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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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jedem Stoff auf dem Markt und zu jeder Schandtat bereit, um sich Geld für Drogen zu beschaffen. Aber Lin konnte sich nicht vorstellen, dass es sich hier um eine seiner Betrügereien handelte. Was sollte für ihn dabei herausspringen, außer es gab tatsächlich in New Crobuzon einen reichen Sammler, der bereit war, in ihre Arbeit zu investieren und eine Vermittlungsgebühr zu zahlen.
    Sie hatte ihn unter Pfeifen und Johlen und allgemeiner Bestürzung aus der Bar geschleift und Aufklärung verlangt. Erst wollte Gazid nicht mit der Sprache heraus und schien verzweifelt nach Lügen zu suchen, mit denen er sie abspeisen konnte, doch ziemlich schnell sah er ein, dass er nicht umhin kam, die Wahrheit zu sagen.
    »Da ist ein Typ, von dem ich gelegentlich etwas Stoff kaufe …«, begann er nervös. »Jedenfalls, die Bilder von deinen Sachen lagen bei mir herum … äh … auf dem Regal, als er kam, und sie gefielen ihm und er wollte ein paar mitnehmen und … äh … ich sagte, in Ordnung. Dann, später, erzählte er mir, er hätte sie dem Macker gezeigt, der ihn mit dem Stoff beliefert, den ich gelegentlich kaufe, und dem Typen gefielen sie auch und er nahm sie mit und zeigte sie seinem Boss, und schließlich kriegte sie der Oberboss zu sehen, der ganz dick im Kunstgeschäft ist – letztes Jahr hat er einiges von Alexandrines Zeug gekauft –, und er war begeistert und will eine Skulptur bei dir in Auftrag geben.«
    Lin extrahierte die wesentlichen Fakten aus dem verworrenen Wortschwall.
    Der Boss von deinem Dealer will, dass ich für ihn arbeite???, schrieb sie.
    »Ach Scheiße, Lin, so ist es nicht … Na gut, schon, aber …« Gazid schluckte. »Also gut, ja, du hast Recht.« Eine Pause entstand. »Nur … nur … will er sich mit dir treffen. Falls du interessiert bist, will er sich persönlich mit dir unterhalten.«
    In Lins Kopf überschlugen sich die Gedanken.
    Eine tolle Sache. Aufregend. Nach der Karte zu urteilen, handelte es sich nicht um irgendeinen kleinen Ganoven, das war einer von den großen Haien. Lin war nicht dumm. Sie wusste, dass sie in Teufels Küche geraten konnte, aber das Angebot war ungeheuer verlockend. Das Ereignis ihrer Karriere! Genau richtig, um wohlkalkulierte Andeutungen fallen zu lassen. Ein Mäzen aus der Unterwelt! Sie war intelligent genug, um zu begreifen, dass ihre Aufregung kindisch war, aber nicht reif genug, um die Stimme der Vernunft dagegenzusetzen.
    Und während sie beschloss, dass sie nicht vernünftig sein wollte, nannte Gazid die finanziellen Parameter, von denen der mysteriöse Käufer sprach. Lins Kopfbeine zuckten erstaunt.
    Ich muss mit Alexandrine reden, schrieb sie und ging wieder hinein.
    Alex wusste nichts. Sie holte das Letzte heraus aus ihrem Prestige, Gemälde an einen Boss aus der Unterwelt verkauft zu haben, aber sie war nur einmal mit einem höchstens mittelwichtigen Kontaktmann zusammengetroffen, der ihr enorme Summen für zwei kürzlich fertig gestellte Gemälde bot. Sie hatte akzeptiert, geliefert und nie wieder etwas gehört.
    Das war alles. Nicht einmal den Namen des Käufers hatte sie je erfahren.
    Lin nahm sich vor, mehr herauszufinden.
    Durch Gazid sandte sie eine Nachricht in die illegalen Kommunikationskanäle, die wer weiß wohin führten: Ja, sie wäre interessiert, doch nur unter der Bedingung, dass man ihr einen Namen nannte, den sie in ihren Terminkalender eintragen konnte.
    Die Unterwelt von New Crobuzon verdaute ihre Botschaft und ließ sie eine Woche schmoren, um dann eine Antwort auszuspeien – ein zweites mit Maschine geschriebenes Billett, unter ihrer Tür hindurchgeschoben, während sie schlief. Darauf standen eine Adresse in Bonetown, ein Datum und ein Name, nur ein Wort:
    Vielgestalt.
     
    Frenetisches Klappern und Scheppern drang in den Korridor. Lins stachliger Führer öffnete eine schwarze Tür von vielen und trat beiseite.
    Ihre Augen brauchten einen Moment, um sich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen. Sie stand in einem Schreibsaal. Es war ein großer Raum mit hoher Decke, schwarz gestrichen wie alles an diesem troglodytischen Ort. Gaslampen brannten über vielleicht vierzig Schreibtischen. Auf jedem stand eine klobige Schreibmaschine, an jeder saß eine Schreibkraft und tippte ab, was auf den Blättern geschrieben stand, die sich neben der Maschine stapelten. Überwiegend Menschen und überwiegend Frauen, aber Lin konnte auch Männer und Kakteen riechen, sogar zwei Khepri und eine Vodyanoi, deren Maschine mit speziellen

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