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Perlentod

Perlentod

Titel: Perlentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Breinl
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verließ.
    Sofort kam Lolle herbeigesprungen. »Du spinnst wohl! Miriam hätte stürzen können!«
    Aber die hatte sich schon wieder gefangen. Lässig winkte sie ihren Hofdamen zu. »Senta scheint keinen Spaß zu verstehen. Das müssen wir ihr, falls sie die Mutprobe wirklich besteht, noch beibringen.« Dann trat sie einen halben Meter zurück, Senta hörte nur noch das Schnappen eines Feuerzeugs. Entschlossen brachte sie sich wieder in die hängende Position. Dieses Mal ließ sie sofort los und landete weich, kalter Matsch spritzte an ihre nackten Beine. Gleichzeitig stieg ihr ein fauliger Geruch in die Nase. Widerlich! Ihre Chucks waren fast gänzlich im Schlamm versunken. Aber, Gott sei Dank reichte der Matsch nur ein paar Zentimeter hoch. Der Schlüsselbund befand sich genau neben ihren Füßen. Sie bückte sich und zog ihn aus dem Schlamm, säuberte ihn notdürftig und ließ ihn in der Tasche ihrer kurzen Hose verschwinden. Was soll’s?, dachte Senta. Wenn ich nach Hause komme, muss ich mich sowieso einer Komplettreinigung unterziehen.
    Doch bevor sie sich auf ihre Dusche freuen konnte, musste sie erst wieder nach oben kommen. Ihr Plan war, sich den engen Schacht hinaufzuschieben, indem sie ähnlich wie beim Abstieg Füße und Hintern gegen die Schachtwand klemmte. Ihren Oberkörper an die gegenüberliegenden Wand gelehnte, stemmte sie sich mit dem rechten Fuß gegen den Schacht. Dann drückte sie ihre Oberarme gegen die Seitenwände. Die Hände flach gegen den Beton gepresst, schob sie sich ein Stück in die Höhe. Hier unten fühlte sich der Beton feucht und kalt an und porös. Ob die da oben notfalls auch ein Seil dabeihaben, fragte sich Senta ängstlich. Sie wurde den Verdacht nicht los, dass Miriam und ihren Hofdamen nichts lieber wäre, als sie hier unten im Schacht vergammeln zu lassen. Besser sie wurde gar nicht erst von ihrer Hilfe abhängig.
    Und so schob sie sich, trotz des bröseligen Untergrundes, Stück für Stück weiter nach oben. Schnaufend klemmte sie ein paar Sekunden später – einen halben Meter über dem rettenden Boden – im Schacht. Jetzt kam der schwierigste Teil. Sie musste sich mit reiner Arm- und Beinkraft stückchenweise nach oben schieben. Und zwar schnell, denn der bröselige Beton rutschte ihr förmlich unter den Füßen und Händen weg. Vor lauter Anstrengung rann ihr Schweiß den Nacken entlang. Von Miriam und den Hofdamen war nichts mehr zu sehen.
    Erst als Senta fast an den Rand des Schachts greifen konnte, kam ihr ein glühender Zigarettenstummel entgegen. Mit Mühe wich sie dem Geschoss aus und erschrak, als gleich darauf ein schabendes Geräusch ertönte. Das Gitter! Mit einem letzten kraftvollen Stoß katapultierte sich Senta in die Höhe, bekam den Rand zu fassen und stemmte sich nach oben. Erschöpft und heftig atmend kauerte sie nur ein paar Sekunden später neben dem Schacht.
    »Bravo«, applaudierte Miriam mit gespielter Fröhlichkeit. Sie lehnte lässig an der Hinterwand des Spritzenhauses und schob mit einem Fuß einen großen Stein hin und her. Aus dem Augenwinkel sah Senta, dass Rita ihr Handy auf sie gerichtet hatte und eifrig filmte. »Lass das«, fauchte sie die dürre Blonde an und richtete sich auf. Am liebsten hätte sie ihr das Handy aus der Hand geschlagen, so wütend war sie. Senta zog sich die Kapuze vom Kopf und sah an sich herunter. Die ehemals grünen Chucks waren völlig ruiniert, die Knie hatten dicke Schrammen und an ihrem Shirt klebten Fetzen von Spinnweben. Aber das Schlimmste waren ihre Hände – dreckig, gerötet und mit eingerissenen Fingernägeln sahen sie aus wie Maurerpranken. »Da muss wohl eine duschen gehen«, lachte Kim und Miriam räusperte sich theatralisch. »Den ersten und einfachen Teil der Mutprobe hast du damit also bestanden!« Senta glaubte, sich verhört zu haben.
    »Wie bitte?« Was sollte das nun wieder?
    »Hast du schon einmal ein Lagerfeuer gemacht?«, begann Miriam erneut ihr Fragespiel.
    »Was interessiert dich das?«, fragte Senta genervt zurück.
    »Mich nicht. Aber für dich wäre es von Vorteil, wenn du wüsstest, wie man ein Feuerchen in Gang bringt.« Miriams Worte klangen, begleitet von den grinsenden Gesichtern ihrer Hofdamen, zuckersüß. Senta gab sich alle Mühe, sie zu ignorieren.
    »Hier hast du deinen Schlüssel«, sagte sie stattdessen und streckte Miriam den klebrigen Bund entgegen. »Ich denke, für heute reicht es mir mit Mutproben.«
    »Nein, behalte ihn. Du wirst ihn noch brauchen«, entgegnete

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