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Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Er ist offensichtlich schlichtweg darüber
entsetzt, in was für ein Umfeld er bei der unschuldigen Heimsuchung seiner
Exgeliebten geraten ist. Ich kann es ihm nicht verdenken. Meine erste Begegnung
mit der Eifel war kein Stück gemütlicher. Leute, nehmt die Eifelkrimis ernst!
Hier geschehen tatsächlich ständig schreckliche Dinge, weiß der Teufel, woran
das liegt.
    »Diese Frau wohnt in einer Sekte, Katja! Wer weiß, was die mit
kleinen Kindern machen! Worauf hast du dich da nur eingelassen!«
    Auf Cora, die Igelfrau, die Kräuterhexe. Die sich morgens statt
Kaffee wahrscheinlich das Blut von Säuglingen zuführt, die bei einem grausamen
mitternächtlichen Ritual auf einem schwarzen Altar dem Satan geopfert wurden.
Und das mitten in der Eifel. Sei gegrüßt, liebes Mittelalter. Ich hole tief
Luft.
    »Gudrun, wir haben jetzt andere Probleme. Gib dem Mann sein Kind
zurück, und sag ihm, er soll sich vom Acker machen!«, sage ich, bemüht um
ruhige Autorität. Schließlich muss jetzt irgendjemand für irgendeine Ordnung
sorgen. Die schon wieder durch das Eindringen Fremder durcheinandergeraten ist.
    »Es ist nicht mein Kind.«
    »Das ist mir scheißegal!«, schreie ich ihn an. »Merkst du denn
nicht, dass du hier nur störst?«
    »Meine Frau ist verschwunden …«
    »Ja, und dein Kind oder dein Enkel wäre fast entführt worden, aber
wir haben soeben eine Leiche im Wald gefunden, und die geht jetzt vor.«
    »Eine Leiche …?«, ruft Gudrun entsetzt. »Was für eine …« Jetzt
bröselt sie. Hans-Peter fängt sie und das Kind auf. Die ersehnte Umarmung.
Endlich.
    »Wir haben Mutter Agnes tot aufgefunden«, kläre ich Gudrun auf.
    »Im Wald?«, kommt ihre Stimme, klein, ungewöhnlich zart und wohlig.
    »Es war ganz furchtbar«, bestätigt Hans-Peter tröstend. Er stützt
sie fürsorglich und denkt bestimmt eher an das behufte Ungeheuer als an das
friedliche Totenlager der alten Frau im Farn. Zur verhinderten Entführung
seines Enkels äußert er kein Wort. Klar, er will den Balg sowieso loswerden;
deshalb ist er ja überhaupt bei mir aufgetaucht, der verlogene Schuft.
    Ich blicke auf den Drogenbaron und das klebrige Pärchen, das mit dem
Säugling ein vorzügliches Abbild der Heiligen Familie abgäbe. Zu weiteren
Ausführungen verspüre ich nicht die geringste Lust. Soll Hans-Peter den beiden
anderen doch alles erzählen! Ich brauche jetzt Ruhe, muss die Eindrücke der
letzten Stunde verkraften, will allein sein mit meiner Trauer um Mutter Agnes,
meiner Wut auf Hein und meinem Schrecken über das gewalttätige Eindringen der
Vergangenheit in meine friedliche Gegenwart. Ohne weiteren Kommentar wende ich
mich ab. Zwischen zwei Holzlatten des Gatters flattert ein einsames
Hanfblättchen. Ich stecke es mir rasch in die Hosentasche, den großen Haufen
soll Hein gefälligst sofort entsorgen. Was er nicht tut. Er rennt hinter mir
her.
    »Wo genau ist Jupp jetzt?«
    »Räum deinen Müll weg«, sage ich ungehalten. »Später«, sagt er und
hastet ohne Antwort auf seine Frage davon. So groß ist der Wald schließlich
nicht.
    »Warte, Katja«, ruft Hans-Peter und eilt mit Gudrun an der Hand
ebenfalls herbei. »Wir müssen reden!«
    »Redet miteinander«, schlage ich vor. »Ihr habt euch bestimmt noch
viel zu sagen.«
    Da ich befürchte, auch in meinem Haus gestört zu werden, steige ich
in mein altes Auto. Ich verwerfe den Gedanken, zum Ardenner Grenzmarkt nach
Losheim zu fahren, um irgendetwas einzukaufen. Ich kann jetzt keinen Rummel um
mich herum gebrauchen, keine schnatternden Menschen vor den Kassen, keine Weihnachtsmusik
von der Krippana gegenüber. Und ich möchte weder erstarrte Froschschenkel in
der Tiefkühlabteilung sehen noch an die armen Kaffeebauern in Südamerika
denken, denen es bei dem ohnehin so unfair gehandelten Produkt gleichgültig
sein kann, dass deutsche Touristen für ein paar Cent Ersparnis nach Belgien
reisen. Da mache ich mich lieber der ökologischen Sünde schuldig, ohne Ziel mit
dem Auto durch die Hügellandschaft der Ardennenausläufer zu gondeln. Nischt als
Jejend, sagt man in Berlin zu diesen gloriosen Aussichten über nicht immer
sanft geschwungene bewaldete und grasbewachsene Anhöhen. Die schmale gewundene
Schlaglochstraße führt an kleinen Bächen entlang, vorbei an Kuhweiden und
einsam gelegenen Gehöften, die aus rein nützlichen Erwägungen erbaut wurden und
sich jeglicher fotogener Optik verweigern. Wie so oft stehen die Windräder auf
der belgischen Seite still, blicken vielleicht

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