Pendragon - Der Anfang
Zeitpunkt. Loor war eine stol ze Kriegerin, und es würde ihr nicht leichtfallen zu akzeptieren, dass ich sie gerettet hatte. Ich wollte kein Salz in die Wunde streuen. Noch nicht. Glaubt mir, irgendwann werde ich die Sache ausnutzen, nur nicht jetzt.
»Du überraschst mich immer wieder, Pendragon«, sagte sie. »Du hast bewiesen, dass du mutig und klug bist, aber jetzt sieht es so aus, als würdest du sogar wie ein Krieger handeln.« Sie zögerte und fügte hinzu: »Danke.«
Gerade hatte sie mir das höchste Lob erteilt, dessen sie fähig war. Ich war es wert, in die luftige Höhe eines Kriegers erhoben zu werden. Leider war ich anderer Meinung. Ich bin kein Krieger. Alles, was ich tat, geschah aus Pa nik. Es kam mir nie so vor, als hätte ich eine Wahl. Tatsächlich wäre es mir lieber gewesen, sie hätte mich nicht für ei nen Krieger gehalten, dann hätte sie keine weiteren Heldentaten von mir erwarten können. Das wollte ich aber nicht sagen, und daher antwortete ich so cool wie möglich: »Keine Ursache.«
Ich fragte mich, ob sie mir den Tod ih rer Mutter verziehen hatte, aber ich wollte das Thema lieber nicht anschneiden.
Loor sah aufs Meer hinaus. Der Bedoowan-Palast war ein gigantisches Wrack, das nur noch knapp über die Oberfläche ragte. Kleine Wellen schwappten darüber hinweg, und Möwen hüpften
auf den Mauern umher. Im Laufe der Zeit würde der Ozean das Machtmonument der Bedoowan zu Sand zermahlen. Doch jetzt diente es als Erinnerung an den Untergang des mächtigen Stammes. Ein Denkmal der Vernichtung.
»Glaubst du, dass viele Bedoowan umgekommen sind?«, fragte Loor.
»Weiß ich nicht. Ich glaube, die meisten haben bei der Schlacht zugesehen. Wenn sie heimgehen, erwartet sie eine große Überraschung.«
»Es ist traurig«, meinte Loor.
Sie hatte recht. Für dieses Land waren die Bedoowan ziemlich hoch entwickelt. Sie hätten ihr Wissen nutzen können, um ganz Denduron zu helfen, doch stattdessen hatten sie mit Hilfe ihrer Macht alle anderen versklavt. Nichts von alledem wäre geschehen, wenn sie die Mil ago besser behandelt hätten. Vielleicht hatte Saint Dane die Sache noch verschlimmert, aber die Schuld lag bei den Bedoowan selbst.
»Was ist mit der Tak-Höhle?«, wollte Loor wissen.
»Es war unglaublich«, erklärte ich. »Ich bin sicher, dass jedes einzelne Gramm Tak explodiert ist. Wir brauchen uns nicht mehr darum zu sorgen, dass die Milago damit Dummheiten machen.«
Loor drehte sich um und sah mir fest in die Augen. »Wenn der Palast einfach ins Meer gestürzt ist, wie mag dann erst das Dorf aussehen?«, fragte sie ernst.
Gute Frage. Sofort dachte ich an Alder und Onkel Press. Hatten sie überlebt? Ich sah die Klippen empor.
»Wir müssen da rauf«, sagte ich ohne große Begeisterung.
Wir gingen zum Fuß der steilen Klippen und suchten nach einem Weg hinauf. Es würde nicht leicht sein, denn der Aufstieg war steil und gefährlich.
»Ich kann gut klettern«, erklärte Loor. »Ich flechte ein Seil aus Ranken, damit können wir uns gegenseitig sichern.«
»Hört sich gut an«, meinte ich und spähte angestrengt nach oben. »Wir könnten aber auch den Pfad dort drüben nehmen.«
Loor sah in die Richtung, in die ich deutete. Der Weg war sehr schmal und stark gewunden, weil er sonst zu steil bergan geführt hätte, doch es war auf jeden Fall ein Pfad.
»Oh«, sagte Loor erstaunt. »Das könnte auch gehen.«
»Komm schon«, meinte ich grinsend und setzte mich in Bewegung. Loor folgte mir schweigend.
Der Weg nach oben war nicht all zu schwierig. Durch die Windungen war er nicht sehr steil, aber ziem lich lang. Ich weiß nicht, was Loor fühlte, doch je näher wir dem Ende kamen, umso mehr fürchtete ich mich vor dem, was wir finden würden. Als wir die Bedoowan und die Milago zum letzten Mal gesehen hatten, waren sie gerade in die Schlacht gezogen. Hatte ein Stamm gewonnen? Oder würden wir einen ausgebrannten Krater vorfinden, der wie der Überrest eines Vulkans aussah? Ich versuchte diese Gedanken zu verdrängen. Wir würden es ohnehin bald erfahren.
Als wir fast oben wa ren, blieb ich stehen und sah Loor an. Ich hatte das Gefühl, sie machte sich genauso viele Sorgen wie ich. Keiner von uns sprach es aus, aber wir wollten lieber noch eine Sekunde verschnau fen, ehe wir uns dem stellten, was uns erwartete. Nach einer Weile atmetet sie tief durch und nickte mir zu. Ich nickte ebenfalls und kletterte die letzten Meter empor.
Der Anblick, der sich uns bot, war völlig anders,
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