Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
angemerkt –, auf ihrer vorgeblichen
Sorge um Cora, die wunderbar logisch begründet war, und auf den
Schlussfolgerungen, die ich auf dem Weg zur Einkehr daraus
gezogen habe. Wo ich noch Nebelschwaden beiseiteschieben musste und die
Synapsen noch nicht so geschmatzt haben wie jetzt. Mir kommt ein sehr böser Verdacht.
Und je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dass er
begründet ist. Ich öffne die Autotür.
»Linus!«
Er hört nicht. Ich nehme die Tüte vom Beifahrersitz und raschele.
Wupps, ist er da und sitzt schon im Auto, als ich die Tüte wieder hineinwerfe.
Ich schlage die Tür zu. Er soll drinnen bleiben und Cora nicht abermals
verschrecken.
Victor mag zwar ein fragwürdiger Menschenkenner sein, aber er und
seine Sippe sind bestimmt nicht in die Ereignisse um Hans-Peters Tod
verwickelt. Und so absurd seine Bemerkungen über Cora auch waren, in der Essenz
wirkten sie wahrhaftiger als das, was Gaby über die andere Frau erzählt hat.
Vielleicht habe ich mich von Gaby auf raffinierte Weise einwickeln lassen;
diese Möglichkeit muss ich in Betracht ziehen.
Hans-Peters Witwe ist das, was die Engländer sophisticated nennen und wofür es keine deutsche Entsprechung gibt. Kultiviert, weltklug,
anspruchsvoll, blasiert, raffiniert und unecht – das umschreibt sie perfekt.
Und all dieses und noch viel mehr hat sie nachweislich eingesetzt, um
Hans-Peter der Untreue in jeglicher Hinsicht zu überführen und ihn möglicherweise
dann endgültig zu entsorgen, ohne ihm ihren Zugewinn in der Ehe auszuzahlen.
Sie muss seiner doch schon seit Langem überdrüssig gewesen sein!
Ich, die dicke Exgeliebte Katja Klein, war ihr nicht im Weg gewesen,
sondern bin ihr mit meinem neuen Wohnort gerade recht gekommen. Wahrscheinlich
hat sie mich gegoogelt und die Information Hans-Peter
so untergejubelt, dass er geglaubt hat, selbst darauf gekommen zu sein. Dank
mir konnte sie alle auf eine falsche Spur leiten, und dank Cora hatte sie in der
Eibe die Mordwaffe entdeckt. Moment mal, die Erfinderin der Stiftung für
bedrohte Arten soll eine Eibe und ihren tödlichen Inhaltsstoff nicht kennen? Da
habe ich mich aber schön blenden lassen! Den Tod von Holger Eichhorn hatte sie
aber nicht auf der Rechnung, da bin ich mir sicher. Das war wirklich ein
Unfall. Ich glaube nicht mehr, dass sie den Mann wegen der verschwundenen Stiftungsgelder
angerufen hat. Wahrscheinlich wollte sie sich rechtzeitig von ihm in seinem
flotten Auto nach Berlin zurückfahren lassen. Damit wäre sie weit ab vom Schuss
gewesen, als die Leiche ihres Mannes aufgefunden wurde. Und ihr wäre es
durchaus möglich gewesen, die Eibennadeln schon vor ihrem Verschwinden in die
Tabakdose zu schleusen; vielleicht ist erst die wiederholte Aufnahme des Gifts
tödlich, das werde ich später recherchieren. Wahrscheinlich hat Marcel dies
schon längst getan.
Ich muss ihm einiges abbitten. Vielleicht bei einem Muschelessen im
Café Pipas? Ehrlich gesagt, ich hätte überhaupt nichts gegen eine zweite Nacht
in einer Hälfte seines belgischen Doppelbetts einzuwenden. Schon der Gedanke
daran wärmt mich mehr, als es die dicke Daunendecke könnte.
Hat Marcel entdeckt, wie weit Gaby ihre Manipulationen getrieben
hat? Ich halte es für ausgeschlossen, dass Mutter Agnes oder Jupp Teil des
Plans gewesen sind; das muss der Zufall gewesen sein, an den Cora nicht glaubt,
wie Gaby mir so zynisch versichert hat. Ich stecke mein Handy wieder in die
Jackentasche. Der Akku ist sowieso fast leer. Und ich darf Marcel jetzt nicht
stören. Er ist auf der richtigen Spur.
Liebe Igelfrau, ich habe mich in dir doch nicht völlig getäuscht! Du
bist schräg, aber nicht gefährlich. Ohne die Chrysanthemen und Astern würde ich
jetzt sogar annehmen, dass du von Mutter Agnes gar nichts wüsstest, dass dir Gaby
ihren Tod in die Schuhe geschoben hat. Wie sie das später mit den Morden tun
wird. Nach einem sicher sehr glaubhaft wirkenden Zusammenbruch wird sie
irgendwann völlig verzweifelt die Vermutung äußern, du könntest auch an
Hans-Peters und Holger Eichhorns Tod schuld sein. Dein Anruf aus Katja Kleins
künftigem Restaurant trägt durchaus zur Glaubhaftigkeit dieser These bei. All
das wird herauskommen, wenn sie dich auch getötet hat und es wie einen Selbstmord
mit Eibennadeln aussehen lässt. Ja, Cora, jetzt glaube ich, dass dein Kampfhund
das Kind der Nachbarin getötet hat. Marcel und Gudrun haben recht. Gaby von
Krump-Kellenhusen ist die Mörderin. Nur du scheinst das
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