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Perfekte Manner gibt es nicht

Perfekte Manner gibt es nicht

Titel: Perfekte Manner gibt es nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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landeten, der rauschende Wind zwischen den Kiefern. Bisher hatte er sich noch nicht zu einem Sturm gesteigert. Aber er frischte zusehends auf, ein kalter, starker Wind, der anzeigte, dass die Situation sich eher verschlimmerte als verbesserte.
    Im Zwielicht erkannte sie Jacks Gesicht nur verschwommen. Doch sie hatte es oft genug im Fernsehen und im Kino gesehen, um seiner Miene zu entnehmen,
dass auch er auf das Dröhnen eines Schneemobilmotors lauschte.
    »Nein, ich höre nichts«, sagte er schließlich.
    »Ich auch nicht. Glauben Sie, wir sind sie losgeworden?«
    »Vielleicht.« Blinzelnd beobachtete er den Schnee, der ihre Fußspuren füllte – zu langsam. »Hier ist der Wald ziemlich dicht. Also müsste es ihnen schwerfallen, uns zu folgen. Das würden sie nur zu Fuß schaffen. Aber das könnte ihnen gelingen wegen unserer Spuren.«
    Lou ließ seine Schulter und den Baumstamm los und schaute sich um. »Die sollten wir verwischen. Mit einem tief hängenden Zweig. Wie in Ein einfacher Plan .«
    »Klar. Und statt unseren Fußabdrücken folgen sie dann den Stellen, an denen der Schnee glatt gestrichen wurde.«
    In Lous Kehle stieg etwas Heißes, Unangenehmes empor. Zu ihrem Leidwesen waren es Tränen, hervorgerufen durch Zorn und Angst. »Moment mal«, flüsterte sie, »auf Ihren Sarkasmus würde ich lieber verzichten, okay? Ohne Ihre Feinde wären wir nicht hier. Also seien Sie nicht so ein Idiot.«
    »Ein Idiot?«, wiederholte er, richtete sich auf und starrte sie an. »Was habe ich denn verbrochen?«
    »Keine Ahnung!«, fauchte sie, dankbar für den kalten Wind, der als Erklärung für ihre wässrigen Augen herhalten würde. Wenn Jack die überhaupt bemerkte. »Irgendwas, das jemanden so wütend gemacht hat, dass er Sie ermorden will! Nicht nur töten, sondern vorher wie einen Hund jagen! Und jetzt machen Sie
schon, suchen Sie einen Zweig! Vorzugsweise einen, an dem noch Nadeln hängen!«
    Zu ihrer Erleichterung erhob er keine weiteren Einwände und gehorchte. Darüber war sie froh, weil die Tränen ihren Blick verschleierten und ihre Sicht beeinträchtigten. O Gott, was hatte sie bloß getan, um so etwas zu verdienen? Mitten im Nirgendwo war sie mit einem Primadonna-Star gestrandet, der offensichtlich keinen einzigen Überlebensfilm gesehen hatte … Wenn sie dieses Martyrium nur mit ein paar abgefrorenen Fingern und Zehen überstand, musste sie sich glücklich schätzen. Aber alles deutete darauf hin, dass sie vor dem nächsten Morgen sterben würden.
    Oder sie bauten ein Iglu. In Mörderischer Vorsprung überlebten Sidney Poitier und Tom Berenger einen Blizzard, indem sie sich im Schnee vergruben und aneinanderkuschelten. Eine komische Szene. Hier im echten Leben wurde ihr bei dem Gedanken, sich einige Minuten lang an Jack Townsend zu kuscheln, seltsam heiß, obwohl sie erbärmlich fror. Für mehrere Millionen Amerikanerinnen wäre die Aussicht, eine Nacht mit Jack Townsend in einem Iglu zu verbringen, die Erfüllung aller Träume. Nun, zu diesen Frauen gehörte Lou nicht.
    Lieber Gott, betete sie, lass es nicht dazu kommen.
    Kurz darauf schien der Allmächtige ihr Gebet zu erhören.
    »Hey!« Jack kehrte zu ihr um »Schauen Sie sich das an.«
    Zunächst glaubte sie, er hätte weitere Schneemobile entdeckt, und wollte mit einem »Ich geb auf« zu Boden sinken. Aber er spähte nicht in die Richtung, aus
der die Fahrzeuge herangefahren waren. Stattdessen blinzelte er bergab.
    »Was denn?« Lou ging zu ihm und versuchte, seinem Blick zu folgen. Nur Bäume und dichter Flockenwirbel. »Ich sehe nichts.«
    »Nicht da.« Jack trat hinter sie, legte beide Hände über ihre Ohren und drehte ihren Kopf ein wenig zur Seite. »Dort.«
    Erst jetzt, wo er ihre Ohren berührte, merkte sie, wie eiskalt sie waren. Gefühllos, weil sie keine Mütze trug. Nur von ihren dichten roten Locken wurden sie geschützt. Jacks Hände schienen ihre Haut durch die Lederhandschuhe hindurch zu wärmen.
    Eine ähnliche Wärme verspürte sie nun auch an ihrem Rücken, obwohl er nur ihre Ohren anfasste. Plötzlich fand sie den Gedanken, mit diesem Mann in einem Iglu zu übernachten, gar nicht mehr so schlimm. Nicht wenn sie noch mehr von seiner Wärme genießen könnte …
    Guter Gott, was bildete sie sich denn ein? Das war Jack Townsend – Jack Townsend, der Megastar, der Erbe von Townsend Securities. Und ein Schauspieler, Lou, ein Schauspieler. Also eitel, untreu und, was Vicky jederzeit bezeugen würde, bindungsscheu.
    In voller Lautstärke

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