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Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Titel: Pelbar 2 Die Enden des Kreises Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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lang, dann wandte er sich um und sah Ahroe an, ihr Gesicht war starr, Tränen schimmerten im Feuerschein. Er wandte sich wieder zu Assek und legte dem jungen Mann die Hände über Kreuz auf die Brust.
    »Er war mein Vetter«, sagte er mit dem Rücken zu Ahroe. »Ich bin froh, daß dir nichts geschehen ist. Ich will einmal nachsehen, ob Hagen kommt.« Ican stürzte aus dem Feuerschein, um mit seinem Kum-mer in der Winternacht allein zu sein. Nach einiger Zeit hörte ihn Ahroe aus mehreren hundert Armlängen Entfernung rufen. Es kam keine Antwort. Nach einer Weile kehrte er schweigend, mit noch mehr ge-röteten Augen zurück.
    »Es tut mir leid, daß mein Vetter dir soviel Qual und Sorge bereitet hat«, sagte Ican. »Wir haben in eurer Nähe überwintert, um ihn von unseren Leuten fernzuhalten. Er hatte Schwierigkeiten. Seine Frau Nimm hat ihn wegen eines anderen Mannes mit ihrem Kind verlassen. Es blieb ihr nichts anderes übrig.
    Assek war sonderbar grausam zu ihr, obwohl er sie liebte. Als er sie dann zurückholen wollte, stellte sich ihm die ganze Bande mit Speeren entgegen, und er mußte beschämt abziehen. Er hatte nie eine Hand für Frauen. Für mich war er ein so guter Freund, wie ich ihn mir nur wünschen konnte. Wir haben die Spuren gelesen, die du hinterlassen hast. Du hattest Glück.
    Nachdem wir sahen, was am Baum geschehen war, sagte Hagen, ich solle vorauslaufen. Er ist alt. Er hatte Angst um dich. Assek hätte dich im Baum leicht töten können. Sein Fehler war nur, daß er zu dir hinaufkletterte. Du bist ein großes Risiko eingegangen. Nun, vielleicht auch nicht. Das Unglück war ihm bestimmt.
    Er setzte immer voraus, daß etwas in einer bestimmten Weise geschehen würde und handelte dann, als seien seine Annahmen Realität. Das war sein schlimmster Fehler. Sein Leben war bitter. Ich bin froh, daß du hier gut zu ihm warst. Er hat so etwas selten genug erlebt. Ich konnte sehen, daß er die Bit-terkeit abgelegt hatte, selbst im Augenblick des Todes noch. Wenn Hagen kommt, werden wir eine Stelle mit Steinen finden und ihn begraben, wie es sich ge-hört. Du siehst müde aus. Mir tut das alles sehr leid.
    Hast du Tee?«
    Während Ahroe betäubt Tee machte, richtete Ican Assek noch weiter her, überflüssigerweise, dann legte er sich unter seine Fellrolle und zog sich auch die von Assek noch über. Als Ahroe ihm den Tee und getrocknetes Fleisch brachte, rollte er sich herum und setzte sich nur langsam auf. Weit in der Ferne hörten sie Hagen rufen. Ican antwortete mit einem langen, zittrigen Falsettschrei, bei dem Ahroe die Haare zu Berge standen. Schließlich traf der alte Mann ein, müde und mit schweren Schritten, nahm wortlos seinen Tee und starrte erst Assek, dann Ahroe an.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte er schließlich. »Wir wollen dir nur helfen. Weißt du noch, wann ich dich zum erstenmal gesehen habe? Nein? Es war in Nordwall, und du hast mir, noch hinkend vom Laufen, die Handgelenke verbunden. Ich war auf den Schiffen der Tantal gefangen gewesen. Nun, Assek wird sich halten. Er hat einen langen Schlaf vor sich.
    Ich bin ausgelaugt wie ein alter Grashalm nach einem langen Winter. Laßt uns auch ein wenig schlafen.«
    Ahroe war überzeugt, daß sie an diesem Ort und zu diesem Zeitpunkt unmöglich schlafen könne. Aber irgendwie vermittelte Hagens Gegenwart eine Be-ständigkeit, ein Gefühl der Milde und Ruhe, und sie konnte sich in einen Frieden sinken lassen, ähnlich wie sie ihn in Pelbarigan verspürte, wenn sie die vereinzelten Sterne beobachtete, die durch die hohen, schmalen Fenster in den dicken Steinmauern herein-schienen. Die beiden Männer hatten Assek hinaus an den Rand des Feuerscheins getragen und ihn wieder sorgfältig hingelegt; dann hatten sie sich auf beiden Seiten von Ahroe ausgestreckt. Hagen fiel fast sofort in tiefen Schlaf. Als Ahroe sich endlich entspannte, wußte sie, daß Ican immer noch steif und ruhelos dalag. Einmal hörte sie ihn leise schluchzen. Sie bewegte sich nicht. Endlich wiegten sie der kalte Nachtwind, der im Schnee und in den trockenen Grä-
    sern raschelte, in einen Schlaf, aus dem sie erst am hellichten Tag erwachte.

FÜNF

    Ahroe erwachte nur langsam, ihr war schlecht. Die beiden Shumai waren fast fertig mit einer Bahre für Asseks Leiche und hatten das Feuer geschürt. Ahroe ging auf dem Eis den Bach hinunter zu einer nahegelegenen Biegung, sie fühlte sich erst schwindlig, dann wurde ihr übel. Sie würgte mehrmals, obwohl sie nur wenig im Magen

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