Pelbar 4 Der Fall der Muschel
Woge der Angst machte ihn schwach. Was hatten sie vor? Hinter dem Turm brodelten und kochten dunkle Wolken an einem seltsam gelb leuchtenden Himmel.
Einige der Wolken hingen herunter wie schwere, dunkle Trauben. Der Wind frischte auf, und ein Re-genschauer zog vorbei.
Gamwyn wurde mit Tritten und Stößen auf eine Plattform hinaufbefördert. Dort stand ein primitiver Tisch mit einem Balken am westlichen Ende. Plötzlich begriff Gamwyn, daß sie die Absicht hatten, ihm als Strafe für die Flucht den Fuß abzuschneiden. Er wehrte und wand sich, aber der Nicfad zog einfach das Seil um seinen Hals fester. Man zwang ihn auf den Tisch hinauf, acht entschlossene Nicfad hielten ihn fest, sein Knöchel lag über der Rundung des Balkens.
Ein Komiteemann sprach mit einem großen Megaphon vom Turm, jeder seiner Sätze wurde von einem Nicfadführer mit einem Megaphon, der gleich hinter den Siverisklaven auf einer Plattform stand, wiederholt.
»Leute von High Tower«, begann der Komiteemann. »Hier seht ihr die schlimmste Art eines gesellschaftlichen Schurken. Er nützte die Katastrophe in U-Bend für sich aus, blieb nicht, um zu helfen, sondern nahm die Gelegenheit wahr, um zu entfliehen.
Er ist also verantwortlich für viel Elend. Es ist nur richtig, daß er streng bestraft wird. Aber wir wollen, wie gewohnt, Gnade walten lassen und nur die gerechte Strafe für Flucht verhängen – Abschlagen eines Fußes. Später bekommt der Sklave die Chance, durch harte Arbeit Wiedergutmachung zu leisten.«
Der Mann redete weiter, aber Gamwyn hörte nicht mehr zu. Er kämpfte verbissen, aber es nützte nichts.
Es war, als risse sein Geist auf. Alles das war unwirklich. Er glaubte zu sehen, wie am Himmel eine Muschel entstand. Nein, es war nicht die richtige. Sie war säulenförmig wie die Schalen einiger Landschnecken, wie die Wasserwirbel, die sich auf jeder Seite eines Ruderschlags in den Fluß bohren.
»Es ist nicht die richtige«, schrie er heraus. Der Nicfad starrte ihn mit zusammengebissenen Zähnen an. Der Komiteemann schwafelte weiter, der Nicfad leierte ihm seine Phrasen nach, während der Wind immer stärker wurde.
Plötzlich kam Gamwyn wieder zu sich und beobachtete entsetzt, wie die Muschel zu einem Tornado wurde, der hüpfend und sich drehend näherkam und immer dunkler wurde. Der Sturm raste von hinten aus Westen und Süden heran, und weil alle auf Gamwyn schauten, sah niemand das Unwetter. Seine Geschwindigkeit schien sich zu steigern. Endlich hörte Gamwyn den Komiteemann sagen: »Hat der Gefangene ein Wort der Entschuldigung oder der Reue vorzubringen, ehe wir die Strafe vollziehen?«
Die Wiederholung des Nicfad ging fast im Brausen des Windes unter.
Gamwyn zappelte in den Armen des Nicfad und schrie: »Ich rufe alle Götter des Himmels im Zorn und ohne Gnade auf euch herab, denn ihr kennt weder Mitleid noch Gerechtigkeit!«
Das Brausen des Windes wurde noch stärker, und ein neuer Laut wurde deutlich darin hörbar, ein ununterbrochenes Röhren, das alles Sprechen übertönte.
Während einer der Nicfad nach seiner Axt griff, um das Urteil zu vollstrecken, schaute ein anderer zufällig nach Westen. Er ließ Gamwyns Bein fahren und schrie, darauf drehten sich die anderen um, während der schwarze Rüssel des Tornado die letzten fünfzig Armlängen auf den Turm zuraste. Die Zuschauer drehten sich um und schrien gellend, und Gamwyn stand auf, für einen Augenblick frei, während der schwarze Trichter mit seinem Fuß im Bogen in den Turm fuhr und ihn in Stücke riß. Holz, Knochen und Menschen flogen auf, wurden durch die Reihen der Arbeiter geschleudert und wieder hochgehoben, während das abschüssige Gelände vom Turm weg auf den Fluß zurutschte.
Gamwyn schaute gar nicht hin. Er hatte sich den Strick vom Hals gestreift und sprang von der Plattform, als der Wirbel den Turm erfaßte. Er rannte auf den Fluß zu, spürte, wie der Tornado über ihn hin-wegging und ihn in den Schlamm warf, wo Trümmer auf ihn niederprasselten, dann jagte der Sturm brüllend hinaus über das wirbelnde, kochende Wasser.
Ein Nicfad wollte nach Gamwyn greifen, doch der wand sich los, hörte ein sonderbares Gurgeln, drehte sich um und sah, wie der Mann von einem langen Splitter aufgespießt wurde. Gamwyn taumelte das Ufer hinunter und hinaus in den Fluß und schwamm zu einem der Boote, die vertäut im Wasser auf-und abhüpften und eintauchten. Erst als er sich über das Dollbord in das eine hineingerollt hatte, drehte er sich um. Durch
Weitere Kostenlose Bücher