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Pension der Sehnsucht

Pension der Sehnsucht

Titel: Pension der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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wissen, warum ich mitten in einen Nostalgie-Abend platzte, als ich vorhin den Aufenthaltsraum betrat.«
    »Jeden Montagabend«, sagte sie forsch und nüchtern, »bieten wir unseren Gästen diese Form der Unterhaltung. Der Plattenspieler steht seit über fünfzig Jahren im Hotel und wird seither immer montags benutzt. Die Gäste, die schon einmal hier waren, freuen sich darauf. Natürlich«, fuhr sie leicht zerstreut fort, denn sie merkte, wie Percy sie näher an sich heranzog, »benutzen wir an anderen Abenden auch die Stereoanlage. Und in der Saison engagieren wir samstags und sonntags eine Tanzkapelle. Aber montags wird nach alten Melodien getanzt, und diese Tradition ist so alt wie dieses Haus.«
    Die weichen, dunklen Klänge eines Blues wehten durch das offene Fenster. Nelly wiegte sich in diesem Rhythmus, und Percy begann langsam mit ihr zu tanzen.
    »Den Gästen macht es Spaß. Und ich habe festgestellt, dass das Alter dabei überhaupt keine Rolle spielt. Ob junge oder alte Leute, alle lassen sich für einen Abend gern mal in die Vergangenheit zurückversetzen.«
    Ihre Stimme klang längst nicht mehr so forsch. Während sie sich zu der sanften Melodie des Blues bewegten, spürte sie, wie die Gedanken ihr entglitten.
    »Das war eine vernünftige Antwort.« Percy zog sie näher an sich, und sie legte den Kopf in den Nacken, um ihm weiterhin in die Augen schauen zu können. »Ich fange an, mich selbst für diese Idee zu erwärmen.« Ihre Gesichter waren sich jetzt so nahe, dass sein Atem ihre Lippen streifte.
    »Ist dir kalt?« fragte Percy, als er spürte, wie sie zitterte. Obwohl sie den Kopf schüttelte, zog er sie noch enger in seine Arme, um sie mit seinem Körper zu wärmen. Ihre Wangen schmiegten sich aneinander, bis sie zu einer einzigen Kontur verschmolzen.
    »Ich muss jetzt wieder hineingehen«, sagte Nelly leise, tat aber nichts dergleichen. Sie schloss die Augen und ließ sich von Percy und der Musik führen.
    »Hm!« Sein Mund lag dicht an ihrem Ohr.
    Die leisen Geräusche der Nacht mischten sich in die Melodie, die aus dem Fenster erklang. Blätter raschelten im Wind, ein Käuzchen schrie, Nachtfalter flatterten geräuschvoll gegen die erleuchtete Fensterscheibe.
    Die Nachtluft streichelte Nellys erhitzte Wangen. Es duftete leicht nach Hyazinthen. Mondlicht sickerte durch das Geäst der hohen Ahornbäume und malte ein kompliziertes Muster auf den Boden.
    Nelly lauschte, wie Percys Herz schlug. Sein Mund glitt ihre Schläfe entlang und über ihr Haar, seine Hände streichelten ihren Rücken.
    Ihr eigener Wille schmolz, während ihre Sinne gleichzeitig immer empfindlicher reagierten. Trotz der Musik hörte sie Percy atmen, spürte durch die Kleidung seine Haut, genoss den herben Duft seines Rasierwassers. Was um sie herum geschah, nahm sie nicht mehr wahr. Nur noch sie und Percy existierten. Sehnsüchtige Gefühle stürmten auf sie ein, denen sie keinen Namen zu geben vermochte. Sie verlangte grenzenlos nach ihm.
    »Nein, bitte.« Sie löste sich aus seiner Umarmung. »Ich will das nicht.« Sie stützte sich am Geländer der Veranda ab und sah ihn an.
    Percy kam auf sie zu und streichelte sanft ihren Hals. »Doch, du willst.« Sein Mund senkte sich auf ihre Lippen. Nelly glaubte den Boden unter den Füßen zu verlieren.
    Ihre Gefühle überwältigten sie, bis sie meinte, nicht mehr atmen zu können. Percy zog sie noch näher an sich heran. Instinktiv wusste Nelly, dass sie sich sofort von ihm lösen musste, denn sonst brächte sie nie mehr die Kraft dazu auf.
    »Nein!« Sie wehrte sich mit beiden Händen gegen ihn und befreite sich aus der Umarmung. »Ich will nicht«, keuchte sie, drehte sich um und hastete die Verandatreppe hinunter. »Woher weißt du, was ich möchte und was nicht?« schleuderte sie ihm noch zu, ehe sie im Laufschritt um die Ecke des Gebäudes bog.
    Bevor Nelly ins Haus zurückging, blieb sie stehen, um Atem zu schöpfen und darauf zu warten, dass ihr wild pochendes Herz sich wieder beruhigte. So aufregend war im »Lakeside Inn« noch nie ein Montagabend für sie verlaufen, gestand sie sich mit einem Anflug von Humor ein. Unbewusst summte sie die Bluesmelodie vor sich hin, doch als sie sich dabei ertappte, gab sie sich innerlich einen Stoß und betrat zielstrebig das Hotel. Sie steuerte auf die Küche zu, um Liz daran zu erinnern, am nächsten Morgen die Blumenvasen auf die Frühstückstische zu stellen.

5. K APITEL
    An manchen Tagen ging eben alles schief. Ein klarer blauer Morgen

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