Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels
dort drüben. Allesamt Gäste bei Groves letzter Dinnerparty – sie und Vilnius, ihretwegen sind wir hier.«
D’Agostas Blick fiel zunächst auf einen außerordentlich gut aussehenden Mann in einem grauen Anzug. Neben ihm stand eine durchgeistigte ältere Dame, die mit allen kosmetischen und wohl auch einigen chirurgischen Mitteln versucht hatte, die Spuren des Alters zu vertuschen und keinen Tag älter als sechzig auszusehen. Sie trug schwer an einer pompösen Smaragdkette – fast fürchtete D’Agosta, dass ihre knochigen Schultern mit dieser Last überfordert wären. Die außergewöhnlichste Figur des Trios stand jedoch an ihrer anderen Seite: ein geradezu unglaublich schwergewichtiger Mann in einem taubengrauen Anzug, komplett mit seidener Weste, weißen Handschuhen und einer goldenen Taschenuhr.
»Die Dame ist Lady Milbanke«, murmelte Pendergast, »Witwe des siebten Barons Milbanke. Man sagt ihr eine Vorliebe für scharfe Bemerkungen und Absinth nach. Außerdem soll sie eine rastlose Organisatorin von Séancen sein und bevorzugtes Medium zahlreicher Verstorbener.«
»Sie sieht aus, als brauche sie eigentlich selbst ein Medium«, lästerte D’Agosta.
Pendergast lächelte. »Ich hatte ganz vergessen, welch makabren Sinn für Humor Sie haben, Vincent. Der übergewichtige Gentleman neben ihr dürfte Graf Fosco sein. Ich habe schon viel von ihm gehört, begegne ihm heute jedoch zum ersten Mal. Und der Herr im grauen Anzug ist Jonathan Frederick, er verfasst Kritiken für Art & Antiques. Was meinen Sie, sollen wir uns in die Höhle des Löwen wagen?«
D’Agosta zuckte die Achseln. »Sie sind der Boss.«
Pendergast war mit wenigen Schritten bei der Gruppe, mischte sich wie selbstverständlich in die Runde und beugte sich mit einem angedeuteten Handkuss tief über Lady Milbankes Hand. Die Witwe errötete unter ihrem üppig aufgetragenen Makeup. »Hatten wir bereits das Vergnügen?«
»Leider nein. Mein Name ist Pendergast.«
»Pendergast? Und der Freund, den Sie mitgebracht haben? Ein Bodyguard?« Die Runde gackerte borniert. Pendergast stimmte in ihr Gelächter ein. »Wenn Sie es so nennen wollen …«
»Wenn er sich hier ein paar Dollar dazuverdienen will, hätte er seine Uniform besser vorher ausziehen sollen«, mischte sich Frederick ungefragt ein. »Wir sind hier schließlich auf einer Gedenkfeier.«
Pendergast machte sich nicht die Mühe, D’Agostas Rolle richtig zu stellen, setzte stattdessen eine Art Leichenbittermiene auf und sagte in einem Ton, als sei er ein naher Angehöriger: »Ist das nicht entsetzlich traurig mit dem armen Jeremy?«
Alle nickten.
»Gerüchteweise habe ich gehört, er habe in der Nacht seines Ablebens eine Dinnerparty gegeben?«
Betretene Stille, bis Lady Milbanke schließlich sagte: »Nun, Mr Pendergast, welch außerordentlicher Zufall. Wir waren nämlich alle drei bei dieser Dinnerparty anwesend.«
»Ach ja? Nun, es spricht einiges dafür, dass der Mörder einer der Partygäste gewesen sein könnte.«
»Wie aufregend!« In Lady Milbankes Stimme schwang ein leichter Anflug von Hysterie mit. »Das hört sich ja an wie in einem Roman von Agatha Christie! Allerdings, wenn es um Grove geht, könnte jeder von uns ein Motiv gehabt haben.«
Sie tauschte einen schnellen Blick mit dem Grafen und Frederick. Plötzlich hob sie die Stimme und nickte einem jungen Mann zu, der zufällig vorbeiging. »Aber das gilt nicht nur für die Partygäste, nicht wahr, Jason?«
Der Angesprochene blieb stehen und fragte stirnrunzelnd: »Wovon war gerade die Rede?«
»Das ist Jason Prince.« Lady Milbanke lachte kokett. »Ich habe Mr Pendergast eben erzählt, wie viele Leute in diesem Raum einen Grund gehabt hätten, Jeremy Grove zu ermorden. Bei Ihnen fällt mir sofort Eifersucht ein.«
Prince schüttelte unwirsch den Kopf. »Sie redet wie immer dummes Zeug!« Und dann machte er auf dem Absatz kehrt und suchte das Weite.
Die Lady war offenbar in der Laune zu sticheln. »Hier hätten wir übrigens noch einen Aspiranten: unseren lieben Jonathan. Grove hat ihn mehr als einmal durch die Mangel gedreht. Stimmt doch, Jonathan, oder etwa nicht?«
Der Grauhaarige lächelte ironisch. »Ja, aber da befand ich mich in guter Gesellschaft.«
»Nannte er dich nicht einmal die aufblasbare Sexpuppe aller Kunstkritiker?«
Der Mann verzog keine Miene. »Grove hatte in der Tat eine scharfe Zunge. Aber, meine liebe Evelyn, wollten wir die Sache nicht auf sich beruhen lassen? Es ist fünf Jahre
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