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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Arkaden und über Mauern, durch den kahlen Knochenwald der Rippen, hinein in das Backsteingewucher von Badside und Dog Fenn, quer durch die dröhnende Industrie von Gross Coil. Wie Lemuel, wenn er nach Mittelsmännern sucht, werde ich alle Wege die ich gegangen bin, noch einmal gehen. Und hier und dort, hoffe ich, zwischen den Türmen und der verschachtelten Architektur, werde ich die Immigranten finden, die Flüchtlinge, die Außenseiter, die New Crobuzon alltäglich neu erschaffen. Diese Megalopolis mit ihrer Flickwerkkultur. Diese hochgebaute Vielvölkerstaat.
    Ich werde die Töne von Perrickgeigen hören oder die Gnurr-Kett-Totenklage oder ein Steinrätsel der Chet, oder ich rieche das Ziegenhaschee, Nationalgericht in Neovadem, oder sehe einen mit den Symbolen eines Druckerkapitäns aus Cobsea bemalten Türrahmen … Alle weit weit entfernt von zu Hause. Heimatlos. Heim.
    Überall um mich herum wird New Crobuzon sein, ich werde es aufnehmen durch meine Haut.
     
    Wenn ich zurückkehre nach Griss Twist, werden meine Gefährten warten, und gemeinsam werden wir diese belagerte Stadt befreien. Unbedankt und ungesehen.

 
     
     
Teil 2
     
     
Das Glashaus

 
KAPITEL 9
     
     
    Die Straßen von Riverskin führten in leichter Steigung auf das Glashaus zu. Die Häuser waren alt und hoch, morsches Fachwerk, lepröser Putz. Jeder Regen ließ das Holz aufquellen, löste an den steilen Dächern Schindelkaskaden aus, wenn rostige Nägel zerbröckelten. In der drückenden Hitze schien Riverskin still vor sich hin zu schwitzen.
    Die südliche Hälfte des Viertels war nicht zu unterscheiden vom benachbarten Flyside. Man lebte billig, die Kriminalität hielt sich in Grenzen, man pflegte ein überwiegend friedfertiges Miteinander. Die Bevölkerung war gemischt, zum großen Teil Menschen neben kleineren Kolonien Vodyanoi an dem stillen Kanal, einigen einzelgängerischen Kaktusleuten, sogar einer kleinen, zwei Straßen umfassenden Khepriphratrie, eine seltene, traditionell geprägte Gemeinschaft außerhalb von Kinken und Creekside. Süd-Riverskin beherbergte auch einige der exotischeren in New Crobuzon ansässigen Rassen. An der Beckman Avenue gab es einen von Hotchi geführten Laden. Sie hatten ihre Zacken sorgsam stumpf gefeilt, um ihre Nachbarn nicht zu erschrecken. Und ein entwurzelter Llorgiss, der hingebungsvoll dafür sorgte, dass der Getränkepegel in seinem fassförmigen Körper nicht unter ein bestimmtes Maß sank, torkelte auf drei unsicheren Beinen durch die Straßen.
    Nord-Riverskin hingegen war ganz anders. Stiller, verdrossener. Das Revier der Kaktusleute.
    So groß das Glashaus war, es bot nicht Raum für alle Kaktusleute in der Stadt, nicht einmal für die, die an den alten Bräuchen festhielten. Wenigstens zwei Drittel von New Crobuzons Kaktusbevölkerung lebte außerhalb der schützenden Kuppel. Sie wohnten in großer Zahl in den Riverskin-Slums und einigen weniger reputierlichen Bezirken anderer Viertel wie Syriac und Abrogate Green. Riverskin aber war das Zentrum ihrer Kolonie, und dort mischten sie sich in etwa gleicher Zahl mit menschlichen Bürgern. Dort, unter den Menschen, lebten die Unterprivilegierten, die das Glashaus betraten, um einzukaufen und anzubeten, aber gezwungen waren, in der ungläubigen Stadt zu hausen.
    Einige rebellierten. Zornige Halbstarke gelobten, niemals einen Fuß in das Glashaus zu setzen, das sie ausgeschlossen hatte. Sie nannten es abfällig bei einem anderen, nicht mehr gebräuchlichen Namen: Pepiniere. Sie trugen die Narben selbst beigebrachter Verletzungen als Tapferkeitsabzeichen und schlugen sich in brutalen, sinnlosen und spannenden Bandenkämpfen. Manchmal terrorisierten sie das eigene Viertel, prügelten und beraubten die Menschen und Kaktusältesten, die in denselben Straßen wohnten wie sie.
    Draußen, in Riverskin, kannte man die Kaktusleute als griesgrämig und ruhig. Für ihre Chefs – Menschen und Vodyanoi – arbeiteten sie ohne Hingabe oder Enthusiasmus. Die Kommunikation mit ihren Kollegen anderer Rassen beschränkte sich auf ein gelegentliches Brummen. Wie sie sich innerhalb der Wände des Glashauses verhielten, war noch nie beobachtet worden.
     
    Das Glashaus selbst war eine riesige, abgeflachte Kuppel von mehr als einer Viertelmeile Durchmesser am Boden. Am Scheitelpunkt hatte sie eine Höhe von achtzig Metern. Der Sockel war nach außen geschrägt, für sicheren Halt auf den allseits leicht abfallenden Straßen Riverskins.
    Das Rahmenwerk bestand aus

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