Penelope Williamson
Entscheidungen.
Sie wies mit dem Zeigefinger
auf ihren Bruder. »Und du, du hast deinen Anteil daran! Versuch nicht, es zu
leugnen. Ich kann es an der Nasenspitze ablesen!«
Donagh packte
sie am Handgelenk. »Bria, sei doch vernünftig. Reg dich nicht auf, sondern hör
dir erst einmal an, worum es eigentlich geht.«
Sie
befreite sich so heftig aus seinem Griff, daß sie unwillkürlich einen Schritt
rückwärts machte und dabei stolperte. Dann verschränkte sie die Arme vor der
Brust. Sie konnte Shay nicht mehr ansehen, sie wollte es nicht.
»Dann
erzähl es mir, Donagh.«
Er knöpfte seine Soutane auf,
griff hinein und zog eine rosafarbene Zeitung heraus. »Du hast sicher schon von
diesem Skandalblatt gehört ... die Police Gazette.«
Bria
nickte unmerklich. Sie hatte davon gehört, sie hatte die Zeitung schon gesehen,
und obwohl sie nicht lesen konnte, wußte sie über diese Art Berichterstattung
Bescheid. Auf dem Titelblatt, das Donagh ihr entgegenhielt, befand sich das
Bild eines üppig gebauten Showgirls, das außer einem hautengen Trikot nichts
trug und verführerisch in die Kamera lächelte.
»Hm ...«
Donagh räusperte sich und errötete leicht, als er bemerkte, daß Bria auf das
Bild starrte. Schnell faltete er die Zeitung so, daß das aufreizende Showgirl
nicht mehr zu sehen war. »Der Verleger, ein gewisser Richard Fox, hat sich in
den vergangenen zehn Jahren vergeblich darum bemüht, für John L. Sullivan, den
großen amerikanischen Faustkampfchampion, einen Herausforderer zu finden. Er
hat sogar einen Preis für den ausgesetzt, der den Kampf wagt und gewinnt. Es
handelt sich um einen Gürtel, der mit Gold, Silber und Diamanten besetzt ist.«
»Ach, und warum sollte jemand
einen so kostbaren Gürtel haben wollen, um ein paar abgetragene Cordhosen
festzuhalten?«
Donaghs
Augen richteten sich auf Shay. Die beiden tauschten einen Blick, dessen
Bedeutung Bria nicht verstand. Sie dachte, daß sie Männer manchmal wirklich
haßte, vor allem diese beiden, die ihr das Liebste auf der Welt waren.
»Dieser Mr.
Fox«, fuhr Donagh fort, »hat jetzt jemanden gefunden, von dem er glaubt, daß er
den Preis gewinnen kann. Es ist ein blaublütiger Yankee, der die Harvard
Universität besucht. Übrigens, er trägt Hosen aus feinem Kammgarn, und dazu
paßt ein mit Diamanten besetzter Gürtel mit Sicherheit besser. Aber bevor
Sullivan die Herausforderung annimmt, muß der Yankee beweisen, daß er ein
ernstzunehmender Boxer ist und sich gegen einen guten Gegner im Ring behaupten
kann ...«
Er hörte auf zu sprechen und
blickte wieder auf Shay. Bria wollte ihren Mann nicht ansehen. Vielleicht würde
sie ihn nie wieder eines Blickes würdigen.
Sie
starrte ihren Bruder so unverwandt an, daß ihre Augen brannten. »Hast du
Mitleid mit dem armen Mann? Du brichst deine Geschichte gerade an dem Punkt ab,
wo sie anfängt, spannend zu werden.«
»Ach, Bria
...«, Donagh fuhr sich mit den Händen über das Gesicht und seufzte. »Mr. Fox
hat erfahren, daß er hier ...«, er deutete auf Shay, »einmal der irische
Faustkampfchampion war. Das hat ihn auf die Idee gebracht, daß Seamus und sein
Yankee die richtigen Gegner wären. Der Kampf soll hier in Bristol während der
Feiern zum Vierten Juli stattfinden. So, das ist alles ... mehr oder weniger.«
Donagh
griff nach dem Krug, füllte seinen Becher und leerte ihn auf einen Zug. Sein
Kinn sank auf die Brust, und er tat so, als betrachte er eingehend den Boden
seines Bechers. Bria entnahm daraus, daß sie nicht mehr von ihrem Bruder
erfahren würde.
Shay hatte ihr natürlich kein Sterbenswort von all dem
gesagt. Langsam drehte sie sich nach ihm um. Er zuckte nicht zusammen und
schien sich auch nicht vor ihr zu schämen. Was immer ihn auch bewegen mochte,
seinem Gesicht konnte sie nichts entnehmen.
Sie verschränkte die Arme
fester, als versuche sie, sich körperlich gegen das zu wappnen, was kommen
mußte.
»Hast du
mir nicht wenigstens ein Wort zu sagen, Seamus? Oder haben dir die Feen die
Zunge abgeschnitten, als ich nicht aufgepaßt habe?«
Er griff mit beiden Händen nach
ihren Armen, öffnete sie und zog Bria an sich. Sie haßte ihn, weil er sie
berührte, denn, bei Gott, sie liebte ihn zu sehr.
Er ließ
ihre Arme los und legte die großen Hände auf ihre Hüften. Dann sah er sie mit
fieberglänzenden Augen an. Es hatte sie schon immer verletzt, daß das Feuer,
das in ihm brannte, nichts mit ihr zu tun hatte.
»Vielleicht
wird dir das Wort gefallen, Frau: Dollars!
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