Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
Minh eilte geschäftig herbei. »Ja, Sir?«
»Einen Drink!«, rief er und hielt ihr einen Fünfziger hin, den er fallen ließ. Als sie sich hinunterbeugte, um ihn aufzuheben, sprang Pendergast auf. »Nein, nein, ich mach das schon!«
Als ihre Köpfe nahe beieinander waren, sagte er: »Holen Sie die beiden Damen vom Tisch weg. Sofort.«
»Ja, Sir.«
Pendergast erhob sich, mit dem Geldschein in der Hand. »Hab ihn! Behalten Sie den Rest, aber wagen Sie nicht, ohne den Drink zurückzukommen!«
»Ja, Sir.« Anh eilte geschäftig davon.
Eine Minute verstrich, dann zwei. Die Nachricht von der Höhe der Einsätze hatte sich herumgesprochen, um den Spieltisch versammelte sich eine ziemlich große Zuschauermenge. Die Ungeduld der Zuschauer – von der des Chinesen ganz zu schweigen – wuchs. Alle Blicke waren auf die wackeligen Jetonstapel auf dem grünen Filz gerichtet.
»Platz da!« Hentoff, der Casinomanager, trat durch die Menge. Er blieb vor den beiden Frauen an Pendergasts Tisch stehen, schenkte ihnen ein breites Lächeln und breitete die Arme aus. »Josie und Helen Roberts? Heute ist Ihr Glückstag!«
Sie sahen sich an.
Er legte einen Arm um jede Frau und zog sie hoch. »Einmal am Tag veranstalten wir eine kleine Lotterie – sämtliche Zimmernummern werden automatisch eingegeben. Sie haben gewonnen!«
»Was haben wir gewonnen?«
»Neunzigminütige Massagen mit Raul und Jorge, Deluxe-Spa-Behandlung, einen Geschenkkorb mit Kosmetika und eine Gratiskiste Veuve Clicquot.« Er sah auf die Uhr. »Oje, wenn wir uns nicht beeilen, verpassen wir noch Raul und Jorge! Wir haben überall nach Ihnen beiden gesucht!«
»Aber wir sind doch gerade …«
»Wir müssen uns beeilen. Der Preis gilt nur heute. Sie können jederzeit zurückkommen.« Er machte der Kartengeberin ein Zeichen. »Lösen Sie das Geld ein.«
»Obwohl die Einsätze auf dem Tisch liegen, Sir?«
»Lösen Sie das Geld ein, habe ich gesagt.«
Die Kartengeberin tauschte die Jetons der Damen ein, und Hentoff führte die Schwestern durch die Menge, wobei er eine im rechten und die andere im linken Arm hielt. Einen Augenblick später traf Anh Minh mit Pendergasts Drink ein.
Pendergast stürzte den Inhalt des Glases auf einmal hinunter, knallte das Glas auf den Tisch und sah sich grinsend um. »Gut. Ich wär dann so weit.«
Die Kartengeberin wischte mit der Hand über den Tisch, bat um letzte Einsätze und verteilte die Karten. Pendergast bekam zwei Asse und teilte seine Hand. Der Chinese bekam zwei Siebenen, die er ebenfalls teilte. Die offene Karte der Kartengeberin war eine Königin.
Der Chinese schob einen weiteren Stapel Jetons vor, für die geteilte Hand. Jetzt lagen fünfhunderttausend auf dem Tisch. Pendergast fügte seinen zweiten Einsatz hinzu, was seinen Stapel auf zweihunderttausend erhöhte.
Die Kartengeberin teilte Pendergast seine zwei Karten aus: ein König und ein Bube. Zweimal Blackjack!
Die Leute applaudierten, verstummten dann aber schnell wieder, als sich die Kartengeberin zu dem Chinesen umwandte und zu jeder Sieben eine Karte austeilte.
Zwei weitere Siebenen, genau die Karten, die Pendergast erwartet hatte. »Schade, dass wir nicht Poker spielen!«, rief er.
Der Chinese splittete die zwei Siebenen erneut – er hatte keine andere Wahl – und schob widerstrebend zwei weitere Jetonstapel vor. Jetzt lag eine Million Pfund vor ihm auf dem Tisch.
Die Kartengeberin spielte vier Karten aus: Bube, Zehn, Dame, Ass.
Die Zuschauer warteten. Es herrschte eine außergewöhnliche Stille.
Die Kartengeberin deckte ihr Blatt auf – eine Zehn kam zum Vorschein.
Unter den Zuschauern erhob sich ein kollektiver Seufzer: Sie hatten soeben miterlebt, wie ein Mann eine Million Pfund verloren hatte. Diesmal gab es keinen Applaus, sondern nur ein hohes, erregtes Geflüster, in dem eine deutlich erkennbare Schadenfreude mitschwang.
Pendergast erhob sich vom Tisch, strich seinen Gewinn ein und zwinkerte wieder dem Chinesen zu, der wie versteinert dasaß und zuschaute, wie seine Million eingesammelt, gezählt und gestapelt wurde. »Wie gewonnen, so zerronnen«, sagte Pendergast und klimperte ein wenig mit seinen Jetons.
Als er das Casino verließ, fiel sein Blick auf Hentoff, der ihn mit offenem Mund anstarrte.
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29
Als der Erste Offizier LeSeur kurz vor Mitternacht die Brücke betrat, bemerkte er sofort die Spannung, die in der Luft lag. Commodore Cutter war auf die Brücke zurückgekehrt, die dicken Arme über der Tonnenbrust
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