Pendergast 01 - Relic - Museum der Angst
gefunden.«
»Von menschlichen Zähnen?«
»Das kann niemand genau sagen.«
»Und der Speichel?«
»Nicht näher bestimmbar.«
Frocks Kopf sank auf seine Brust.
»Sie nennen die Kralle immer noch Teil einer Waffe«, sagte er.
»Darf ich daraus schließen, daß Sie meinen, ein Mensch habe diese Morde begangen?«
Pendergast schloß seine Aktentasche. »Ich sehe eigentlich keine andere Möglichkeit. Meinen Sie denn, Dr. Frock, daß ein Tier einen Menschen mit chirurgischer Präzision köpfen, ein Loch in den Schädel schlagen und ein Stück Gehirn von der Größe einer Walnuß entnehmen kann, das nur jemand zu lokalisieren in der Lage ist, der in der menschlichen Anatomie verdammt gut bewandert ist? Außerdem ist es dem Mörder bisher immer wieder gelungen, sich unserer Suche in den unteren Kellern zu entziehen.«
Frocks Kopf sank abermals auf seine Brust. Während aus Sekunden Minuten wurden, blieb Pendergast bewegungslos sitzen und sah ihn an.
Dann hob Frock plötzlich den Kopf. »Mr. Pendergast«, sagte er mit lauter Stimme. Margo zuckte zusammen. »Ich habe mir Ihre Theorie angehört. Haben Sie nun Interesse, auch die meine zu hören?«
Pendergast nickte. »Natürlich.«
»Die Schieferlager in Transvaal wurden 1945 von Alistair Van Vrouwenhoek, einem Paläontologen von der südafrikanischen Witwatersrand-Universität, entdeckt. Sie stammen aus dem Kambrium und sind etwa sechshundert Millionen Jahre alt. Und sie sind voller Versteinerungen von bizarren Lebensformen, wie man sie noch nie vorher gesehen hat. Asymmetrischen Organismen, die nicht einmal die simple, zweiseitige Symmetrie aufweisen, wie sie buchstäblich jedem Tier innewohnt, das heute auf der Erde existiert. Diese Lebensformen sind alle zusammen im Kambrium umgekommen. Die meisten Leute, Mr. Pendergast, glauben nun, daß die Schieferlager in Transvaal eine Sackgasse der Evolution konserviert haben, in der das Leben mit allen möglichen Formen herumexperimentiert hat, bevor es zu der zweiseitigen Symmetrie gelangte, wie wir sie heute noch haben.«
»Aber Sie glauben das nicht«, sagte Pendergast.
Frock räusperte sich. »Das stimmt. In diesen Schiefervorkommen dominiert eine ganz bestimmte Art von Organismus. Er hatte starke Flossen und lange, mit Saugnäpfen versehene Tentakel. Dazu ein überdimensionales Maul, das zum Zerfetzen und Zermalmen hervorragend geeignet war. Mit diesem Maul hätte sich das Lebewesen auch durch Stein beißen können, und seine Flossen machten es im Wasser bis zu dreißig Stundenkilometer schnell. Ganz ohne Zweifel war es ein sehr erfolgreiches und ziemlich brutales Raubtier. Es war sogar, so glaube ich wenigstens,
zu
erfolgreich: Es hat seine Beute so lange gnadenlos gejagt, bis sie ausgestorben war, und starb dann, als es nichts mehr zu fressen gab, ziemlich rasch selber aus. Das ist für mich die wirkliche Ursache für dieses kleine Massensterben am Ende des Kambrium,
das,
und nicht die Selektion ist dafür verantwortlich, daß alle diese Lebensformen im Transvaal-Schiefer untergingen.«
Pendergast blinzelte. »Und?«
»Ich habe mit Computersimulationen, die auf der neuen mathematischen Theorie von den fraktalen Turbulenzen basieren, die Evolution nachgestellt. Und das Ergebnis war, daß alle sechzig bis siebzig Millionen Jahre oder so das Leben sich seiner Umgebung sehr gut, das heißt zu gut, angepaßt hat. Es wird sozusagen selbstzufrieden, und die Population der erfolgreichsten Lebensformen vermehrt sich geradezu explosionsartig. Dann taucht, wie aus heiterem Himmel, plötzlich eine neue Spezies auf, die fast immer ein Raubtier ist und die eine wahre Mordmaschine darstellt. Sie tötet die vorher so erfolgreiche Population, frißt sie auf und vermehrt sich nun ihrerseits rasch. Es rast wie ein Wirbelsturm über seine Opfer, die auf einen solchen Angriff vollkommen unvorbereitet sind und sich nicht verteidigen können. Alle Tiere der alten Population, ob Raubtiere oder Pflanzenfresser, fallen diesem neuen Räuber zum Opfer.«
Frock deutete auf die versteinerte Fußspur auf seinem Schreibtisch. »Ich will Ihnen mal etwas zeigen, Mr. Pendergast.« Der Agent stand auf und ging hinüber zu Frock.
»Diese Spuren hat ein Tier hinterlassen, das während der Kreidezeit gelebt hat, genauer gesagt an der K-T-Grenze. Dies ist das einzige solche Fossil, das bisher gefunden wurde. Es gibt kein zweites.«
»Was ist denn die K-T-Grenze?« fragte Pendergast.
»Die Grenze von der Kreidezeit zum Tertiär. Die Zeit, in
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