Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
Vom Netzwerk:
Könnte sie doch nur die Zeit zurückdrehen, alles anders machen, alles besser machen. Warum war dieses Leben nur immer so beschissen ungerecht.
    Warum zu ihr?
    Was hatte sie getan, dass sie das verdiente?
    Warum... WARUM konnte nicht einfach mal alles normal sein, normal ablaufen, wie in jeder anderen Familie. Warum war bei ihr immer alles anders, warum so kompliziert, warum geriet immer sie an die falschen Menschen.
    WARUM???
     
    „Was hast du denn?“ fragte Nadja plötzlich. Sie musste ihr Weinen gehört haben.  
    „Nichts“ fiepte sie.
    „Das sehe ich.“,
    „Ne, ne, alles gut, Schatz. Alles gut.“,
    „Ist was mit David passiert?“
    Sie schüttelte den Kopf,
    „Mama? Ist was mit David passiert? Antworte mir!“,
    „Ich weiß nicht, was mit David ist, Schatz. Ich habe keine Ahnung. Der Polizist meinte, er kommt schon wieder. Ich kann nicht mehr. Ich KANN nicht mehr !“
    Nadja nahm sie in den Arm und ließ sie weinen. Sie als Mutter weinte in den Armen ihrer Tochter. Eigentlich müsste es umgekehrt sein, richtig?, ermahnte sie die niederträchtige Stimme ihrer Gedanken. Sie wollte es nicht hören, aber sie hatte Recht. Eigentlich müsste sie Nadja trösten. Eigentlich hätte sie stets David trösten müssen. Aber eigentlich… nein, definitiv , war es in der Regel eher umgekehrt. Was war sie doch für eine grottenschlechte Rabenmutter…

Kapitel 6
     
    Der Mann, der aus dem Wohnwagen kam, war mit einem weißen Rippshirt und einem blauen Slip bekleidet. Außerdem trug er knallige Flipflops. Seine Arme und Beine sowie seine Brust waren stark behaart – überhaupt sah er im Ganzen ziemlich ungepflegt aus.
    Eigentlich fehlten nur noch ein paar Fliegen, die um seinen Kopf herum flogen, so wie man es aus zahlreichen Cartoons kennt.
    Obwohl er groß und kräftig aussah, wirkte er keineswegs durchtrainiert. Eine Plauze zeichnete sich unter dem Stoff seines weißen Shirts ab. Auf seinem Kopf tummelte sich eine Matte dunkler, verfilzt aussehender Haare, die für eine Kurzhaarfrisur zu lang und zu ungepflegt aussahen, und für eine Langhaarfrisur nicht ausreichten. Ein verwahrlostes Gesamtkunstwerk .
    David nickte ihm zu und der Mann nickte zurück.
    Er machte ein interessiertes Gesicht und lächelte freundlich.
    Ein moderner Neandertaler beschlich es David.
    Seine Höhle ist ein Wohnwagen, aber ansonsten…
    „Na, Schlafmütze!“ begrüßte ihn der Mann, „Auch schon wach?“ Obwohl die eigenartige Figur verschlissen und ekelhaft aussah, empfand David weder Angst noch ein Übermaß an Abscheu. Irgendwie wirkte das „Wesen“ freundlich und harmlos.
    Ungepflegt, potthässlich aber harmlos.
    „Ich weiß nicht mal, wie ich hierher gekommen bin“ sagte David. Der Mann hielt sich die Hand vor die Augen, da er von der Sonne geblendet wurde. Einige Sekunden lang blieb er so stehen und schien ihn interessiert zu mustern. Dann ließ er die Hand herunter und kam auf ihn zu.
    „Na, dascha `n Ding, wa?! Ich bin Uwe!“ Er reichte ihm die Hand. Sie fühlte sich wässrig-verschwitzt und stumpf von innen an, als ob sie mit Schleifpapier behandelt wurde.
    „Ich bin David.“,
    „Freut mich, David!“ sagte er kopfnickend und lächelte dabei.
    „Du bist bei jemandem mitgefahren, David. Erinnerst du dich?“
    Ob er sich erinnerte? Oh ja, das tat er. Jetzt auf einmal leuchtete ein vages Bild in seinem Innern auf. Doch es war wirklich sehr vage . Es war gerade klar genug um zu wissen, dass dieser Uwe die Wahrheit erzählte.
    „So leicht erinnere ich mich“, meinte David. „Aber nicht so richtig.“,
    „Nicht so richtig, hm? Ja, ja, halb so wild. Wir sind Menschen, David. Wir speichern vieles, aber manches vergessen wir auch.“,
    „Wie bin ich hierhin gekommen? Ich wollte zu meiner Freundin. Nach Flensburg. Das weiß ich noch.“,
    „Nun, es ist etwas dazwischen gekommen, David.“ Uwe hielt inne.
    „Etwas dazwischen gekommen?“ fragte David skeptisch.
    „Ganz recht.“,
    „Und was?“ Plötzlich war die Erinnerung zurück. Er wusste wieder, wer ihn mitgenommen hatte. Es war dieses Luder mit dem Tanktop und ihr speckiger Fleischberg von Sohn. Dieser Kerl knüpfte nahtlos an deren Eigentümlichkeit und ihre grotesken Wesenszüge an. Vor allem mit der Art wie er redete. „Es ist einfach etwas dazwischen gekommen. Kein Grund sich Sorgen zu machen, mein Freund.“,
    „Wo genau ist das hier? Oder was genau?“,
    „Dies hier ist die Zukunft, David“, sagte er geheimnisvoll wobei er grinste wie der Teufel

Weitere Kostenlose Bücher