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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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Chef war gar nicht da. Sie kam rein.
    Ronny, der Azubi, hatte Schicht und blickte sie mit zusammengekniffenen Augen an als sie den Shop der Tankstelle betrat.
    „Naa“ sagte er, und sie erwiderte genau das.
    Dann fragte sie, „Ist der Chef da?“ und Ronny sagte, „Nö, der hat frei. Bist du nicht krank?“,
    „Nein, ich bin nicht krank, wieso? Hat er das gesagt?“,
    „Steht nur im Plan dass du krank bist.“,
    „Wie viele Plusstunden hast du, Ronny?“,
    „Hä?“,
    „Hast du genug Überstunden?“,
    „Na ja, letzten Monat hatte ich 8,5 Überstunden, aber ich glaub die sind jetzt weg, weil ich ja vorletzte Woche Samstag und Sonntag frei hatte. Wieso?“,
    „Mach Feierabend, ich übernehme!“ Ronny guckte sie verdutzt an. So verdutzt, dass sein Kopf nach hinten flog, als hätte sie mit einer Hand nach ihm geschlagen. Dann grunzte er,
    „Hää?“,
    „Ich muss was tun, Ronny, hilft alles nichts, und ich bin froh, wenn du einfach nach Hause gehst und ich deine Schicht übernehmen kann. Mir fällt Zuhause die Decke auf den Kopf.“
    Und in Ronnys Kopf fingen die Vorzüge eines verfrühten Feierabends zu rattern, während er sich gleichzeitig offenbar vorkam, wie in einem Traum, der zu schön ist, um wahr zu sein, so dass er sie mit durchdringender Skepsis musterte. Speziell als sie dann fragte, „Oder bin ich schon gekündigt und weiß es noch gar nicht? Würde mich auch nicht wundern.“,
    „Nö. Stehst im Plan!“ entgegnete er apathisch. Das war es, was sie hören wollte, und doch kam es ihr jetzt wie ein zu schöner Traum vor, so dass sie wortlos an den Stapeln mit Zigarettenhülsen, Teigrohlingen und Red Bull Dosen vorbei in den Aufenthaltsraum schlurfte, wo die Pläne aufgehängt waren.
    Und tatsächlich stand da in Schönschrift (die Pläne wurden von der Frau des Chefs angefertigt) für diese und die kommende Woche noch immer ihr Name.
    Gimm, Mareike . Heute hätte sie Frühdienst gehabt und Ronny ursprünglich spät. Den Spätdienst machte jetzt aber Steffi und Ronny übernahm für sie den Spätdienst am nächsten Tag, wo sie ursprünglich frei hatte.
    Ronny, der arme Kerl, arbeitete manchmal sieben Tage die Woche und das sogar mehrmals am Stück. Besonders in den Ferien. Man merkte ihm durchaus an, dass er froh war, wenn er die Ausbildung hier beendet hatte.
     
    Er stand auf einmal hinter ihr, ganz lässig in den Türrahmen gelehnt. Er war ein groß gewachsener Bursche mit einem seltsamen Schnauzbart, den immerhin er selbst wohl für sehr schön hielt. Seine Haare waren ausgedünnt und stets ein bisschen zu fettig, als dass man hätte glauben können, er wäre ein gepflegter junger Mann.
    „Was is denn jetzt eigentlich? Da steht doch K bei dir. Du bist krank , Mareike. Ab nach Hause.“,
    „Ich bin nicht krank, Ronny. Mein Sohn ist von Zuhause abgehauen. Aber ich bin nicht krank . Ich hab erst gedacht, ich brauche jetzt Zeit für mich, um einen klaren Kopf zu kriegen, aber Zuhause werde ich nur irre!“,
    „Wieso ist dein Sohn abgehauen?“,
    „Er ist weg! Zu seiner Freundin. Tu mir einen Gefallen und frag mich das jetzt nicht, okay? Ich bin da selbst noch nicht ganz hinter gestiegen um ehrlich zu sein.“,
    „Okay… Ruf ma lieber den Chef erstmal an. Ich kann ja nicht einfach hier abhauen. Du weißt doch wie das ist. Das gibt Mordsärger wenn der herkommt nachher. Dir ist doch keiner böse nur weil du krank bist. Vor allem wenn…“,
    „Ronny, bitte, tu es für mich! Du kannst ja auch hier bleiben und dann füllst du in Ruhe die Getränke nach oder wischst die Zapfsäulen oder so. Aber ich muss was tun, das hilft alles nichts.“,
    „Getränke hat Ulf heute Nacht schon übelst viel nachgeräumt. Sogar die ganzen Dr. Pepper die Chef bestellt hatte sind drin.“,
    „Echt? Das wurde auch mal Zeit!“,
    „Ja, auf jeden! Aber egal, ich würde ja schon gerne nach Hause und so, aber ich hab kein Bock auf Stress mit dem Alten, weißt du?“,
    „Dann ruf du ihn doch an. Was hältst du davon?“
    Ronny überlegte.
    „Machst du denn kurz Kasse? Ich klär das ab!“
    Und natürlich machte sie das, gar kein Thema.
    Und natürlich war der Chef froh, dass sie arbeitete, zumal sie zu Ronny sagte, er solle dem Chef mitteilen, dass sie heute auch Doppelschicht reißen würde und Steffi zu Hause bleiben könne. Doch das Telefonat zog sich hin… und zog sich… und zog sich…
    Der Kundenstrom war gerade etwas abgeebbt. Es gab tatsächlich so etwas wie Stoßzeiten. Die waren jedoch eher morgens

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