Per Anhalter (German Edition)
Hintern, was sich sehr unangenehm anfühlte, weil immer noch alles taub war. Und tatsächlich knarzte der Lattenrost unter ihm. Hoffentlich hat das jetzt keiner gehört .
Er wollte den „Löwen“ nicht aufwecken… Aber dieses furchtbare Jucken… Zögerlich ließ er seine Hände unter die Decke wandern und bemerkte dabei, dass seine Arme mit Kratzern und Blutergüssen übersät waren. Lasse der Hurensohn hat mich garantiert durch den Wald geschleift und… Ihm wurde auf einmal ganz heiß! Er konnte sich jetzt wieder haarklein an das erinnern, was geschehen war, ehe er das Bewusstsein verlor. Er hat mir das Messer in den Rücken gestochen! Ich kann mich nicht mehr bewegen weil… Ich querschnittsgelähmt bin! Augenblicklich war es ihm scheißegal, ob jemand es hörte oder nicht, er fing an zu zappeln, riss die Bettdecke von den Beinen. Er spürte sich – alles! Seine Arme, seine Beine, die Füße… Alles! Es funktionierte alles. Keuchend starrte er nach vorne. Er konnte sogar mit den Zehen wackeln. Alles war gut. Er war nicht querschnittsgelähmt. Er hatte es gerade voller Erleichterung festgestellt und registrierte mit halbem Ohr das gewaltige Knarzen des Bettes unter ihm, als ihn das blanke Entsetzen traf. Es war ein Gefühl, dass so intensiv war, dass er es gar nicht fassen konnte. Nein, er musste träumen… Sein Blick wanderte durch das Zimmer… Sein Magen zog sich zusammen… Sein Blick wanderte auf seinen Bauch… Ein hirnzerreißendes Dröhnen vollzog sich in seinem Schädel. Das musste ein Traum sein, denn er wackelte mit seinen Zehen. Alle zehn Zehen konnte er bewegen. Und den Juckreiz spürte er ebenfalls. Sogar die Wunde von der Glasscherbe konnte er noch immer fühlen. Leibhaftig! Sie war da. Und wieder wanderte sein Blick umher… Die Decke hing halb vom Bett… Er sah den alten Schrank, der mit bunten Blumen auf blauem Untergrund bepinselt war… Er sah den weißen Krankenhausmantel in dem er steckte. Und er wackelte mit den Zehen!!! Nur gab es da ein klitzekleines Problem – da, wo es juckte, und wo er seine Beine vermutete… Seine Zehe wackelten… alle zehn… Waren keine Zehen mehr! Seine Beine: Sie waren nicht mehr da!!! Sein rechter Arm vibrierte, dröhnte mit der stromschlagartigen Intensität des Dröhnens in seinem Kopf um die Wette, und er konnte ihn kraftlos irgendwie auf sein Bein legen. Das Bein juckte, aber das Bein war weg. Seine Hand griff ins Leere. Dabei musste dort sein Bein sein. David keuchte. Seine Finger formten sich zu krallen und er begann zu kratzen, zu kratzen, zu kratzen!!! Aber der Juckreiz ließ sich nicht lindern.
Obwohl er da war, genau wie die wackelnden Zehen!
Rote und schwarze Ringe begannen vor seinen Augen zu tanzen, so dass er die mit braunem Packpapier umwickelten Stümpfe seiner Beine nur noch durch ein schmales Guckloch hindurch sah. Sein linker Arm fiel träge nach vorne, probierte das Gleiche aus, wie der Rechte kurz vorher. Aber da war nichts; kein Bein links, kein Bein rechts und erst recht keine zehn wackelnden Zehen… und keine Wunde… obwohl diese gerade wie verrückt pochte. Es gab jetzt nur noch eine einzige, allerletzte Chance, sich selbst und der ganzen Welt ein für allemal zu zeigen, dass er nur ein klein wenig von der Rolle, ein bisschen neben der Spur war: Er musste seine Beine aus dem Bett wuchten und los marschieren. Allein dieser penetrante Juckreiz. Sie müssen mir irgendwelche Drogen gegeben haben. Das kann sonst nämlich gar nicht sein. Die Ringe verschwanden, sein Blick wurde wieder klar. Daaa ist das Fenster, und da gehe ich jetzt hin!!! Bewusst schaute er nicht auf die Stümpfe – sie waren reine Irrlichter. Seine Augen sagten ihm nicht die Wahrheit, aber sein Gehirn tat es.
Und er spürte den Juckreiz und er fühlte, wie er mit den Zehen wackelte. Oh ja! Und jetzt war doch langsam mal gut mit all diesem abgefahrenen Spuk hier. Er wirbelte herum und sah sie doch, die Stümpfe, die lediglich mit Packpapier umwickelt waren.
Mit Packpapier und mit Paketklebeband . Es war die Unwahrheit!!!
David schloss die Augen. Seine Finger krallten sich in das Bettlaken. Er brauchte einfach nur vom Bettrand hinunter zu springen und schon würde er seinen gestörten Augen zeigen, dass sie ihm nicht vorzumachen brauchten, er hätte keine Beine mehr.
Die Hängematte… Das Geräusch einer Heckenschere…
Ihm wurde speiübel.
Die Ringe vor seinen Augen hüpften munter weiter und er konnte regelrecht spüren, wie sein Magen sich im
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