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Perry Clifton und der Spionagering Rosa nelke

Perry Clifton und der Spionagering Rosa nelke

Titel: Perry Clifton und der Spionagering Rosa nelke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Sisal — das war das Interieur des winzigen Geschäftsraumes. Aus drei verschiedenen Richtungen tickte es laut und leise, langsam und schnell, hoch und tief.
    Hinter der Ladentheke hatte sich ein Mädchen erhoben. Sie zählte allerhöchstem fünfzehn Jahre und schien bis eben in einem Comicheft gelesen zu haben.
    „Guten Tag, Sir!“ grüßte sie freundlich. „Was haben Sie für einen Wunsch, Sir?“
    Die Hand des Alten fuhr in das Innere seines Jacketts, und wenig später schaukelte vor ihrem Auge eine Taschenuhr an einer dicken Kette hin und her.
    „Draußen ist ein Schild, auf dem steht, daß hier auch Goldwaren angekauft werden“, sagte er mit brüchiger Stimme. „Ich möchte meine goldene Taschenuhr verkaufen, mein Kind. Bist du dafür zuständig?“
    Die Wangen des Mädchens röteten sich verlegen. „Nein, Sir. Da hole ich meinen Vater. Bitte nehmen Sie doch Platz, es dauert nicht lange.“
    „Aber selbstverständlich.“
    Der Alte ließ sich auf dem einzigen gepolsterten Stuhl nieder. Während er sich setzte, verstaute er die Uhr wieder an ihrem alten Platz.
    Das Geräusch einer klappenden Tür drang zu ihm. Dann wurde es für zwei Minuten still. Wieder Türklappen. Schwere Schritte näherten sich.
    Erik Burly, der Inhaber, war ein großer, kräftiger Mann Anfang Vierzig mit einem ernsten, fast schwermütigen Gesichtsausdruck. Er nickte dem Alten freundlich zu.
    „Guten Tag, Sir. Meine Tochter sagte mir, daß Sie etwas verkaufen möchten. Darf ich die Uhr mal sehen?“ Statt einer Antwort sah Burly plötzlich die geschlossene Hand des Weißhaarigen vor sich.
    „Ja, bitte...?“ sagte er ein wenig irritiert.
    Da öffnete sich langsam die Faust, die so gar nichts Greisenhaftes an sich hatte.
    Burly spürte, wie sein Herz mit harten Schlägen auf das reagierte, was er sah. Wie sein Mund trocken wurde und wie ihn, wie jedesmal, jenes heiße Haßgefühl überschwemmte, das, ebenfalls wie immer, von einer verzweifelten Hoffnungslosigkeit abgelöst wurde. Es fiel ihm schwer, seine Augen von der rosafarbenen Stoffnelke in der Hand des vermeintlichen Kunden zu wenden.
    Er zwang sich, in die kühlen, abschätzenden Augen des Mannes zu sehen, den er unter dem Namen Long kannte. Und widerwillig gestand er: „Ihre Maske ist vollendet, alter Mann!“
    „Vollendete Masken sind meine Spezialität, Burly!“
    Nichts Brüchiges oder Zittriges war mehr in Longs (alias Colfields) Organ. Es klang kalt, sachlich, vielleicht sogar eine Spur triumphierend. „Ich habe einen Auftrag für Sie, Burly!“.
    Alles an Erik Burly war Verzweiflung. Er wußte, selbst dann, wenn er Long in den allertiefsten Brunnenschacht würfe, würde sich nichts an seiner Situation ändern. Ein anderer, ein neuer Long käme, und alles ginge weiter wie bisher. Trotzdem fragte er: „Warum lassen Sie mich nicht in Ruhe? Wie lange wollen Sie mich noch erpressen?“
    „Erpressen?“ Longs Stimme klang zuerst gewollt überrascht, dann spöttisch: „Ich erpresse Sie nicht, mein lieber Burly, ich bewahre Sie so lange vor zwanzig Jahren Gefängnis, bis ich glaube, daß wir quitt sind. Das ist doch, wie Sie zugeben müssen, ein Unterschied.“
    Und dann wurde seine Stimme schneidend und bestimmt. Ein Bündel Geldscheine flog auf den Tisch.
    „Hier sind hundert Pfund Reisespesen und zweihundert Pfund Aufwandsentschädigung. Sie reisen noch heute nach Plymouth. Ich habe das unbestimmte Gefühl, daß dort was schiefgegangen ist. Hier!“
    Widerwillig griff Burly zu. „Was ist das für ein Schlüssel?“
    Erneut fuhr Longs Hand in die Tasche. „Bitte!“
    Der Uhrmacher nahm den Zettel und las leise: „Apartment 34, Hatterson Square 12, Plymouth IV.“
    „Eine freundliche Adresse. Sie haben eine prächtige Aussicht, das Apartment befindet sich im siebten Stockwerk.“
    „Und wem gehört es?“
    „Ihnen, Mr. Burly. Bis auf weiteres jedenfalls. Sie werden Ihren Namen entsprechend angebracht finden. Ja, staunen Sie nur. Wir überlassen so gut wie nichts dem Zufall. Sie warten dort, bis sich ein gewisser Glenn Parker bei Ihnen meldet. Glenn Parker, merken Sie sich den Namen. Glenn Parker! Und vergessen Sie nicht, noch vor heute abend loszufahren.“
    Erik Burly sank auf den Hocker hinter dem Verkaufstresen und vergrub sein Gesicht in den Händen. „Sie sind ein Teufel, Mr. Long...“, murmelte er und wünschte, daß alles nur ein böser Traum sei.
    Das Klingeln der Ladenglocke bewies ihm jedoch laut und unüberhörbar das Gegenteil. Die grausame

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