Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels
her!«
»Akzeptiert«, räumte Lady Milbanke ein, »und was ist mit unserem Grafen? Ein potenzieller Hauptverdächtiger! Zumal er Italiener ist, und bei denen weiß man ja nie.«
Der Graf schmunzelte nachsichtig. »Italiener sind von Natur aus verschlagen und unehrlich.«
D’Agosta starrte fasziniert auf die Augen des Grafen. Sie waren dunkelgrau und doch klar wie ein tiefer Gebirgssee. Der Mann hatte langes, graues Haar, das er nach hinten gekämmt trug, und die rosige Haut eines Babys, obwohl er sicher an die sechzig Jahre alt war.
Lady Milbanke ließ nicht locker. »Nun, dann bliebe immer noch ich! Immerhin hätte ich einen der ältesten Gründe der Welt. Grove war mein Liebhaber. Aber wie das so ist, Mr Pendergast: Cherchez la dame …«
Bei so viel unverblümter Offenheit entschloss sich Frederick zu eiligem Themenwechsel. »Entschuldige mich bitte, meine Liebe, ich muss mit jemandem etwas besprechen. Mr Pendergast, es war mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.«
Einen Augenblick lang schien der Runde der Gesprächsstoff ausgegangen zu sein. D’Agosta bemerkte, dass der Blick des Grafen auf Pendergast ruhte und ein feines Lächeln seine Lippen umspielte. »Ich bitte Sie, Mr Pendergast«, sagte der Graf schließlich, »haben Sie vielleicht ein berufliches Interesse an diesem Fall?«
Pendergast zog die Brieftasche aus dem Jackett und klappte sie so behutsam auf, als sei es ein Kästchen mit Juwelen. Und tatsächlich funkelte seine Dienstmarke im hellen Licht wie Gold und Silber.
» Ecce signum « , krächzte der Graf vergnügt.
Lady Milbanke war konsterniert. »Sie sind von der Polizei?«
»Special Agent Pendergast. FBI.«
Sie fuhr den Grafen an: »Du wusstest es und hast es für dich behalten, während ich unsere besten Freunde scherzhaft als Verdächtige hingestellt habe?«
Der Graf lächelte milde. »Schon als er sich zu uns gesellte, wusste ich, dass er bei der Polizei ist.« An Pendergast gewandt fuhr er fort: »Darf ich meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass die Informationen unserer verehrten Evelyn wenigstens nützlich für Sie waren, Sir?«
»Sehr nützlich«, bestätigte Pendergast. »Nur über Sie habe ich nicht sonderlich viel erfahren, Graf Fosco. Ich vermute, Grove und Sie waren lange Jahre gute Freunde.«
»Nun, wir waren beide an Kunst und Musik interessiert, ganz zu schweigen von der edelsten Form ihrer Verschmelzung, der Oper. Sind Sie zufällig ein Opernfreund?«
»Nein, mir sind Opern immer wie eine Eselsbrücke für die breite Masse vorgekommen. Ich bevorzuge die sinfonische Form, reine Musik ohne Kulissen, Kostüme und melodramatische Ausschmückungen mit Sex und Gewalt.«
Einen Moment lang war es, als habe es dem Grafen die Sprache verschlagen, doch dann merkte Pendergast, dass der Italiener von einem lautlosen Lachen geschüttelt wurde. Schließlich tupfte er sich mit dem Taschentuch die Lachtränen weg und begann leise zu singen, wobei sein tiefer Bass kaum den allgemeinen Geräuschpegel des Saales übertraf:
Braveggia, urla! Trafetta a palesarmi il fondo dell’alma ria!
Er brach ab und strahlte Pendergast verklärt an. »Tosca – eine meiner Lieblingsopern!«
Pendergast nickte und übersetzte offenbar mühelos: »Warum habt Ihr es so eilig, die tiefsten Abgründe Eurer verruchten Seele zu offenbaren?«
Der Graf reagierte mit unverhohlener Bewunderung. »Bravo, Sie sprechen Italienisch!«
» Ci provo « , erwiderte Pendergast.
»Mein Freund, Ihre Bescheidenheit ehrt Sie, aber wenn jemand Puccini so trefflich übersetzen kann, ist er mit Sicherheit kein Anfänger mehr! Bleibt nur zu hoffen, dass Sie bei Kunstwerken nicht so ein Banause sind wie bei der Oper. Ich hoffe, Sie haben den Ghirlandaio, der dort drüben hängt, schon gebührend bewundert. Ein wahres Meisterwerk!«
»Kommen wir zur Sache, Graf«, entgegnete Pendergast. »Wären Sie bereit, mir ein paar Fragen im Zusammenhang mit dem Mordfall zu beantworten?«
Der Graf nickte.
»In welcher Stimmung war Grove in der Nacht, in der er starb? War er beunruhigt? Oder gar verängstigt?«
»Nun – beides, würde ich sagen. Aber meinen Sie nicht, dass wir uns, wenn wir schon mal hier sind, mit dem Ghirlandaio beschäftigen sollten?«
Pendergast blieb hartnäckig. »Graf Fosco, Sie waren einer der Letzten, die Jeremy Grove lebend gesehen haben. Ich wäre Ihnen für ein paar Auskünfte sehr verbunden.«
Fosco seufzte, dann nickte er. »Natürlich, entschuldigen Sie meine Sprunghaftigkeit. Ich erinnere
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