Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels
fragte Bullard ungehalten.
»Nun hat er doch geredet«, bemerkte D’Agosta hämisch.
Pendergast nickte. »Es sieht ganz danach aus, als halte Mr Bullard nicht viel von gut gemeinten Ratschlägen.«
Bullard wurde wieder still, aber sein ganzer Körper bebte vor aufgestauter Wut.
»Ich glaube, wir brauchen hier noch etwas Zeit, Sergeant. Nur um sicherzugehen, dass wir nichts übersehen haben.«
»Genau.« Obwohl er immer noch vor Zorn kochte, konnte D’Agosta sich kaum ein Lächeln verkneifen. Jetzt begriff er, was Pendergast vorhatte.
Pendergast ging weiter im Salon auf und ab, rückte hier eine Zeitung zurecht und betrachtete dort eine gerahmte Lithographie. Zehn Minuten später saß Bullard wie auf Kohlen. Jetzt hörte D’Agosta in der Ferne ein Martinshorn. Pendergast nahm eine Ausgabe der Fortune in die Hand, blätterte sie rasch durch, legte sie wieder hin. Er sah auf seine Armbanduhr. »Ist hier noch irgendetwas von Interesse, das ich übersehen haben könnte, Sergeant D’Agosta?«
»Haben Sie schon das Fotoalbum durchgesehen?«
»Eine ausgezeichnete Idee!«, bedankte sich Pendergast und begann in dem Album zu blättern. Einige Fotos betrachtete er sehr ausführlich, und ein konzentrierter Ausdruck trat in sein Gesicht. Es schien, als versuche er sich das Aussehen bestimmter Personen einzuprägen. Schließlich klappte er das Album seufzend zu.
»Was meinen Sie, Mr Bullard, wollen wir gehen?«
Bullard zog sich achselzuckend eine Windjacke über. Pendergast ging voraus, Bullard folgte ihm, und D’Agosta schulterte etwas dramatisch den zerkratzten Rammsporn. Als sie aufs Dock hinaustraten, erhöhte sich der Lärm der Massen dramatisch. Die versammelte New Yorker Reporterschar rief Bullard Fragen zu, die im Heulen der Martinshörner und der Megafondurchsagen eines Offiziellen untergingen. Hinter der Absperrung drängelten sich die Fotoreporter. Sie alle versuchten, die beste Position zu ergattern. Die Polizei versuchte, einen Korridor zu bilden, durch den ihre Fahrzeuge möglichst dicht an Bullards Jacht heranfahren konnten.
Bullard blieb stehen und starrte entsetzt auf die Menge. »Sie Bastard!«, fauchte er Pendergast an. »Sie haben mit voller Absicht so lange rumgetrödelt, bis die alle hierher kommen konnten.«
»Warum sollten Sie Ihr Licht unter den Scheffel stellen, Mr Bullard?«
»Stimmt«, sagte D’Agosta. »Und wenn Sie sich jetzt die Windjacke über den Kopf stülpen, geben Sie morgen auf der Titelseite der Daily News bestimmt eine ganz tolle Figur ab!«
24
Bryce Harriman jagte mit dem als Pressefahrzeug der Post gekennzeichneten Wagen zurück zur Redaktion. Die Sache im Jachthafen war das totale Chaos gewesen. Die Jungs von der New Yorker Presse hatten sich benommen wie beim Stierrennen von Pamplona! Alle waren darauf erpicht gewesen, sich gegenseitig abzudrängen und die Sicht zu versperren, jeder hatte den Ehrgeiz entwickelt, den anderen an Lautstärke zu überbieten und die dümmste aller Fragen zu stellen. Harriman hätte besser daran getan, sich den Rummel zu ersparen, direkt in die Redaktion zu fahren und sofort an seiner Story über den grausamen Mord an Cutforth zu basteln. Vor ihm wurde es eng, der Verkehr von der West Street fädelte sich ein. Harriman legte fluchend die flache Hand auf die Hupe. Hätte er doch bloß die U-Bahn genommen! Wenn es in diesem Tempo weiter ging, kam er nicht vor fünf in der Redaktion an, hockte bis zehn am Schreibtisch und verpasste womöglich den Redaktionsschluss für die Morgenausgabe!
In Gedanken dachte er immer wieder über seinen Aufmacher nach. Sollte er mit dem grölenden Pöbel vor dem Apartmenthaus beginnen? Oder war es besser, die ausgeflippten Halbstarken und was sich sonst noch an Gesocks auf der Straße getummelt hatte, gar nicht zu erwähnen? Immerhin waren das genau die Leser, für die er seine Artikel schrieb. Die gierten nach Sensationsberichten, denen konnte es gar nicht blutrünstig genug zugehen! Er musste die Gunst der Stunde nützen. Solange Smithback nicht zurück war – und er war gottlob noch weit weg – würde die Times das Szenario an der Ecke Fifth Avenue – 67th Street vornehm verschweigen oder es allenfalls als peinliche Entgleisungen eines Häufleins Außenseiter beschreiben.
Der Mordfall Cutforth verhalf ihm einmal – oder wenn er Glück hatte zweimal – zur Meldung des Tages, danach war das Thema ausgereizt. Dennoch, die ebenso abartige wie rätselhafte Vorgehensweise des Mörders faszinierte ihn. Und
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