Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
verleihen?«
»Diesmal nicht. Nicht über dich. Es ist Zeit. Weißt du, wie du zurückkommst?«
»Nein. Ausgeschlossen.«
»Komm! Du mußt es dir einprägen.«
Zwei Tage später wurde Stel dazu eingeteilt, das Museum und seine kleine Bibliothek zu reinigen. Sufy war fleißig gewesen. Stel wurde mit einer Mannschaft zum Viertel der Zentralen Weisheit geführt, dann sonderte ihn der Wächter in der Nähe eines merkwürdigen, kegelförmigen Gebäudes aus und schickte ihn mit seinen Lappen und seinem wassergefüllten Eimer hinein. Der Wächter klopfte mit dem Griff seiner Keule an die Tür. Von drinnen sagte eine scharfe Stimme: »Herein! Die Tür ist offen.« Der Wächter schob die Tür auf und stieß Stel hinein, wobei er ein wenig Wasser verschüttete. Stel blieb sofort stehen, um es aufzuwischen. Er hörte Schritte und sah zwei dürre lange Füße in Sandalen, mit ungeschickter Ze-henstellung, am Rande der Pfütze stehen.
»Name?«
»Oad.«
»Was ist das, ein nicht sehendes Auge mit Augen im Inneren, ein Auge, das zerstört wird, damit Augen sehen können?«
»Wie?«
»Schon wieder so ein Knochenschädel.«
»Natürlich, Herr.«
»Haben denn die Peshtak keine Rätsel?«
»Ach, Herr, wir sind gerade erst aus dem Ei geschlüpft.«
»Ha. Sehr gut. Schau zu mir auf. Hmm. Warum summen dann die Insekten?«
»Das weiß jeder, Herr. Sie kennen den Text nicht.«
»Ist das schon so alt? Kennst du auch welche?«
»Du mußt mir sagen, wo ich saubermachen soll, Herr.«
»Schon gut, schon gut. Aber vorher ein Rätsel. Sag mir eins. Komm, komm! Sag schon!«
»Ich ... ich habe sie alle vergessen. Ich glaube, ich sollte nicht ...«
»Vergiß, was du solltest! Und sag mir dafür ein Rätsel.«
»Ja. Nun. Ich ... hm ... ich erinnere mich an ein Kinderrätsel von Bara.«
»Ja, ja. Ein Kinderrätsel. Sag es, sag es!«
»Niemand sieht meine glänzende Spur von einem Fuß, der ein Schwanz ist nur.
Doch die Morgensonne zeigt, wo ich kroch, und auf dem Rücken mein Haus trag ich noch.«
»Pah. Das muß aber für sehr kleine Kinder sein. Naja, nicht schlecht, aber die letzte Zeile verrät alles. Und jetzt fang mit dem Saubermachen an! Hier. Stell zuerst das alles hin! Nimm den Lappen! Wische alles ab!
Laß dir Zeit dazu! Diese Geräte werden dich fast den ganzen Tag in Anspruch nehmen. Und alle Bücher, bis auf die alten in diesem Schrank. Morgen kommst du wieder. Du oder ein anderer. Wo hast du diese Narben her?«
»Narben? Oh, das war vor langer Zeit. Bin glücklich hier, Herr.«
»Quatsch! Vergiß nicht, freundlich zu sein. Laß dir Zeit! Und sag auch nicht mehr ›Herr‹ zu mir, außer, wenn jemand da ist. Fenn. Ich heiße Fenn. Los! Sag es!«
»Fenn.«
»Fenn. Warum hat man dich nur Oad genannt? Ein schleimiger Name. Los! Sieh mich an!«
Stel blickte zu Fenn auf, und als er ihn nun richtig anschaute, stellte er fest, daß der Mann jung, sehr groß und dürr war und große Schneidezähne und Sommersprossen hatte. Sein Gesicht wirkte intelligent und freundlich. Sein hellbraunes Haar stand vom Kopf ab wie Stroh. Stel sah, daß es dünn war – und nicht nur oben, sondern überall. Er runzelte ein wenig die Stirn.
»Du bist schon älter. Gut. Weniger Schwierigkeiten.
Warum runzelst du die Stirn?«
»Du warst in der Nähe des Gottes?«
»Nein. Warum fragst du das?«
»Du siehst so aus.«
Fenn schlug die Augen nieder. »Alle hier im Museum sehen irgendwann so aus. Wir leben nicht lange.
Blan hält diese Arbeit wohl für wichtig – wie die der Priester. Alle wichtigen Leute läßt er früh altern.«
»Um euch zu sich zu nehmen?«
»Ja.«
Stel wußte nun, daß es in dem Raum eine Strah-lungsquelle geben mußte. Er ließ seine Augen umher-schweifen. Auf den ersten Blick war nichts ersichtlich.
Er mochte Fenn schon jetzt. Er senkte wieder den Blick, begann mit seiner Arbeit und staubte sorgfältig namenlose Artefakte aus alten Zeiten ab. Fenn stand in einer entfernten Ecke des Raums, kehrte Stel den Rücken zu und beugte sich über einen Tisch mit einigen kleinen Gegenständen darauf. Stel hielt sich fern von ihm und schob sich langsam auf die massiven, komplizierten Geräte zu, für die er, wie Fenn gesagt hatte, fast den ganzen Tag brauchen würde, um sie zu säubern.
Auf einigen der Apparate sah Stel einen Anflug von Rost. Einer sah aus wie ein Webstuhl, aber verwirrend kompliziert. Schließlich erreichte er ihn und begann, jedes der vielen Teile sorgfältig abzuwischen, dabei studierte er das Ding.
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