Persephones Erbe (German Edition)
eingehen, finden Ihn.«
Zwei Männer schoben Hansen in den Rettungswagen. Sie schlossen die Hecktüren. Das Fahrzug fuhr ab. Rings um uns wurde es still. Schafe blökten. Gegenüber, mitten auf der Wiese vor dem Sportheim, stand ein Schäferkarren. Doch Agreo war fort. Ich sah keinen einzigen Menschen.
»Wo sind die alle? Wo ist Armin.«
Mir wurde schlagartig klar, was ich während des Kampfs mit Sophie nur nebenher registriert hatte: Lupercu war als einziger noch bei mir. Ich brach in Tränen aus. Der Faun wärmte mich mit seinem ganzen Körper, doch seine Nähe milderte meinen Schmerz dieses Mal nicht.
»Sch, meine Schöne, Armin hat dich nicht im Stich gelassen. Sie haben ihn abgeführt.«
»Schon wieder?!«
Lupercu lachte lautlos.
»Widerstand gegen die Staatsgewalt. Armin wollte zu dir. Einen hartnäckigen Mann hast du dir ausgesucht. Er hat ziemlich randaliert.«
Ich erschrak.
»Sch, sch, Kati, ihm passiert nichts. Rolf stellt alle Ermittlungen ein. Armin kommt wieder.«
Der Faun wiegte mich wie ein Kind. Sein Duft nach Bergwiesen und wildem Thymian beruhigte mich allmählich. In seinen Armen ertrug ich das Wimmern, das von Malchows Villa zu mir drang. Obwohl ich am liebsten ganz weit fort gerannt wäre.
»Warum hat er den Kindern das angetan? Das ist unmenschlich.«
Lupercu schwieg. Als er nach einer Weile immer noch nichts sagte, hob ich den Kopf von seiner Brust.
»Du weißt doch etwas?!«
Mir kam ein grauenhafter Verdacht.
»Wer ist Malchow? Oder sollte ich lieber fragen: Was?«
»Kati, es gibt Dinge in dieser Welt, die älter sind, als selbst wir Götter. Nicht einmal Pluto hat Macht über sie.«
Wie um seine Worte zu bestätigen, rollte von jenseits der Sportplatzwiese eine Explosion durch den Wald. Über den Bäumen stieg eine schwarze Rauchwolke auf.
»Was war das?«
»Die Malchow-Villa brennt. Und da kommt auch schon unser Taxi!«
Ein Wagen raste mit hoher Geschwindigkeit heran. Armins Auto bog mit quietschenden Reifen in die Sportheim-Einfahrt. Er kam kiesspritzend zum Halten. Armin saß in Handschellen hinter dem Steuer, mit schweißnassen Gesicht. Die Tür hinter ihm ging auf. Corinna stieg mit boshaftem Gesicht aus dem Fond. Sie zielte mit einer Waffe auf mich und Lupercu.
Ich tat mich ziemlich schwer damit, Corinna und die Waffe leicht zu nehmen. So leicht wie der Faun. Aber Lupercu war ein Gott. Selbst wenn ihm Armins Ex mitten durch den Kopf schoss, brachte ihn das wahrscheinlich nicht um. Ich war jedoch nicht so zuversichtlich, dass ich das ausprobieren wollte. Ich hatte auch viel zu viel Angst um Armin. Corinna dirigierte mich und Lupercu zum Wagen. Die Hexe riss Armins Fahrertür auf. Sie gab ihm einen Fußtritt, der ihn mit einem erstickten Ächzen halb in die Höhe trieb. Er knurrte.
»Schnauze! Steig aus. Du kommst zu mir nach hinten!«
Er war nicht nur mit Handschellen gefesselt, sie hatte ihn auch durchsichtiges Plastikklebeband auf Mund und Nase geklebt. Blutflecken auf Armins Oberlippe verrieten, dass Corinna wenigstens einige Löcher in die Plastikfolie gestochen hatte. Ich streckte ohne zu überlegen die Hand nach ihm aus, als er sich neben mir aufrichtete. Doch Corinna trat mir ins Kreuz. Ich fiel in den Fahrersitz.
»Du fährst! Und wehe, du versuchst etwas. Ich halte die Pistole auf Armin gerichtet. Dich Missgeburt brauchen wir nicht!«
Ein Schuss krachte an mir vorbei, mir platzte fast das Trommelfell. Ein Querschläger heulte. Als ich mich umdrehte, hatte Corinna offensichtlich auf Lupercu geschossen, doch der war rechtzeitig zur Marmorstatue erstarrt. Die Hexe zuckte mit den Schultern. Sie warf mir den Zündschlüssel zu.
»Und ab geht die Post!«
Schreckliches Rauschen in meinen Ohren kündigte mir eine Vision an. Die Sehergabe, die mich in den letzten Minuten völlig im Stich gelassen hatte, erwachte mit Heftigkeit. Ich erkannte zwischen den tanzenden schwarzen Flecken vor meinen Augen gerade noch, wo die Straße verlief. Hätte Corinna nicht immer noch die Waffe auf Armin gerichtet, ich wäre niemals losgefahren. Ich wusste ziemlich genau, dass das hier nicht gut ausgehen würde. Für keinen von uns.
Wenigstens sah ich im Rückspiegel, und das erleichterte mich sehr, wie sich Lupercus Statue hinter uns in eine Wolke weißen Marmorstaubs auflöste. Corinna drosch mir mit der Pistole auf die Schulter.
»Schneller! Vor uns spielt die Musik!«
Zum Glück kam sie nicht auf die Idee, zurück zu blicken. Sonst hätte sie gesehen, dass sich die
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