Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
üblichen hässlichen braunen Anzug und hatte sich die Haare beeindruckend über die Glatze gelegt. Die übrigen waren Museumswachleute, bis auf einen Mann, der Smithbacks Aufmerksamkeit besonders erregte. Er war großgewachsen, hatte braunes Haar und trug zur sportlichen Hose einen weißen Rollkragenpullover. Er hatte das Gesicht, das stark bandagiert war, abgewandt. Mehr noch als die äußere Erscheinung des Mannes fiel Smithback allerdings auf, wie er sich bewegte: geschmeidig und anmutig, fast wie eine Katze. Das erinnerte ihn an jemanden …
Jetzt schritt der Mann zu einem riesigen Silberkübel voller zerstoßenem Eis. Dutzende Champagnerflaschen standen darin, die Flaschenhälse zeigten nach oben.
»Helfen Sie mir, die Flaschen hier loszuwerden«, hörte Smithback den Mann zu Manetti sagen – und da erkannte er die honigsamtene Stimme.
Special Agent Pendergast. Nicht mehr im Gefängnis? Was macht der denn hier?
Plötzlich verspürte Smithback einen Kitzel der Erregung und der Überraschung: Hier spazierte der Mann, dener von dem Vorwurf befreien wollte, mehrere Morde begangen zu haben, derart lässig herum, als gehörte ihm der Laden. Aber Smithback beschlich auch ein Gefühl der Beklemmung, denn seiner Erfahrung nach tauchte Pendergast nur dann auf, wenn die Kacke wirklich am Dampfen war.
Zwei der Wachleute liefen zum Eingang des Grabmals und versuchten die Tür mittels Stemmeisen und Vorschlaghammer aufzuhebeln, aber ohne Erfolg.
Smithback wurde immer mulmiger zumute. Sicher, im Grab saßen viele Besucher fest, aber wieso jetzt plötzlich dieser verzweifelte Versuch, sie da rauszuholen? Lief da drin irgendwas schief?
Das Blut gefror ihm in den Adern, als er analysierte: Das Grab bot die perfekte Gelegenheit für einen Terroranschlag. Dort drin befand sich eine geballte Ladung Geld, Macht und Einfluss; hohe Tiere aus der Politik, dazu Führungskräfte aus Wirtschaft, Wissenschaft und Jurisprudenz – ganz zu schweigen von sämtlichen Personen, die im Museum etwas zu sagen hatten.
Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Pendergast zu, der soeben die Champagnerflaschen aus dem Eis zog und in einen Abfalleimer warf. Im Nu hatte er alle Flaschen aus dem Silberkessel herausgeholt, so dass darin nur ein Haufen zerstoßenes und geschmolzenes Eis übrigblieb. Jetzt trat er an einen Büfetttisch und räumte ihn mit einer weit ausholenden Hand bewegung ab, so dass die Platten mit Austern, Bergen von Kaviar, Käse, Schinken und Brot auf den Boden knallten. Wie gelähmt beobachtete Smithback, wie ein enormer Briekäse wie ein weißes Rad durch die gesamte Halle rollte, bis er in einer dunklen Ecke klatschend umkippte.
Als Nächstes ging Pendergast von Tisch zu Tisch, sammelte dabei Dutzende von Teelichtern ein und stellte sie kreisförmig um den geräumten Bereich auf, damit er Licht hatte.
Was zum Teufel machte er da?
Plötzlich kam ein Mann in die Halle gelaufen. Er brachte eine Flasche, die Pendergast ihm sofort aus den Händen riss, sich anschaute und dann in den Berg aus zerstoßenem Eis steckte. Weitere Männer rannten herbei, der eine schob einen Karren, randvoll mit Flaschen und Laborausrüstung – Bechergläser und Messkolben mit nach oben enger werdendem Hals –, die ebenfalls ins Eis gesteckt wurden.
Pendergast richtete sich auf und krempelte, mit dem Rücken zu Smithbacks Versteck, die Ärmel auf. »Ich brauche einen Freiwilligen.«
»Was machen Sie da eigentlich?«, fragte Manetti.
»Ich stelle Nitroglyzerin her.«
Schweigen.
Manetti räusperte sich. »Das ist doch verrückt. Es muss eine bessere Möglichkeit geben, ins Grab zu gelangen, als sich den Weg freizubomben.«
»Keine Freiwilligen?«
»Ich fordere eine Spezialeinheit an«, sagte Manetti. »Wenn wir da einbrechen wollen, brauchen wir Profis. Wir können die Tür doch nicht einfach so mir nichts, dir nichts in die Luft jagen.«
»Also gut«, sagte Pendergast. »Wie wär’s mit Ihnen, Mr. Smithback?«
Smithback, der im Dunkeln stand, schrak zusammen, zögerte, schaute sich um. »Wer, ich?«
»Sie sind der einzige Smithback hier.«
Smithback trat aus dem Schatten der Türöffnung und betrat die Halle; erst jetzt drehte sich Pendergast um und sah ihm in die Augen.
»Na ja, klar«, stammelte Smithback. »Ich helfe immer gern … Moment mal. Haben Sie
Nitroglyzerin
gesagt?«
»Ganz recht.«
»Wird die Sache gefährlich?«
»Angesichts meiner mangelnden Erfahrung mit der Synthese und der daraus resultierenden mangelnden Reinheit
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