Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
des belgischen
Polizisten, »so wie Ihr ihn ja auch geliebt …«, er legt eine Pause ein, setzt
fragend nach: »… habt? Aber möglicherweise solltet Ihr Euch eher überlegen, ob
dieser Mann es wirklich wert war, Euch Eure besten Jahre zu stehlen.«
»Hat er nicht …«, setze ich an, als uns ein leichtes Klopfen am
Fenster aufschreckt. Linus, der in seinem Korb im Flur geschlafen hat, beginnt,
laut zu bellen, und hopst in die Küche.
Betroffen schauen wir uns an.
»Hein hat einen Schlüssel«, flüstere ich. »Außerdem bleibt er in
Euskirchen, solange Jupp da vernommen wird … Oje, Gudrun hat vergessen, Jumbo
zu füttern.« Ich werfe Linus ein Hackbällchen zu – als ob das ein verfressenes
Pferd trösten könnte.
»Ein Diättag wird ihn schon nicht umbringen«, sagt Marcel. Er öffnet
das Fenster und lässt die kalte Oktobernacht hineinwehen.
»Als ich euch da sitzen sah«, höre ich Coras fröhliche Stimme,
»dachte ich, klopfste mal an und fragst, welche von diesen Kräutern du als
Pflanzen einsetzen willst. Lasst ihr mich rein?«
Das Fenster reicht genau bis zu dem schwarzen Punkt auf ihrer
Nasenspitze. Die zurückweicht, als mein schwarzer Höllenhund seine Pfoten aufs
Fensterbrett setzt und die Zähne fletscht.
»Besser durch die Tür.«
Ich lasse die Frau im viel zu großen grauen Jogginganzug ins Haus,
führe sie in die Küche, deute auf die unversorgten, zum Teil schon trostlos schlappen
Kräuter auf der Anrichte und bemerke schuldbewusst: »War ein hektischer Tag heute,
hatte einfach keine Zeit, mich zu kümmern.« Eilig ziehe ich eine Karaffe aus
dem Weinregal und lasse Wasser hineinlaufen.
»Klar, so kurz vor einer Restauranteröffnung …«, sagt Cora,
ängstlich vor Linus zurückweichend, der die späte Besucherin auf verborgene
Naschereien untersuchen möchte.
»Nee, wir haben andere Sorgen.« Viel zu viele, um sie vor einer
nächtlichen Besucherin auszubreiten. »Gib dem Hund ein Hackbällchen, dann
frisst er dich nicht«, sage ich und reiche ihr die Schüssel mit den Überresten.
Mit der freien Hand deute ich auf den Mann am Küchentisch. »Das ist übrigens
Marcel Langer.«
»Hallo, Marcel«, sagt Cora, nachdem sie Linus ein Hackbällchen
zugeworfen und ihm todesmutig den dicken Nacken gestreichelt hat. Sie streckt
eine lange knochige Hand aus. »Ich bin die Cora.«
Seitlich sende ich ihm einen Blick zu. So ist sie
eben . Gesellschaftliche Normen sind ihr wohl ebenso zuwider wie
jegliches Unkraut, das ihre Kräuter zu ersticken droht.
»Sie wohnen in Belgien?«, fragt der Polizist.
Sie wirft einen vorwurfsvollen Blick in meine Richtung. »Seit wann
siezen mich deine Freunde?«, fragt sie mich anklagend, wendet sich dann an
Marcel und bemerkt: »Ja, wir wohnen in Krewinkel, das ist immer geradeaus den
Berg runter.«
»Ich weiß, wo Krewinkel liegt«, gibt Marcel leicht gequetscht
zurück. »Ich stamme von da.«
»Ah, dann bist du also der Bulle, der da mal eine Kneipe hatte!
Deinetwegen habe ich Katja kennengelernt! Die uns unsere Kräuter abkaufen will.
Da ist ja ein Dankeschön fällig.« Coras Strahlen kann auch Marcel nicht
widerstehen. Er nimmt die dargebotene Hand und lächelt mühsam.
»Und wie habt ihr euch kennengelernt?«
Er weiß, dass ich so gut wie nie unterwegs bin.
»In Krewinkel. Vor unserem Haus. Sie wollte wissen, wo deine frühere
Kneipe stand. Aber weil das vor meiner Zeit war, konnte ich ihr das natürlich
nicht verraten.«
»Er ist ja auch schon sehr lange kein Gastwirt mehr, sondern damit
beschäftigt, böse Menschen einzubuchten«, bemerke ich leicht verärgert, dass
Marcel jetzt über meine heimlichen Nachforschungen Bescheid weiß. Nicht auszudenken,
was er da hineininterpretieren könnte. Wenn ich ihn vor einer halben Ewigkeit nicht
geküsst hätte, wäre mir jetzt entschieden wohler zumute.
»Nicht nur das …« Cora hebt die Augenbrauen, beugt sich vor und
tippt Marcel mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Jetzt weiß ich es wieder. Ich
habe dich doch gestern erst gesehen, beim Kreisel in Sankt Vith. Da hast du den
Verkehr geregelt.« Sie blickt unter den Tisch. »Übrigens hattest du da zwei
verschiedenfarbige Socken an; das sah sehr lustig aus.«
Jetzt hebe ich meine Augenbrauen. Nicht etwa wegen der Socken,
solche Schlampereien bin ich von ihm gewöhnt.
»Seit wann bist du denn zur Verkehrspolizei abgeschoben worden,
Marcel?«
Dass ich zum Du zurückgekehrt bin, erfreut ihn sichtlich.
»Die Schulwegsicherung gehört auch zu meinen
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