Pern 02 - Die Suche der Drachen
im Vorraum, wo die neun Bronzereiter des Hochlands immer noch wie erstarrt herumstanden. Mitleid überkam die Weyrherrin von Benden. Gleich zwei Königinnen zu verlieren – die Männer brauchten dringend einen kräftigen Schluck, der ihre 213
Lebensgeister wieder weckte. Besaß denn in diesem verdammten Weyr kein Mensch den Verstand …
Sie unterbrach diese Gedankengänge. Bisher hatte sich Brekke um alles gekümmert.
Lessa wollte sich eben auf die Suche nach etwas Trinkba-rem machen, als sie unsichere Schritte und ein unterdrücktes Schluchzen hinter sich hörte. Sie drehte sich um. Ein kleines Mädchen kam den Korridor entlang, mit einem Tablett, das sie kaum schleppen konnte.
Zwei grüne Feuerechsen umflatterten sie mit aufgeregtem Gepiepse. Als die Kleine Lessa sah, wischte sie mit dem Ärmel hastig die Tränen ab und machte einen Knicks.
»Du bist ein vernünftiges Kind«, sagte Lessa anerkennend und nahm ihr das Tablett ab.
Sie deutete auf die Tonflaschen.
»Schnaps?«
Die Kleine nickte.
»Alles, was ich finden konnte.«
»Hier!«
Lessa füllte einen Becher und drückte ihn dem erstbesten Reiter in die Hand. Das Mädchen stand reglos neben ihr, das Gesichtchen vor Angst und Kummer verzerrt. Sie starrte den Vorhang an, der Brekkes Schlafgemach verschloß. Tränen liefen ihr über die Wangen, ohne daß sie es merkte.
»Du bist Mirrim?«
»Ja.«
Das Kind wandte den Blick nicht vom Vorhang ab.
»Manora ist bei Brekke, Mirrim.«
»Aber – aber Brekke wird sterben. Sie wird sterben. Die anderen sagen, wenn ein Drache …«
»Die anderen sagen viel zuviel«, unterbrach Lessa sie. In diesem Augenblick trat Manora zu ihnen.
»Sie lebt. Schlaf ist jetzt der beste Trost für sie.«
Die Heilerin zog den Vorhang zu und warf einen Blick auf 214
die Männer.
»Die hier sollten sich auch hinlegen. Sind ihre Drachen schon wieder zurückgekehrt?«
Sie strich dem Mädchen sanft über die Wange.
»Mirrim, nicht wahr? Ich hörte, daß du zwei grüne Feuerechsen besitzt.«
»Mirrim dachte als einzige daran, dieses Tablett hier zu bringen«, warf Lessa ein. Sie tauschte einen raschen Blick mit Manora.
»Brekke – Brekke würde erwarten …« Das Mädchen begann wieder zu schluchzen.
»Brekke ist eine vernünftige Person«, sagte Manora fest. Sie drückte Mirrim einen Becher in die Hand und schob die Kleine auf einen Reiter zu.
»Hilf uns jetzt! Diese Männer brauchen uns.«
Mechanisch begann Mirrim die Becher zu verteilen.
»Weyrherrin«, murmelte Manora, »vielleicht sollten wir F’lar herholen. In Ista und Telgar bekämpfen sie zu dieser Stunde die Fäden, und …«
»Ich bin schon da«, sagte F’lar vom Eingang her.
»Und ich könnte auch einen ordentlichen Schluck gebrauchen. Die Kälte des Dazwischen sitzt mir in den Knochen.«
»Als ob wir hier nicht genug Narren hätten«, rief Lessa, aber ihre Miene hellte sich auf.
»Wo ist T’bor?«
Manora deutete auf Brekkes Gemach.
»Hmm. Und Kylara?«
Seine Stimme klang eisig.
Gegen Abend herrschte im Hochland-Weyr, wenigstens nach außen hin, wieder Ordnung und Ruhe. Die Bronzedrachen waren alle zurückgekehrt, hatten gefressen und befanden sich nun in ihren Höhlen. Die Reiter schliefen.
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Auch Kylara war gefunden. Der grüne Reiter, der Meron als Bote diente, hatte sie gebracht.
»Schicken Sie einen Ersatz nach Nabol«, sagte der Mann hart. »Ich gehe nicht mehr hin.«
»Berichten Sie, S’goral!« F’lar nickte dem Reiter zu; er konnte seine Gefühle verstehen.
»Sie kam am frühen Vormittag in die Burg und erzählte etwas von ungenießbarem Trinkwasser. Sie wollte, daß Meron ihr ein paar Fässer zur Verfügung stellte. Ich erinnere mich genau, daß Prideth bereits verdächtig glänzte. Aber da sie sich mit meinem Grünen ganz friedlich auf dem Feuerhang nieder-ließ, sagte ich nichts. Sie verschwand in den Räumen des Barons. Später sah ich, daß die beiden Echsen sich auf dem Schlafzimmersims sonnten. Nach einiger Zeit hörte ich plötzlich meinen Grünen schreien. Eine Drachenschar zog in großer Höhe vorüber. Mir war sofort klar, daß es sich um einen Paarungsflug handelte.
Und dann begann Prideth schrill zu kreischen und stürzte sich auf Merons kostbare Zuchtherde. Ich wartete noch ein wenig, in der Hoffnung, sie würde merken, was sich abspielte.
Aber sie rührte sich nicht. Also machte ich mich auf die Suche.
Merons Leibwächter wollten mich abweisen, doch ich kümmerte mich nicht darum und störte ihr
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