Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens
hinten, um einen Blick auf die Festung zu riskieren.
Das Rumpeln hatte aufgehört. Die Festung stand nach wie vor dunkel und stumm, nur eine dünne Rauchfahne kam von dort, wo der Tunnel aus der Uferzone trat. Er wartete, die Sekunden verstrichen, aber noch immer geschah nichts. Die Explosion des Waffendepots war offensichtlich nicht so stark gewesen, dass sie das Felsgestein aufzubrechen und bis zur Magmakammer unter dem Aschekegel durchzustoßen vermochte.
Trotzdem wartete er. Und dann ging ein Beben über die Wasseroberfläche. Seine Ohren registrierten ein tiefes Grollen fast unterhalb des Hörbereichs, eine Vibration, die er eher in den Knochen spürte als hörte. Wieder erzitterte die Seeoberfläche, winzige Wellen sprangen auf, das Grollen wurde lauter. Jetzt tanzte das Wasser wie verrückt, und er sah ganz unten an der mächtigen Mauer, die die Festung umgab, einen roten Spalt. Langsam wurde er größer und bewegte sich mit kleinen Flammen und Stößen von Dampf wie der Deckel eines gigantischen Druckkochtopfs, der sich wölbte und kurz davorstand zu platzen.
Ein heller Blitz, dann noch einer. Das war keine von Menschen gemachte Explosion. Sie war zu riesig, zu laut, und sie kam tief aus der Erde. Einen Augenblick später traf ihn die Druckwelle, so dass er fast über die Bordwand stürzte. Mehrere spektakuläre Lavastöße entluden sich in die Nachtluft wie riesige Fontänen, mitsamt einem kreischenden Getöse von austretendem Gas und Dampf. Der Donner rollte über den See wie eine körperliche Kraft und ließ die Wasseroberfläche erzittern. Während er hinschaute, schienen ganze Abschnitte der Festung – Türme, Befestigungen, Mauer – aus den Fugen zu geraten und erhoben sich langsam inmitten aufgewühlter Wolken von Feuer und Rauch, die sich in Pilzwolken auflösten.
Winzige Gestalten waren zu erkennen – manche in Uniform, andere in Laborkitteln, wieder andere in Overalls –, die wie Ameisen hinunter zum See ausschwärmten, hineinsprangen oder am Ufer in Boote stiegen. Mehrere andere Gestalten, ihre Kleider in Flammen, erhoben sich wie menschliche Feuerbomben aus der Eruption aus Fels, Lava, Feuer und Rauch.
Während er dies beobachtete, unfähig, seinen Blick von dem Anblick abzuwenden, erschütterte eine zusätzliche Stakkatoreihe von Explosionen die Insel mitsamt abscheulichen rot-gelben Wolken. Jetzt wurde die Festung auseinandergerissen, was die Nacht in einen gespenstischen Tag verwandelte. Einen Augenblick später erreichten die Detonationen Pendergast, eine nach der anderen, Schläge des Überdrucks, die ihn heftig zurückdrängten und das Boot über die inzwischen stark aufgewühlte Wasseroberfläche schlittern ließen. Es folgte eine monumentale Explosion, deren Flammenmeer und Zerstörungskraft die obere Hälfte der Insel verschlangen, ein riesiger Sturm aus Felsen, Lava und Rauch, der sich erhob, als die Detonation sich beschleunigte, eine wütende, aufwärtsweisende Säule der Zerstörung. Und dann hörte Pendergast eine zweite, noch größere Detonation, so tief und gedämpft, dass es schien, als bewegte sie die Berge selbst. Aber das war gar keine Explosion, vielmehr eine Implosion. Und da sah Pendergast, wie die zerbrochenen Überreste der Burg in sich zusammenfielen – langsam zuerst, und dann immer schneller, bis die riesige uralte Fassade unter schauerlichem Gekreische einstürzte. Pendergast sah Zungen glühender Lava, die aus dem zerrissenen Schlund der Insel hervorschossen und in feurigen Schlangen nach oben zuckten, bevor sie zurück in den See stürzten und um ihn herum wie kleine Bomben herabfielen, zischend und spritzend, sobald sie auf das Wasser trafen.
Er gab wieder Gas und steuerte das Boot in Richtung Ufer.
Und dann – mit einer letzten, gewaltigen Explosion, die die Erde bis ins Mark zu erschüttern schien – riss die ganze Insel auseinander, so dass hausgroße Teile aus Felsen und gemörtelte Steinquader mit unvorstellbarer Gewalt Hunderte Meter in die Luft geschleudert wurden und einige der Boote der Flüchtenden zerstörten. Die Trümmerteile flogen im Bogen durch den Nachthimmel und fielen bis nach Nova Godói, wo sie im umgebenden Wald Brände entfachten und einen solch vernichtenden Regen der Zerstörung verursachten, dass Pendergast auf einmal selbst einem brennenden Geprassel herabstürzender Felsbrocken ausweichen musste, während er mit Höchstgeschwindigkeit über das Wasser dahinraste, um sein Leben zu retten.
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P endergast steuerte das Boot
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