Per Anhalter (German Edition)
Rätsel für alle.
Es war exakt 11:28 Uhr, als eine silberne Mercedes S-Klasse das geschulte Auge der Polizisten neugierig machte. Oder vielmehr dessen Fahrer.
Er parkte die Limousine, stieg aus und zündete sich eilig eine Zigarette an. Er war nicht der typische Schlag Mann für ein solches Auto. Er war kleingewachsen, trug eine steinzeitliche Vokuhila Haarpracht, war unrasiert, bekleidet mit einem schmuddeligen Benetton T-Shirt aus den 80er Jahren, einer verwaschenen Jeans, die er sich offenbar selbst zur Shorts geschnitten hatte sowie schwarzen Holzklotzen. Doch das war nicht das einzig auffällige. Viel komischer wirkte die Art, wie er sich umschaute. Er schien nach etwas Bestimmtem Ausschau zu halten und dabei das Gefühl nicht los zu werden, das alle Welt ihm dabei zusah, was in gewisser Weise sogar stimmte.
Der Mann ging rastlos auf und ab und guckte immer wieder auf sein Handy. Er sah nicht wie jemand aus, der nur hier angehalten hatte, um eine kurze Pause einzulegen.
Er kniete sich vor den Kühlergrill seines Autos, feuchtete seinen Daumen mit etwas Spucke an und entfernte damit einige Insektenkadaver. Dann stand er auf, schnippte seine Zigarette fort und setzte sich wieder ins Auto. Die Tür war geöffnet, seine Beine baumelten heraus. In seinen Händen hielt er noch immer das Handy, als erwartete er jeden Augenblick einen Anruf oder eine Kurznachricht.
Um 11:42 Uhr dann, kam folgende Nachricht über Funk aus dem Polizeihubschrauber: „Verdächtiges blaues Geländefahrzeug unterwegs auf der A 210 in Richtung Kiel.“ Kurz vor der Schleswig-Holsteinischen Landeshauptstadt postierten sich zur gleichen Zeit zwei weitere Streifenwagen, so dass, im Falle einer Flucht, eine Straßensperre errichtet werden konnte.
Es begann ein reger Funkverkehr zwischen der Einsatzleitung und allen Einheiten. Niemand zweifelte mehr daran, dass in wenigen Augenblicken etwas stattfinden würde, was nicht gerade alltäglich war. Diese „Mission“ hier war brisant. Ein heißes Eisen. Mord an einem Polizisten, Kindesentführung und mutmaßlich noch eine ganze Reihe weiterer, schwerer Verbrechen. Wer oder was da auf sie zukam, ließ sich nur schwer vorhersagen…
***
Dick und flockig leckte der Schaum aus Davids Mund.
Er selbst stank nach Schweiß und Urin. Sein Kopf sah aus, als hätte jemand ihn mit Luft aufgeblasen, groß, rund und voll mit roten Pusteln. Nichtsdestotrotz hatte er es irgendwie geschafft, sich bis zu der Veranda der Hütte zurück zu schleifen. Sie war sein Ziel. Er fixierte sie – dort musste er hinein, und zwar so schnell wie möglich. An den Scherben vorbei schleppte er sich um das Haus herum und erklomm mühsam die Stufen, die auf die Veranda führten.
Seine Eile hatte einen Grund! Und zwar war Ungeziefer unter das Packpapier um seine Beinstümpfe eingedrungen! Ganz recht… Er hatte es mit eigenen Augen gesehen.
Es waren überdimensionierte Brummer die den Geruch seines in der Sonne verwesenden Fleisches rochen, und die ihre ekelhaften Eier in ihm ablegen wollten. Schon bald würden sich tausende und abertausende von Maden kringelnd in ihm winden und sich an seinem ersterbenden Körper laben.
Drinnen kann ich die Wunde säubern. Es war der einzige Gedanke den er noch hatte.
Ins Haus, das Packpapier abmachen, und die dicken Fliegen aus mir raus holen. Und zwar jedes einzelne Ei. Und die Fenster verschließen, damit nicht noch mehr Ungeziefer kommen kann.
Oh, und es war wirklich eine Heerschar von Ungeziefer hier draußen auf der Insel. Und jedes einzelne dieser widerwertigen Parasiten wurde von seinem Gestank angezogen. Ratten, Spinnen, Käfer, Kellerasseln… Und der Teufel allein mochte wissen, was es hier draußen sonst noch gab. Aber primär waren es Fliegen. Er spürte sie ganz genau in sich krabbeln. Sie konnten nur nach oben, und sie arbeiteten sich bereits tüchtig vor. Jedes einzelne Härchen an den Gallertkörpern der fettleibigen Schmarotzer konnte er spüren, genauso wie ihre flinken, grazilen Beinchen, während sie auf der Suche nach dem perfekten Nistplatz für ihre Brut waren. Und natürlich wusste er auch, dass sie ihre Rüssel ausfuhren und fraßen.
Sie fressen mich bei lebendigem Leib auf . Sie saugen und schmatzen.
Wenn er zu arg daran dachte, quoll eine weitere Schaumkrone aus ihm heraus. Schaum, wie man ihn als Rest im Spülbecken nach dem Abwaschen kennt.
Doch er hatte sie wahrhaftig gesehen. Es waren riesige, riesige Viecher. Wie viele es genau waren,
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