Pendragon - Der Anfang
sie ließ nicht los. Dann sagte sie die vier Worte, die ich nie von dieser harten Kriegerin erwartet hätte. Es waren die schlimmsten vier Worte, die man sich in einer solchen Situation vorstellen konnte, doch sie sagte sie trotzdem.
»Ich kann nicht schwimmen.«
Klasse! Kein Wunder, dass sie sich an mich klammerte. Der Fluss wirbelte uns um die eigene Achse, und immer wenn wir in einen Strudel gerieten, riss es unsere Köpfe unter Wasser. Jedes Mal tauchten wir hustend wieder auf, aber ich hatte keine Ahnung, wie lange wir das noch durchhalten würden. Ich musste die Lage irgendwie in den Griff bekommen, sonst würden wir ertrinken oder uns die Köpfe an einem Felsen einschlagen. Ich beschloss,
sie so zu transportieren, wie ich es beim Rettungsschwimmen gelernt hatte. Sie sollte auf dem Rücken liegen, und ich wollte sie von hinten halten und gleichzeitig versuchen uns an Land zu bringen.
»Füße flussabwärts!«, brüllte ich wieder. »Gesicht nach oben, leg dich auf mich!«
Sie rührte sich nicht. Es ging nicht. Nicht dass sie es nicht gewollt hätte, doch sie war starr vor Angst. Ich kann mir nicht vorstellen, was es heißt, nicht schwimmen zu können, aber es muss furchtbar sein. Wir gerieten in den nächsten Strudel und tauchten unter. Kaum tauchten wir auf, knallten wir gegen einen Felsen. Ich fühlte den Aufprall kaum, da Loor mit dem Rücken gegen den Stein prallte und den größten Teil des Stoßes abfing. Es schien ziemlich zu schmerzen, denn sie lockerte ihre Umklammerung. Sofort packte ich sie und drehte sie auf den Rücken.
»Halte dich an meinen Beinen fest!«, befahl ich. Sie gehorchte. Nun lag ich auch auf dem Rücken und hielt sie mit meinen Beinen fest. Endlich hatte ich die Arme frei, um uns damit über Wasser zu halten und zu lenken. Jetzt mussten wir durchhalten, bis die Stromschnellen schwächer wurden oder verschwanden.
»Benutz deine Beine, um uns von den Felsen wegzustoßen«, sagte ich. Loor hatte immer noch Angst, war aber in der Lage, wieder klar zu denken. Während ich um unser Leben paddelte, stieß sie uns von ein paar gefährlichen Steinen weg. Wir gerieten in den nächsten Strudel und gingen erneut unter. Sie versuchte sich loszureißen, aber ich hielt sie fest. Sekunden später tauchten wir wieder auf.
Plötzlich kam mir ein entsetzlicher Gedanke. Was war, wenn uns diese Stromschnellen auf einen Wasserfall zutrieben? Unter gar keinen Umständen würden wir das überleben. Ich verdrängte diesen Gedanken, weil ich im Moment sowieso nichts unternehmen konnte.
Wir schlugen noch ein paarmal gegen Felsen, sanken ab und zu unter die Wasseroberfläche, und irgendwann wurde die Strömung schwächer. Wir hatten die Stromschnellen überlebt, und vor uns lag kein Wasserfall. Allerdings waren wir noch nicht in Sicherheit, weil Loor nicht schwimmen konnte. Allmählich besann ich mich auf alles, was man mir beim Rettungsschwimmen beigebracht hatte, und zog sie seitlich in Richtung Ufer. Sie war so müde und erschöpft, dass sie keine Kraft mehr besaß, sich zu wehren, und deshalb fiel mir das Schwimmen nicht allzu schwer. Kurz darauf schleppten wir uns aus dem eisigen Wasser ans Ufer. Wir lagen zu Tode erschöpft auf dem steinigen Boden und rangen nach Luft – aber wir lebten. Zum Glück standen die drei Sonnen jetzt höher am Himmel und spendeten uns etwas Wärme.
Als ich wieder ruhig durchatmen konnte, stützte ich mich auf die Ellenbogen und sah zu Loor hinüber. Sie lag flach auf dem Rücken und atmete stoßweise. Ich gebe zu, dass ich mich jetzt, da wir wieder in Sicherheit waren, ziemlich gut fühlte. Ich hatte nicht nur die tapfere, tolle Kriegerin vor einem von Kagans Rittern, sondern ihr im Fluss mindestens zwei Dutzend Mal auch das Leben gerettet. Ich konnte es kaum erwarten, bis sie zugab, dass ich kein Schwächling war. Natürlich würde ich mir nicht anmerken lassen, dass ich ein Lob erwartete. Sie musste damit anfangen. Also wartete ich. Und wartete. Und wartete noch länger. Doch sie sagte kein Wort. Was sollte das nun wieder? Langsam wurde ich sauer. Ich hatte zwar nicht mit einem »Oh, Pendragon, du bist mein Held!« gerechnet, aber ein einfaches »Danke schön« wäre schon ganz nett gewesen. Immer noch kam kein Wort. Schließlich beschloss ich, das Eis zu brechen.
»Geht es dir gut?«, erkundigte ich mich.
»Ja, trotz deiner Dummheit«, lautete die Antwort.
»Was?« Ich schoss in die Höhe. »Ich habe dich vor dem Ertrinken gerettet!«
»Hättest du mich nicht
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