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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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irgendeinen Zusammenhang zu dem Fall, an dem er arbeitete. Also versuchte er es mit Süßholzraspeln und bewegte die Vorzimmerdame so dazu, ihn bei ihrem Chef anzumelden.
    Der Vorsitzende des Ausschusses erhob sich, als der Polizist das Büro betrat.
    »Ich kenne Ihren Schwiegervater«, begann er, nachdem er Goldstein einen Platz angeboten hatte. »Er war Betriebsratsvorsitzender auf Teutoburgia, als ich dort als junger Schlepper anlegte. Lange her. Guter Mann, wirklich. Hat sich immer für seine Kollegen eingesetzt. Ein Sozialdemokrat der alten Schule. Wie geht es ihm?«
    »Gut. Danke.«
    »Wie alt ist er jetzt? Er muss doch sicher weit in den Siebzigern sein, oder?«
    »Zweiundsiebzig.«
    »Lag ich ja nicht so falsch. Ich habe ihn das letzte Mal bei der Maifeier gesehen. Bestellen Sie ihm meine besten Wünsche.«
    »Das werde ich tun.«
    »Also, was führt Sie zu mir?«
    Goldstein erzählte ihm die Geschichte Breitschneiders.
    »Sie glauben, der Zeuge wurde für seine Aussage bezahlt?«, fragte der Vorsitzende ungläubig.
    »Wäre das so ungewöhnlich?«, erwiderte der Kommissar.
    »Na ja, die Regel ist es nicht. Gut, es kommt vor, dass diejenigen, die vor den Ausschuss zitiert werden, sich gegenseitig bescheinigen, nie Nazis gewesen zu sein. Sie kennen doch sicher den Spruch: Und als man sie dann wiederfand … «
    »Ja.«
    »Wenn wir so etwas bemerken, nehmen wir uns die jeweiligen Personen richtig vor. Ein gekaufter Persilschein?« Er schüttelte den Kopf. »Mir ist das noch nicht untergekommen. Außerdem erinnere ich mich an die Aussage dieses Breitschneiders. Ich habe in der Versammlung selbst den Vorsitz geführt. Der Mann ist glaubwürdig. Er hat im KZ gesessen, daran besteht kein Zweifel. Möglich wäre es natürlich trotzdem.«
    »Könnte ich das Protokoll dieser Verhandlung einsehen?«
    »Sicher haben Sie einen richterlichen Beschluss?«
    »Nein, bis jetzt nicht.«
    »Dann tut es mir wirklich leid.«
    »Können Sie mir denn wenigstens sagen, zu wessen Gunsten Breitschneider aussagte?«
    Der Vorsitzende wiegte abschätzend den Kopf. »Eigentlich sind die Sitzungen ja vertraulich. Aber ich denke, dass ich in diesem Fall eine Ausnahme machen kann. Verhandelt haben wir gegen Wieland Trasse. Sagt Ihnen der Name etwas?«
    »Trasse? Der Kaufhausbesitzer?«
    »Genau der.«
    »Und das Ergebnis Ihrer Untersuchung?«
    Sein Gegenüber seufzte. »Sie sind ziemlich hartnäckig. Er wurde als ›minderbelastet‹ eingestuft. Einer von vielen.«
    Goldstein stand auf und reichte dem Mann zum Abschied die Hand. »Danke sehr. Sie haben mir wirklich geholfen.«
    »Gern geschehen. Und, wie gesagt, grüßen Sie Ihren Schwiegervater von mir.«
    Nach seiner Rückkehr ins Büro griff Goldstein zum Telefon. Er wollte Saborski über sein Gespräch mit Eleonore Breitschneider und dem Ausschussvorsitzenden informieren. Der Kriminalrat musste erfahren, dass sie möglicherweise einen korrupten Polizisten in ihren Reihen hatten. Zwar hielt Goldstein Saborski für einen skrupellosen Opportunisten, Korruption traute er seinem Chef jedoch nicht zu.
    Nachdem Goldstein Saborski von seinem Verdacht berichtet hatte, fiel dessen Reaktion allerdings ganz anders aus, als von ihm erwartet.
    Für einen Moment war es still in der Telefonleitung. Dann fragte Saborski mit eisiger Stimme: »Wie kommen Sie dazu, diese Breitschneider aufzusuchen? Hatte ich nicht Markowsky damit betraut?«
    Goldstein erklärte, warum sein Kollege verhindert gewesen war.
    »Ein Baumhaus? Sind wir denn hier im Kindergarten? Das ist keine Entschuldigung, sondern eine dumme Ausrede! Markowsky muss mit Konsequenzen rechnen. Das können Sie ihm ausrichten. Und was Sie angeht«, Saborski machte eine bedrohliche Pause. »Ihr Handeln stellt eindeutig eine Pflichtverletzung dar. Sie haben bei dem Ausschussvorsitzenden Auskünfte eingeholt, ohne nur im Geringsten legitimiert gewesen zu sein. Wer hat Ihnen den Auftrag erteilt?«
    »Ich dachte …«
    »Sie dachten? Falsch gedacht, Herr Hauptkommissar. Kümmern Sie sich um den Fall Lahmer. Oder wie immer der Tote heißen mag. Und sehen Sie zu, dass der flüchtige Tatverdächtige nicht länger frei herumläuft. Das ist Ihre Aufgabe!« Saborskis Stimme wurde gefährlich leise. »Stattdessen schnüffeln Sie angesehenen Bürgern unserer Stadt hinterher. Sie unterlassen zukünftig offene oder verdeckte Ermittlungen in diese Richtung. Ein Besoffener, der sich von einem Zug überrollen lässt, hat mit Ihrem Untersuchungsgegenstand nichts,

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