Pelbar 3 Die Kuppel im Walde
ließ, und erkannte dann, daß natürlich ein unendlicher Wasservorrat als Regen fiel und in den Strömen außerhalb von Kuppel und Ebenen floß.
Niemand hatte dieses Wasser gereinigt. Was war mit der Strahlung? Nun, ihnen schien sie nicht zu schaden. Celeste lief zu Tors Fellrolle, steckte ihre langen, schlanken Beine hinein und wand sich selbst hinterher, bis nur noch ihr Kopf hervorschaute. Das Fell war angenehm weich, roch aber unsauber. Sie streckte die Hand aus und klopfte mit einem Stock auf den Felsen. Tor kam herüber und blickte, die Hände auf den Hüften, lachend auf sie herunter.
»Du siehst aus wie eine Maus in ihrem kleinen Loch, gut«, sagte er. Dann kniete er schnell nieder, nahm ihren Kopf und küßte sie auf die Stirn. Sie spürte, wie sein rauher Bart über ihre Wangen strich und sich dann entfernte. Ihr Herz hüpfte vor Schreck über das plötzlich vor ihr aufgetauchte Gesicht. Ein Kuß. In den Ebenen küßte man sich nie, aber auf Bändern hatte sie es schon gesehen. Cohen-Davies hatte ihr einmal eine längere Abhandlung über das Küssen gehalten und lachend angeboten, ihr zu zeigen, wie die Alten es gemacht hatten, aber als sie Bereitschaft bekundete, erklärte er, daß das ein antiso-zialer Brauch sei, der zu ihrem Überleben in Kuppel und Ebenen nicht passe. Die Genetiker waren dagegen, da es zu den emotionellen Beziehungen führte, welche ihre Bemühungen, die menschliche Rasse für die Zukunft zu reinigen und zu erhalten, sehr er-schwerten.
Aber Tor war sofort aufgestanden und hatte Tristal zugesehen, der zum Bach weiter unten ging, um den Schlamm von ihrem Körperstrumpf und ihrem Gymnastikgewand zu spülen. Der Junge hatte einen Stoffschuh fallenlassen, und Tor trug ihn ihm hinterher und ließ Celeste allein am Feuer zurück.
Was für ein Wunder – ein paar Schritte außerhalb ihrer lebenslangen Heimat. Sie konnte das Feuer knistern und krachen hören, und der Wind machte in den kahlen Ästen darüber ein hohles Geräusch, das sie noch nie gehört hatte. Ein paar Pflanzen sprossen aus der kalten Erde, und unterhalb des Feuers sah sie eine kleine, weiße Blume mit vielen Blütenblättern und dunklen, breiten, bogenförmig eingeschnittenen Blättern. Sie wollte hingehen, aber sie lag nackt in der Fellrolle. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals etwas von so schlichter Schönheit gesehen zu haben. Weiter unten entdeckte sie noch mehr Blüten, aber sie waren in der Dunkelheit schlecht zu erkennen. Als Celeste überlegte, was es bedeutete, wo sie war und wie es da war, wurde sie von ihren Gefühlen des Staunens und Entsetzens beinahe überwältigt. Sie weinte in den Rand des Fells, zitternd und zusammengekrümmt, und als sie aufblickte, sah sie den Mann und den Jungen in ihrer Nähe. Ihre Kleider hingen über einem Ast, der mit einer Stütze neben das Feuer gestellt worden war. Ein leichter Regen hatte eingesetzt, be-rieselte Tors Haar und seinen Bart mit Perlen und verklebte die Haarenden des Fellmantels auf seinen Schultern zu Spitzen.
Tristal kniete neben ihr nieder. »Keine Angst«, sagte er. »Wir tun alles, was wir können, um dir zu helfen. Wir bringen dich nach Hause. Hast du Hunger? Ich will dir ein wenig Murmeltiersuppe geben.
Es sind wilde Zwiebeln drin. Vielleicht schmeckt sie dir.« Er brachte einen ausgepichten Becher dampfender Suppe und stellte ihn so hin, daß sie ihn von der Fellrolle aus erreichen konnte. Dann wandte er sich ab und schlenderte davon.
Tor rief von der anderen Seite des Feuerscheins nach ihm und legte ihm den Arm um die Schultern.
»Gut so. Laß sie in Ruhe. Sie soll sich an uns gewöhnen. Wir werden sie zu ihren Angehörigen bringen, wer immer sie sein mögen. Wahrscheinlich kommt ihr sogar dieses Essen sehr fremd vor.«
Tristal hätte sie gerne beobachtet, wagte es aber nicht. Aber dann drehte er sich doch um und sagte: »Nachtmädchen, die Suppe wird dir schmecken. Versuche zuerst nur die Brühe. Tor hat sie für mich gemacht. Ich war krank. Sie ist leicht zu essen.« Tor gab ihm einen Rippenstoß, und sie ließen sich auf der anderen Seite des Feuers nieder. Tristal fing an, sein Messer zu schärfen, aber Tor veranlaßte ihn, es weg-zulegen.
Celeste schnupperte zuerst an der Suppe. Sie roch fremd und scharf, so animalisch wie das Fell, in das ihr Körper gekuschelt war. Sie nippte vorsichtig, und ein köstlicher Geschmack, wie sie ihn noch nie erlebt hatte, breitete sich in ihrem Munde aus. Aber die Suppe war heiß, sie verbrannte sich fast
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