Per Anhalter (German Edition)

So langsam steht uns das Wasser bis zum Hals. Okay?“,
    „Und warum hast du Hassan abgemurkst?“,
    „Was?“,
    „Warum hast du…“,
    „Das hab ich schon verstanden. Was tut das jetzt zur Sache?“,
    „Na, ich dachte er bedeutet dir so viel .“,
    „Tut er auch! Aber er hat sich doch gequält.“,
    „Wow, wie mitfühlend du sein kannst.“,
    „Hassan tut jetzt einen Scheißdreck zur Sache, Mann. Du bist ne Stunde weg und hast gleich wieder Ärger an der Backe. Seit Wochen geht das jetzt wieder so. Ich will irgendwann auch mal ankommen , verstehst du? Ich hab keine Lust mehr dazu, mich ständig zu verstecken.“,
    „Ach, komm halt den Mund.“,
    „NEIN!“ wumms – das war´s mit dem Flüsterton! Mario hatte mit der Faust auf den Tisch gehauen und fing an zu brüllen: „Ich lass mir doch von dir nicht den Mund verbieten. Ich hab allmählich genug von dieser ganzen Scheiße, okay? Erst bringst du mir dieses Gör nach Hause und dann auch noch den da! “
    David wusste sofort, wen Mario mit den da meinte. Er schluckte.
    Bitte lenkt jetzt nicht die Aufmerksamkeit auf mich. Bitte, dachte er.
    „Wir haben es jetzt mehrfach versucht. Vergiss den Scheiß doch. Ich hab dir immer gesagt, ich mach alles mit was du willst, aber ich gehe nicht in den Knast. Schon vergessen? Eher sterbe ich. Anstatt dass du mal darüber nachdenkst, wie es weiter gehen soll, machst du immer genau so weiter wie bisher. Ich will ein… Ich will ein Leben ohne diesen ganzen Stress. Okay? Wir haben noch ein paar Pieselotten. Die reichen, um uns für ne Weile über Wasser zu halten. Für ne Weile, aber nicht mehr ewig. Und schon gar nicht, wenn wir auf die Art weiter machen, wie jetzt. Das muss dir doch mal einleuchten. Das hier geht alles nicht mehr. Wir sind gestern Zentimeterweise an der Katastrophe vorbei geschlittert. Ich geh nicht in den Knast, Britta. Vergiss es! Und entweder du überlegst jetzt mit mir gemeinsam wie es weitergeht, oder…“ Er sprach nicht weiter. Sie half ihm auf die Sprünge:
    „Oder was ?“,
    „Ich weiß auch nicht. Aber so geht’s nicht weiter…“,
    „Nein! Genau! Du weißt gar nichts . Vielleicht nimmst du dir ´n Strick und hängst dich auf. Mach doch. Du tust es ja doch nicht. Du machst nichts außer groß rum tönen. Das war immer schon so und wird sich auch in hundert Jahren nicht ändern. Du bist ein Waschlappen , Mario. Ein absoluter Waschlappen. Schön, das alles hier gefällt dir also nicht, wie? Du hättest ja damals auch in deiner kleinen Butze bleiben und dich von morgens früh bis abends spät voll laufen lassen können. Das kannst du nämlich, saufen.“,
    „Ja, wär mir manchmal wirklich lieber. Glaubst das? Dann hätt ich nämlich diesen ganzen PISS hier nicht. Diesen Zirkus !“,
    „ Uns würde es dann vielleicht auch besser gehen. Hast du daran schon mal gedacht?“,
    „ Du wolltest so leben, Britta. Und zwar mit mir. Mit mir ! Und eins will ich dir sagen: Damals war nicht die Rede davon, dass du dir in der Zwischenzeit, ganz nebenbei, deine eigene Familie zusammen bastelst ohne mich zu fragen, was ich überhaupt davon halte, von deiner ganzen gestörten Kacke hier. Wir wollten damals die Kohle . Für ein ruhiges Leben. Stattdessen sind wir auf der Flucht! Andauernd. Ich möchte ganz einfach auch mal ankommen . Verstehst du?“,
    „Ja, stimmt. Und in die USA wolltest du. Weißt du das noch? ´Ich will mit dir die Route 66 entlang schüsseln, Baby. Und mit dir die Freiheitsstatue erklimmen.` Deine Worte. Du erinnerst dich? Weißt du eigentlich, wie albern sich das alles mittlerweile für mich anhört, wenn ich mir vorstelle, dass du das gesagt hast?“,
    „Das wollte ich wirklich , Britta. Jetzt wirf mir nicht vor, dass…“,
    „Ja, du wolltest Lasse auch mal zeigen wie man angelt. Oder auf die Jagd geht. Weißt du noch? Und segeln , kannst du dich daran noch erinnern? Du hast immer rum geprahlt, dass dein Vater es dir beigebracht hat, und du dein Wissen nun an Lasse weitergeben möchtest. Und was ist passiert? Ein Scheißdreck ist passiert! Was für ein Schwachsinn du da von dir gegeben hast. Unglaublich. Das einzige, was du tust, ist dich treiben lassen und auf der faulen Haut rum liegen. Ansonsten machst du gar nichts . Du würdest nie, wirklich niemals von selbst auch nur auf den Gedanken kommen, irgendetwas zu verändern. Wenn es nach dir ginge, dann säßen wir wohl noch immer in Scharbeutz und vertrödelten dort unsere Tage. Mit Nichtstun! Ein Tag geht wie der andere.