Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
es.«
Träum weiter, denke ich, und sieh zu, dass du seinen Bedürfnissen auch wirklich entgegenkommst.
Ja, ich muss zugeben, das hat gesessen.
Hans-Peter steht auf. Der sonst so alerte Mann von Welt sieht
plötzlich uralt aus.
»Schön wär’s«, sagt er seufzend. »Aber sehr unwahrscheinlich. Ich
muss jetzt ins Hotel.«
Er geht zur Tür. Ich stelle mich ihm in den Weg und deute auf den
Wäschekorb, der wieder neben dem noch immer schlafenden Hund steht.
»Hast du nicht etwas vergessen?«
»Später«, sagt er, »später. Ich komme mir so verdreckt vor, da muss
ich mich jetzt erst mal säubern. Ich hole Vinzenz später ab.«
»Wieso stört dich das Baby beim Duschen?«
»Weil ich mehr brauche als nur einen Wasserstrahl«, entgegnet er
müde. »Wir haben eine Suite mit Sauna. Ich muss mir diesen Tag jetzt endlich
aus den Rippen schwitzen. Bitte, Katja, versteh das doch! Ich verspreche, dass
ich Vinzenz in spätestens drei Stunden abhole. Und euch zwei beiden auch. Im
Burghaus kann man wunderbar essen, dann brauchst du heute nichts zu kochen,
Katja, und wir können über was anderes sprechen.«
Genau so stelle ich mir einen schönen Abend vor – mit meinem des
Mordes verdächtigen Exlover und seiner neuen Flamme in einem künftigen
Konkurrenzunternehmen gepflegt zu speisen und mitten in einer anregenden
Konversation einem schreienden Säugling den Schnuller in den Mund zu stecken.
»Ohne mich«, sage ich zu Gudruns offensichtlicher Freude.
Ich tippe ihm den Zeigefinger dreimal in die Brust. »Drei Stunden!
Also gut. Und keine Sekunde später! Dann ist das Kind hier weg!«
»Versprochen«, antwortet er, mindestens ebenso genervt wie ich.
»Und nimm deinen Tabak mit!«
»Ist ein Nichtraucherhotel«, versetzt er, steckt aber gehorsam die
Dose ein, die ihm Gudrun eilfertig gereicht hat. Zusammen verlassen die beiden
die Küche. Ich reiße das Fenster weit auf. Mir ist schon ganz schwummerig von
dem Qualm. Und von der lästigen Gegenwart Hans-Peters. In meinem Kopf hämmert
es.
»Man kann sich seinen Opa nicht aussuchen, kleiner Mann«, sage ich
zu dem Wäschekorb, aus dem es wieder herausschreit.
Eine Einladung zum Mitsaunen wird offenbar nicht ausgesprochen, denn
wenige Augenblicke später schleicht Gudrun wieder in die Küche.
»Ich mag eh nicht gern schwitzen«, sagt sie, als hätte ich meinen
Gedanken laut ausgesprochen. »Außerdem habe ich schlimme Kopfschmerzen.«
»Ich auch«, sage ich, »das liegt an dem fürchterlichen Pfeifentabak.
Ab jetzt wird hier nicht mehr geraucht, hörst du!«
Da schreckt mich das Klingeln meines Handys auf. Ich schaue aufs
Display und hätte große Lust, Marcel einfach wegzuklicken. Nicht nur bei
Kapitalverbrechen stehen die Behörden der Polizeizone Eifel landes- und
staatenübergreifend in ständiger Verbindung miteinander. Und in Sachen Gaby von
Krump-Kellenhusen muss sich doch schon längst einiges von Relevanz herausgestellt
haben. Sonst hätte man Hans-Peter doch nicht einfach laufen lassen. Unerhört,
dass es der belgische Polizeiinspektor, der mit der Kehr doch freundschaftlich
verbunden sein will, nicht für nötig befindet, mich auf dem Laufenden zu
halten. Zumal ich in diese Sache wider Willen ja mehr hineingezogen worden bin,
als mir lieb ist. Aber vielleicht will er jetzt etwas Erhellendes preisgeben.
Ich nehme das Gespräch also an.
Marcel ist sehr kurz angebunden. Ohne Begrüßung fragt er, ob ich
irgendwann einen grünen Wagen mit Berliner Plaquen gesehen hätte.
»Ja«, erwidere ich aufgeregt, nenne ihm das Kennzeichen, das ich mir
vorsichtshalber gemerkt habe, und vergesse alles andere. »Der Mann war heute
hier und hat nach Hans-Peter gefragt. Eine sehr verdächtige Type, wenn du mich
fragst. Und Hans-Peter behauptet, ihn nicht zu kennen. Was ist mit dem Mann?«
»Tot«, versetzt Marcel ernst. »Er ist tot. Autounfall in Krewinkel.
Eine sehr seltsame Sache. Wahrscheinlich bist du eine wichtige Zeugin. Ich
brauche dich. Komm bitte sofort zu Coras Haus.«
Ohne auf meine Antwort zu warten, kappt er das Gespräch. Ich starre
mein Handy eine Zeit lang mit offenem Mund an.
»Was ist denn los?«, fragt Gudrun beunruhigt. Ich schüttele den Kopf
und beobachte, wie sie mit ihren schönen langen Fingern das Baby auf dem
Küchentisch auspackt. Ich verdränge den Gedanken, was sie gestern Nacht
ausgepackt haben mag und welche Bedürfnisse diese Hände wohl befriedigt haben
könnten.
»Weiß nicht«, murmele ich, »ich glaube, der Mann von vorhin ist
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