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Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Titel: Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vazquez Montalban
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vor Enge und Dunkelheit fast blind waren. Er parkte auf dem Gehweg. Es war acht Uhr abends und kaum wahrscheinlich, daß die städtischen Guardias genauso wachsam sein würden wie zu den übrigen Tageszeiten. Von seinem Standort aus konnte er den Eingang des Salons unbemerkt beobachten. Drinnen brannte Licht, aber die Vorhänge und die Bilder der Modelle im Schaufenster verwehrten die Sicht ins Innere. Er schaltete das Radio ein, und das Summen der automatischen Antenne bewirkte, daß ein paar Gaffer vor dem Auto stehenblieben. Carvalho steckte eine Kassette der Bee Gees ins dunkle Maul des Gerätes. Sie waren für ihn der Inbegriff der Unfähigkeit zur Lebensfreude.
    Er hatte Zeit, beide Seiten der Kassette zu hören und sich eine staubtrockene Zigarre anzustecken, die er vergessen im Handschuhfach fand. Aber in dem Moment, als er den elektrischen Anzünder wieder in seine Höhle zurückstekken wollte, sah er, wie ein Lieferwagen auf dem Gehweg hinter seinem Auto einparkte. Es stieg niemand aus, aber die Hupe stieß drei Rufe aus. Gleich darauf ging die Tür des Salons auf, und La Gorda stürzte heraus. Carvalho kauerte sich neben dem Schalthebel zusammen. La Gorda rannte an seinem Fenster vorbei zu dem Lieferwagen. Carvalho hob den Kopf und sah im Rückspiegel, wie sie einstieg. Während das Fahrzeug ausparkte, startete er sein Auto. Sobald er die trapezförmige weiße Rückseite des Lieferwagens vor sich hatte, heftete er sich an seine Fersen. Der Fahrer suchte sich seinen Weg durch die Gäßchen zu den Ramblas. Der Verkehr wurde schwächer, und Carvalho folgte seinem Führer auf der Umfahrung des Kolumbus-Denkmals. Das Zielfahrzeug fuhr in Richtung Plaza Palacio, bog vor dem Ciutadella-Park rechts ab und strebte über die Marinebrükke zur Ausfahrt auf die Autobahn. Carvalho folgte ihm auf dem Weg durch die Stadt zu der Straße nach Badalona.
    Es war schwierig, den Lieferwagen im Labyrinth der Gäßchen nicht zu verlieren, die zur Strandpromenade von Badalona führen. Schließlich hielt er bei einigen Jahrmarktsbuden und einem Karussell an. Aus dem Lautsprecher quoll die Filmmusik von
Love Story
. La Gorda stieg aus, kaufte sich an einem fahrbaren Stand mit blauen Glühbirnen ein Eis und stieg wieder ein. Sie fuhren wieder. Die Strandpromenade war zu Ende, und in der Dunkelheit tauchten die düsteren Umrisse der großen Lagerhäuser auf. Der Lieferwagen fuhr zwischen abgewrackten Fischerbarken und Öltonnen hindurch, bog in eine Sackgasse ein und fuhr auf einen Hof mit Blumentöpfen und einer dichten Weinlaube, deren Skelett ein mennigrotes Eisengitter bildete. Der Lieferwagen überquerte den Hof und verschwand in einer Lagerhalle.
    Carvalho hielt an der Straße an. Er konnte von dort ein verblaßtes Schild über dem Eingang zu dem gepflegten Hof erkennen.
Schiffsbau Ginés Larios
. Das Schild schien sich auf den früheren Verwendungszweck der Halle zu beziehen, denn darunter wies ein kleineres, aber frischgemaltes Schild auf ihre jetzige Verwendung hin:
Tiefgekühlte Produkte
. Der Motor des Lieferwagens war nicht mehr zu hören, Carvalho stieg aus, ging rasch über die Straße und betrat den begrünten Hof. Seine Augen waren überall, aber er ging so schnell, daß seine Füße keine Zeit gehabt hätten, anzuhalten, wenn er eine Gefahr bemerkt hätte. Wie von einem unbewußten Zwang getrieben, drang er in die Lagerhalle ein. Er lehnte sich mit dem Rücken an die kalte Seite des Lieferwagens und spitzte die Ohren. Im Dunkeln sah er überall nur verschwommene Umrisse von Gegenständen. Im Hintergrund der Halle war eine kleine, beleuchtete Tür. Er ging darauf zu. Direkt von der Türschwelle aus führte eine eiserne Treppe nach oben, wo man die Familie reden hörte. Teller klapperten.
    »Warum essen wir nicht draußen in der Laube?«
    »Deine Mutter friert so leicht.«
    Als Carvalhos Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, schritt er den ganzen Umfang der Halle ab. Auf der anderen Seite des Lieferwagens entdeckte er eine weitere Tür. Er öffnete sie und stand zu seiner Überraschung unmittelbar im Sand, am Meer, in der dunklen Nacht mit ihren fernen Lichtern, deren Widerschein auf den Wellen glitzerte. Die Lagerhalle schloß ein Stück Strand nach außen hin ab. Auf dem Sand lagen ein wurmstichiges Fischerboot und ein Fiberglasboot mit einem Außenbordmotor, der mit einer Kautschukplane abgedeckt war. Carvalho kletterte in beide Boote hinein und tastete mit den Händen alles ab. Als er in dem Fiberglasboot

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