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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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wie Formaldehyd oder Äther. Er wurde von einem kräftigeren, durchdringenderen Geruch überlagert, der mir keineswegs fremd war. Ich kannte ihn von den Straßen am Hafenbecken, es war der Geruch der Schlachthäuser.
    Ich musste die Gaslampen nicht anzünden, das natürliche Licht reichte, um zu sehen, dass auch hier unten mehrere Tische standen. Nur, hier waren sie, anders als im dritten Stock, mit medizinischen Geräten, chirurgischen Bestecken, Messbehältern und Destillierkolben bestückt. Auf einem standen drei kleine, mit Aufklebern versehene Fläschchen, gefüllt mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit. In dem breiten Wandschrank lagerten Chemikalien. Der Fußboden war mit Sägemehl bestreut, das sich jedoch merkwürdigerweise etwas glitschig anfühlte. Als ich prüfend mit dem Gummistiefel darüber fuhr, wurde mir klar, warum hier Sägemehl ausgebracht worden war: Es sollte Blut aufsaugen, und zwar eine beträchtliche Menge Blut.
    Immerhin wusste ich nun, dass meine Vermutungen nicht gänzlich aus der Luft gegriffen waren. Andererseits bestand kein Grund, gleich Alarm zu schlagen. Das Sezieren von Tieren gehört nun mal zu den unverzichtbaren Begleiterscheinungen medizinischer Forschung. Auf einem der Tische lag eine dicke, in Leder gebundene Mappe, offenbar ein Tagebuch. Die darin enthaltenen Notizen waren eindeutig in Lengs unverwechselbarer Handschrift verfasst. Nun musste ich nur noch die Blätter durchsehen, um herauszufinden, worum es bei seiner Arbeit ging. Ich atmete erleichtert auf. Sicherwürde sich rasch herausstellen, dass es sich um honoriges wissenschaftliches Bemühen handelte, sodass all meine Spekulationen Lügen gestraft waren.
    Aber das Tagebuch übte durchaus keine beruhigende Wirkung auf mich aus, ganz im Gegenteil.
    Tinbury, als mein alter Freund wissen Sie, dass ich ein nüchtern denkender Wissenschaftler bin, gottesfürchtig könnte man mich kaum nennen. Und doch lernte ich an diesem Tag, Gott zu fürchten – oder vielmehr seinen Zorn darüber, dass solche entsetzlichen Untaten, vergleichbar denen, die im Namen des biblischen Molochs verübt wurden, unter meinem Dach begangen worden waren.
    Und das stand alles dreist und unverhohlen in Lengs Tagebuch, einschließlich aller diabolischen Details. Es waren die klarsten, methodischsten Aufzeichnungen von medizinischen Experimenten, die mir je unter die Augen gekommen sind. Und nun werde ich bis an mein Lebensende den Tag verfluchen, an dem ich sie gelesen habe. Erklärungen und Beschönigungen helfen nicht mehr, alle Ausflüchte sind vergeblich. Mir bleibt nur noch, die Wahrheit hinauszuposaunen, laut und schonungslos.
    Leng hatte während der letzten acht Jahre an der Perfektionierung einer Methode zur Verlängerung des menschlichen Lebens gearbeitet, und zwar, wie die Aufzeichnungen belegen, an der seines eigenen Lebens. Und bei Gott, Tinbury, das Material, das er zur Erreichung dieses Ziels benutzte, waren
menschliche Wesen
, anscheinend ausschließlich junge Menschen, Heranwachsende an der Schwelle zum Erwachsenenalter. Wieder und wieder werden in dem Tagebuch Sektionen der Schädeldecke und der Wirbelsäule erwähnt, wobei er sich offenbar immer mehr auf die Letzteren verlegt hat. In jüngster Zeit scheint er sich bei seinen Eingriffenzunehmend auf die Cauda equina, das Nervenfaserbündel am unteren Ende der Wirbelsäule, konzentriert zu haben.
    Zehn, vielleicht zwanzig Minuten habe ich in dem Tagebuch gelesen, gebannt und erschüttert zugleich. Noch wäre Zeit gewesen, das Dokument des Grauens aus der Hand zu legen und die Flucht zu ergreifen, aber inzwischen war ich wohl, angesteckt von Lengs Irrsinn, selber nicht mehr bei Sinnen. Frisch Verstorbene heimlich aus ihren Gräbern zu nehmen und zu sezieren mag verwerflich sein, sagte ich mir, aber das Streben nach medizinischem Fortschritt lässt möglicherweise keine Alternative zum Grabraub zu. Das Ziel einer Verlängerung des eigenen Lebens weckt zwar Zweifel an der Lauterkeit des Bemühens, andererseits kann man nicht ausschließen, dass selbst bei verdammenswerten Experimenten Erkenntnisse gewonnen werden, die der gesamten Menschheit zum Segen gereichen …
    Und das war, glaube ich, der Augenblick bei meinen Überlegungen, in dem ich zum ersten Mal dieses seltsame Geräusch wahrnahm. Es kam von einem Tisch links von mir, dem ich bis dahin keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Auf ihm lag etwas Großes, dessen Konturen sich zwar unter einem Wachstuch abzeichneten, aber ich kam

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