Pension der Sehnsucht
Hörer auf die Gabel zurücklegte. »Pack deinen Koffer«, sagte er kurz angebunden und ging zur Tür.
Jetzt ist es passiert, dachte sie, aber damit musste ich ja rechnen. Sie versuchte, sich damit zu trösten, dass es besser wäre, wenn sie ginge, um mit Percy und seinem Hotel nie wieder etwas zu tun zu haben. Sie nickte stumm und sah aus dem Fenster.
»Nimm dir genug Sachen für drei Tage mit.« Er legte die Hand auf den Türgriff.
»Wie bitte?« Verdutzt drehte Nelly sich um und blickte Percy entgeistert an.
»Wir werden drei Tage unterwegs sein. In einer Viertelstunde erwarte ich dich.« Percys Züge entspannten sich, als er ihre traurige Miene sah. »Nelly, du bist nicht entlassen. Ein bisschen mehr Niveau solltest du mir ruhig zutrauen.«
Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Percy lehnte sich gegen die geschlossene Tür.
»Der Anruf kam von dem Manager eines meiner Hotels. Er hat da ein Problem, um das ich mich selbst kümmern muss. Und du kommst mit.«
»Ich soll mitkommen?« Sie war fassungslos. »Warum das denn?«
»Erstens, weil ich darauf bestehe.« Er verschränkte die Arme über der Brust und sah sie streng an. »Und zweitens, weil ich will, dass meine Manager etwas herumkommen. Für dich ist es eine gute Gelegenheit, dich in einem anderen Betrieb von mir ein bisschen umzusehen.«
»Aber ich kann hier doch nicht so ohne weiteres abreisen«, entgegnete sie. »Wer soll denn sonst für Ordnung sorgen und sich um alles hier kümmern?«
»Eddie. Es wird höchste Zeit, dass er mehr Verantwortung übernimmt. Er verlässt sich viel zu sehr auf dich. Das andere Personal übrigens auch.«
»Aber am Wochenende kommen fünf neue Gäste, und …«
»Jetzt hast du nur noch zehn Minuten Zeit zum Packen, Nelly«, ermahnte er sie nach einem Blick auf seine Armbanduhr. »Und wenn du dich nicht beeilst, dann reist du mit den Kleidern ab, die du gerade trägst.«
Sie merkte, dass es keinen Sinn hatte, mit Percy zu diskutieren, und versuchte, nicht daran zu denken, was es für sie bedeutete, mit ihm zu verreisen. Es ist eine reine Geschäftsreise, sagte sie sich immer wieder. Absolut nichts Privates.
Als er ging, rief sie hinter ihm her: »Dann sag mir wenigstens, wohin wir fahren. Schließlich muss ich ja wissen, ob ich Skistiefel oder einen Bikini einpacken soll.«
Lächelnd drehte er sich um. »Bikinis. Wir fliegen nach Palm Beach.«
Nelly stellte fest, dass die Überraschungen an diesem Vormittag kein Ende nahmen. Percy ließ sie gar nicht erst ausreden, als sie Eddie mit Ratschlägen und Anweisungen überhäufte, sondern schob sie kurzerhand durch den strömenden Regen zu seinem Auto. Während der Fahrt zum Flughafen stellte sie sich im Geist alle möglichen Katastrophen vor, die in den nächsten drei Tagen passieren konnten. Sie öffnete den Mund, um Percy in ihre Befürchtungen einzuweihen, doch sein Blick schüchterte sie so ein, dass sie lieber schwieg.
Die nächste Überraschung erlebte sie auf dem Flughafen. Sie sollten nicht mit einer Verkehrsmaschine, sondern mit Percys Privatflugzeug fliegen.
Es wartete schon startbereit auf der Piste. Regungslos betrachtete Nelly die schnittige Maschine, während Percy sich um ihr Gepäck kümmerte.
»Nelly, du brauchst doch nicht hier im Regen zu stehen. Geh schon rein.«
»Percy.« Sie achtete nicht auf den Regen, der sie durchnässte. »Ich muss dir etwas gestehen. Ich fliege nicht gern.«
»Halb so schlimm.« Er klemmte sich ihren kleinen Koffer unter den Arm und ergriff ihre Hand. »Das Meiste macht das Flugzeug ganz allein.«
»Percy, ich meine es ernst«, jammerte sie, als er sie in die Maschine zog.
»Wirst du luftkrank? Ich geb dir eine Pille.«
»Nein.« Sie schluckte krampfhaft und ließ die Schultern hängen. »Wenn ich fliege, bin ich wie gelähmt. Gelegentlich tragen mich die Stewardessen in den Frachtraum, damit die anderen Passagiere meinetwegen nicht in Panik geraten.«
Er zauste liebevoll ihr nasses Haar. »Endlich habe ich deine schwache Stelle entdeckt. Wovor hast du Angst?«
»Dass die Maschine abstürzt.«
»Das ist alles nur Einbildung«, behauptete er, während er ihr half, die Jacke auszuziehen. »Dafür gibt es einen medizinischen Fachausdruck.«
»Ja, sterben«, pflichtete sie ihm bei, worauf er lachte. Beleidigt, weil er sie nicht ernst nahm, wandte sie sich ab und sah sich in der luxuriösen Kabine um. »Hier sieht es aus wie in einem Salon, gar nicht wie in einem Flugzeug.« Andächtig streichelte sie den dunkelbraunen
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