Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
die seltsame Geschichte mit Ihrer Freundin …«, ich betone das letzte Wort überdeutlich, »… Cora würde Sie
vielleicht interessieren.«
»Tut es nicht«, zischt sie und legt auf.
Ich schlage mit der Faust gegen die Wand. Irgendwo rieselt es.
Wahrscheinlich überall. Ist aber nur der Putz; die belgische Bruchsteinmauer
wird schon nicht zusammenkrachen.
Warum nur habe ich es auf die höfliche Tour versucht? Ich hätte
hinfahren und sie abfangen müssen, ihr so auflauern, dass sie mir nicht
entkommen wäre. Kann ich ja immer noch tun. Aber dafür muss ich mich erst
stärken.
Als ich zur Einkehr hinüberstiefele, fällt
mir auf, dass Hans-Peters Auto verschwunden ist. Klar, hat die Dame abgeholt,
als ich mit Marcel in Kronenburg auf sie gewartet habe. Für ihn war der Ausflug
offensichtlich erfolgreicher als für mich. Ich habe jetzt
alles, was ich von ihr brauche. Was braucht er von ihr, und wie hat er
es bekommen? Am ärgerlichsten aber ist, dass er es nicht für nötig befindet,
mich darüber aufzuklären.
Gudrun ist zwar immer noch blass, aber erstaunlicherweise besserer
Laune als ich.
»Krach mit Marcel?«, fragt sie mitfühlend, als ich in die Küche
schlurfe.
»Wie kommst du denn darauf?«
»Nun«, sie zögert leicht, »vorgestern Nacht warst du doch bei ihm,
stimmt’s?«
Ich antworte nicht, also fährt sie fort: »Wo solltest du sonst sein?
Versteh mich nicht falsch, ich finde das richtig gut. Endlich. Wurde ja auch
Zeit mit euch. Aber gestern Abend gehst du mit ihm toll essen, kommst mitten in
der Nacht allein zurück und knallst die Autotür so laut zu, dass ich fast aus
dem Bett falle.«
»Dein Schlafzimmer geht nach hinten raus.«
»Gut, ich war noch nicht im Bett.«
»Hast du nichts Besseres zu tun, als mir hinterherzuspionieren?«
»Entschuldige, ich habe geputzt.«
»Was denn jetzt noch?«
»Hans-Peters Auto.«
Ich lasse mich auf einen Küchenstuhl fallen.
»Wieso? Das ist doch weg!«
»Die Frau ist gestern Nacht kurz vor dir gekommen und hat es
mitgeholt.«
»Was, Gaby von Krump-Kellenhusen war hier?!«
Gudrun nickt. »Ist mit Dianas Taxi aus Kronenburg gekommen. Ich habe
mit ihr gesprochen und ihr die Autoschlüssel ausgehändigt. Sie hat nach dir
gefragt, aber du warst ja nicht da.«
»Und wie ist sie so?«, frage ich leichthin, während ich bedenke,
dass sie wohl nur nach mir gefragt haben wird, um mir zu entgehen. Und dass ich
schon wieder zur falschen Zeit am falschen Ort war. Gudrun hebt die Schultern.
»Groß. Schön, aber unheimlich geschminkt. Genau wie auf dem Foto.
Sehr elegant. Schon die Bewegungen.« Gudrun spreizt die Arme ab und tänzelt in
ihrem schwarzen Kleid durch die Küche. »Großstadt eben. Ich habe nur ganz kurz
mit ihr auf der Tür gestanden. Sie hat böse Augen, das konnte ich sogar in dem
schlechten Licht draußen sehen.«
»In dem du immerhin Hans-Peters Auto gewienert hast. Und sie muss ja
böse Augen haben. Weil sie Hans-Peter umgebracht hat«, sage ich und überlege,
ob ich mir zum Frühstück ein Omelette mit schwarzen chinesischen Pilzen und
Ahorn-Limonen-Konfitüre auf Quark zubereiten soll.
»Genau. Das habe ich ihr auch gesagt.«
Ich vergesse augenblicklich das Omelette und setze mich auf.
»Was hast du ihr gesagt?«
»Dass sie den armen Mann in den Tod getrieben hat.«
»Und wie hat sie darauf reagiert?«
»Sie hat gelacht. Gelacht! In ihrem hellen Mantel!«
Ich mühe mich, ernst zu bleiben, und sage: »Gudrun, wenn sie gewusst
hätte, dass sie im Urlaub ihren Mann umbringen würde, hätte sie bestimmt einen
schwarzen Mantel mitgenommen.«
Mantel. Mandelkrokantmantel. Ist ein Zungenbrecher der Bestellung
förderlich oder eher abträglich? Nun, darüber kann ich mir auch in einem halben
Jahr noch Gedanken machen. Wenn ich die Einkehr zur
Frühlingssaison eröffne. Bis dahin hält mich mein Erbe noch über Wasser.
Ich stehe auf und durchwühle den Vorratsschrank, bis ich die Tüte
mit getrockneten schwarzen asiatischen Pilzen finde. Die sich in
vietnamesischem Fischsud zu ihrer vollen Größe aufblähen, während ich Mandelsplitter
anröste. Beim Kochen sind Geist und Hände angenehm beschäftigt, und doch
schleichen sich beim Schlagen der Eier omelettefremde Gedanken in meinen Kopf.
Zum Takt des Schneebesens fasse ich sie zusammen:
Hans-Peter klaut Stiftungsgelder. Schafft sie nach Luxemburg. Frau
kommt dahinter. Muss alles diskret regeln. Engagiert Eichhorn. Sucht nach
passendem Urlaubsort. In Geldnähe. Mit Mopsfledermäusen
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