vergnügen daran haben, die alten Vorurteile aufzukochen. Oder kennen Sie den Witz: Einen Juden tauft man, indem man seinen Kopf fünf Minuten unter Wasser hält? Sehr viele kehren Russland enttäuscht den Rücken und wollen im Heiligen Land einen eigenen Staat gründen, eine Art Paradies auf Erden. Aber die Errichtung eines Paradieses auf

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