Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels
alt.«
Sie waren an der Haustür angekommen. Wren wartete darauf, dass Pendergast aufschloss. »Ich danke dir, Wren«, sagte der Agent, als er seinem Freund die Tür aufhielt. Kühle Nachtluft flutete ins Haus. In der Ferne rauschte Verkehr. Wren trat ins Freie, blieb aber nach dem ersten Schritt stehen und drehte sich um.
»Hast du eigentlich schon darüber nachgedacht, wie es mit ihr weitergehen soll?«
Pendergast sagte lange nichts, dann nickte er stumm.
8
Der Renaissance-Salon war einer der eindrucksvollsten Räume im Metropolitan Museum of Art: Stein für Stein aus dem alten Palazzo Dati bei Florenz gebrochen und in Manhattan wieder zusammengesetzt, repräsentierte er bis ins kleinste Detail einen Salon der späten Renaissance und war wahrlich ein angemessener Ort, um des dahingeschiedenen Jeremy Grove zu gedenken.
D’Agosta konnte die ihm zugedachten missbilligenden Blicke kaum übersehen und kam sich in seiner schäbigen Sergeantenuniform wie ein Trottel vor, als er Pendergast in die Halle folgte. Auf langen Tischen war ein Büfett mit Appetithäppchen, Wein und auch härteren Drinks aufgebaut, die angetan waren, eine ganze Nashornherde in die Knie zu zwingen. Und so was nannte sich Gedenkveranstaltung! Er fühlte sich eher an eine irische Totenwache erinnert. Und davon hatte er während seiner Zeit im New Yorker Police Department genügend erlebt. Überhaupt war die ganze Veranstaltung in ungeheurer Eile vorbereitet worden – Grove war gerade einmal seit zwei Tagen tot.
Der Raum war gut gefüllt. Es gab keine Stühle, offenbar sollten die Anwesenden miteinander ins Gespräch kommen, nicht andächtig herumsitzen. Einige Fernsehsender hatten ihre Leute geschickt, die in der Nähe eines kleinen Podiums ihre Ausrüstung aufgebaut hatten. Im Übrigen schien die Trauergemeinde überaus fröhlich gestimmt zu sein, der Geräuschpegel war so hoch, dass der im hinteren Teil des Saales postierte Cembalospieler sich seine Bemühungen getrost schenken konnte.
Pendergast beugte sich zu D’Agosta hinüber. »Vincent, wenn Sie etwas Nahrhaftes zu sich nehmen wollen, sollten Sie jetzt zulangen. Bei einem so großen Andrang wird das Büfett bald leer geräumt sein.«
»Meinen Sie mit Nahrhaftem das Zeug auf den Tischen? Da kann ich nur entschieden ›nein danke‹ sagen!« D’Agosta machte sich absolut nichts aus glitschigen Fischeiern, und den Käsehäppchen vermochte er ebenfalls nichts abzugewinnen, sie erinnerten ihn an zerschnippelte Schuhsohlen.
»Dann sollten wir jetzt unsere Runden drehen«, schlug Pendergast vor und machte den Sergeant unauffällig auf einen elegant gekleideten und sehr kultiviert wirkenden Mann aufmerksam, der das Mikrofon auf dem Podium ansteuerte. »Sir Gervase de Vache«, flüsterte Pendergast, »der Direktor des Museums.«
Der Museumsdirektor ging offenbar davon aus, dass er sich den geladenen Gästen nicht erst vorstellen musste, und in dieser Überzeugung kam er mit leicht französischem Akzent sofort zur Sache. »Wir sind heute hier zusammengekommen, um unseres Freundes und Kollegen Jeremy Grove zu gedenken. Und zwar so, wie Jeremy es von uns erwartet hätte: mit Essen, Trinken, Musik und guter Laune, nicht mit langen Gesichtern und schwermütigen Reden.«
Pendergast tat, als lausche er gebannt den Worten des Museumsdirektors, versäumte aber nicht, unauffällig seinen Blick durch den Raum schweifen zu lassen.
»Ich habe Jeremy Grove vor etwa zwanzig Jahren kennen gelernt«, fuhr de Vache fort. »Er hat damals für die Downtown unsere Monet-Ausstellung besprochen, und das Fazit seiner Kritik war – wie soll ich das formulieren? – ein echter Grove.«
Die Zuhörer lachten auf. Diese Anspielung verstand jeder.
»Jeremy Grove war eben durch und durch ehrlich. Er war ein Mann, der mit der Wahrheit nicht hinter dem Berg hielt, dessen Schlagfertigkeit und Scharfzüngigkeit jeder noch so langweiligen Dinnerparty …«
D’Agosta wandte sich ab. Pendergast ließ seinen Blick immer noch durch den Raum schweifen. Dann setzte er sich in Bewegung, langsam wie ein Hai, der die Witterung eines Blutstropfens im Wasser aufgenommen hat. D’Agosta folgte ihm auf dem Fuß. Ihr Ziel war ein ganz in Schwarz gekleideter, auffallend hübscher junger Mann mit Ziegenbärtchen, langen, sehr grazilen Fingern und großen, wässrigen Augen, der sich am Getränketisch mit einem hochprozentigen Drink versorgte.
»Maurice Vilnius«, murmelte der Agent. »Hält sich für den Vertreter des abstrakten
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