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Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens

Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens

Titel: Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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Pendergasts Ankunft. Proctor hatte sich immer als Soldat gesehen, der seine Pflicht tat, und so dachte er auch über diesen Auftrag – selbst wenn es darum ging, einen merkwürdigen Jungen zu chauffieren, der auch noch Pendergasts Sohn war. Der Junge war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, aber hinsichtlich Benehmen und Verhalten das genaue Gegenteil. Nichts war Proctor erklärt worden, aber er brauchte auch keine Erklärungen. Und doch: Von allen Überraschungen, die er in Pendergasts Diensten erlebt hatte – und es hatte derer viele gegeben –, war diese die größte.
    Anfangs war der Junge unkommunikativ gewesen, ängstlich und unsicher. Aber sobald sie sich in der Villa befanden und es klar war, dass er Proctor vertrauen konnte, begann Tristram sich zu öffnen und zeigte binnen einer halben Stunde eine geradezu überwältigende Neugier. Er fragte in seinem unbeholfenen Englisch mit starkem Akzent nach allem: den Büchern, den Gemälden, den Teppichen, den Kunstwerken. Dabei ließ er eine bemerkenswerte, ja erstaunliche Unkenntnis der Welt erkennen. Er hatte noch nie einen Fernsehapparat gesehen. Er wusste nicht, was ein Computer war. Er hatte noch nie Radio gehört, kannte keine Lieder außer ein paar deutschen Melodien wie das »Horst-Wessel-Lied«. Allmählich begriff Proctor, dass der Junge noch nie in einem Restaurant gegessen hatte, noch nie schwimmen gegangen war, nie ein Spiel gespielt hatte, nie in den Arm genommen worden war, nie ein Haustier besessen, nie Eiscreme geschmeckt, nie seine Mutter kennengelernt, nie Fahrrad gefahren war – und bis heute Morgen wohl noch nie eine warme Mahlzeit gegessen hatte. Es war, als ob sich die Persönlichkeit des Jungen erst jetzt zu bilden begann, nach Jahren und Jahren der Vernachlässigung, wie eine Blume, die zum ersten Mal Licht bekam. Ein paarmal waren seine Aufsässigkeit und sein Mut aufgeblitzt, auch ein jäher Zorn, der kam und ging; aber größtenteils war der Junge ängstlich – er fürchtete, gefasst zu werden, sorgte sich, Anstoß zu erregen, fürchtete, auf irgendeine Weise hervorzustechen. Er wirkte niedergedrückt und passiv. Proctor fragte sich, woher um alles in der Welt der Bursche kam und unter welchen bizarren Umständen er großgezogen worden war.
    Die doppelflügelige Tür zur Bibliothek ging auf; Pendergast trat leise ein.
    Sofort stand Tristram auf. »Vater!«
    Fast abwehrend trat Pendergast einen Schritt zurück. »Ist gut, Tristram, du darfst sitzen bleiben.« Er drehte sich zu Proctor um. »Was gibt’s Neues?«
    Leise setzte sich der Junge wieder.
    »Diesmal wurden wir, glaube ich, nicht verfolgt«, antwortete Proctor. »Ich habe sämtliche Sicherheitsmaßnahmen aktiviert.«
    Pendergast nickte. Er wandte sich Tristram zu, dann setzte er sich auf einen Stuhl in der Nähe. »Ich muss mehr wissen. Mehr über den Ort, an dem du aufgewachsen bist – Nova Godói.«
    Tristram verzog das Gesicht. »Ich versuche es.«
    »Schildere ihn mir bitte.«
    Tristram war verwirrt. »Schildern?«
    »Was ist der Ort? Ein Gebäude, eine Stadt, ein Dorf? Wie sieht er aus? Wie kommt man dorthin?«
    »Verstehe. Aber ich weiß nicht viel – sie halten uns, die schlechten Zwillinge, unter Bewachung. Wir gehen nirgendwohin.« Plötzlich huschte ein besorgter Ausdruck über sein Gesicht, als habe er Angst, seinen Vater mit seinen mangelnden Kenntnissen zu enttäuschen.
    »Sag mir einfach, was du weißt. Was du gesehen hast.«
    »Es ist eine Stadt. Tief, tief im Urwald. Keine Straße. Einziger Weg dorthin ist auf dem Fluss oder …« Hier ahmte er mit der Hand die Bewegung von Flugzeugflügeln nach. »Die Stadt liegt an einem See.«
    »See«, wiederholte Pendergast.
    »Ja. In der Mitte vom See liegt … der böse Ort.«
    »Erzähl mir von dem bösen Ort.«
    »Nein!« Tristram sprang ganz aufgeregt auf. »Nein, nein. Schlechte Zwillinge, so wie ich, werden zum bösen Ort gebracht. Sie kommen nicht wieder heraus.«
    Der Junge war derart erregt, dass Pendergast mehrere Minuten lang schwieg, um ihm Zeit zu geben, sich zu beruhigen. »Wer lebt in der Stadt, Tristram?«, fragte er schließlich.
    »Die Arbeiter. Die guten Zwillinge.«
    »Und wo wohnst du?«
    »Im Loch«, sagte er schlicht. »Zusammen mit den anderen wie ich. Die mit Nummern.«
    »Was macht ihr tagsüber?«
    »Wir arbeiten. Auf den Feldern. Manchmal werden wir auch abgeholt. Für … Tests.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Darüber will ich nicht sprechen.«
    »Diese Stadt«, sagte

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