Perth
Eigentlich half sie mir ja, sie überhaupt zu schreiben. Ich verbrachte viele Stunden damit, ihr von meinen Ideen zu erzählen. Sie hörte mir aufmerksam zu, unterbrach mich nicht und gab mir das tröstende Gefühl, dass, egal, was meine Leser von meinen Büchern halten würden, zumindest sie hinter mir stehen würde. Als ich einmal eine unschöne Rezension über eins meiner Bücher in der Zeitung las, war sie es, der ich mich in meiner Verzweiflung anvertraute und die mich wieder aufbaute. Sie war einfach da.
So war es immer mit ihr gewesen, aber mittlerweile war sie in einer Lebensphase, in der sie nicht nur eine erstaunliche Läuferin und unermüdliche Abenteurerin an der freien Luft war, ein heller Geist, der Dummheit nicht ertragen konnte, sondern auch eine ruhigere und sanftere, anteilnehmende Gefährtin. Wir alle brauchten sie. Sogar das Dorf hatte sie als eine muntere Persönlichkeit des Ortes akzeptiert. Sie war zu einer Art Dorflegende geworden.
Die alte Perth blühte allerdings immer wieder auf. Sie liebäugelte häufig mit der Gefahr, fast als ob sie ihre eigene Unbesiegbarkeit testen wollte. Als wir zum Beispiel eines Oktobertages auf einem Küstenpfad an den Klippen von Dorset entlanggingen, hätte die damals vierzehnjährige Perth in Stücke zerfetzt werden können. Die britische Army testete seit vielen Jahren Landminen auf großen Wiesen oberhalb des Meers. Sie waren eingezäunt und steckten voller Minen. Wir fünf spazierten an diesem Oktobermorgen fröhlich dahin und genossen den Anblick des Meers und der Klippen, als wir plötzlich ein Schild entdeckten, auf dem stand: »Vorsicht Landminen !« Genau in diesem Moment entschloss sich Perth, vom Weg abzubiegen. Sie lief auf den Zaun zu, fand ein Loch darin und war in null Komma nichts zwischen den Minen. Die Wiese war üppig bewachsen, trügerisch. Unter dem verlockenden Grün lauerte der Tod. Perth machte es Spaß; wir waren in heller Panik. Hilflos starrten wir sie an. Claire war erst drei Jahre alt und ahnte nichts von der Gefahr. Aber Andrew wusste Bescheid. Er wurde bleich.
Wie konnte ich sie warnen? Wenn ich wild nach ihr rief und mit den Armen winkte, könnte ich sie dazu verleiten, kreuz und quer zu laufen, was ihren sicheren Tod bedeuten würde. In einem ruhigen und sehr bestimmten Ton rief ich: »Bleib, Perth, bleib !« Ich wiederholte es. Sie blieb stehen und sah uns an. Sie war etwa dreißig Meter entfernt. »Braver Hund, bleib !« Sie bewegte sich nicht.
Ich erinnerte mich daran, wie ich auf der East Lake Road in Cazenovia mit ihr geübt hatte. Würde sie mir jetzt gehorchen? Ich rief mit großem Ernst, damit sie ja nicht dachte, dass ich Spaß machte: »Komm HIERHER, Hündchen, HIER, HIER !« Ich musste sie dazu bringen, auf kürzestem Weg zu uns zurückzukommen. Wenn sie auf einer geraden Linie blieb, war es unwahrscheinlicher, dass sie auf eine Mine trat. Ich hielt meine Hand hoch und zeigte mit dem Finger vor mir auf den Boden. »HIER«, wiederholte ich. Ich sah sie eindringlich an. Andrew legte die Hände auf seine Augen. Perth drehte sich um, kam langsam zurück und schlüpfte sicher durch das Loch im Zaun. Keiner von uns sagte etwas. Wir atmeten ein paar Mal tief durch und gingen weiter.
Ich glaube, es war im November desselben Jahres in Ost-Sussex, als sie beinahe bei Beachy Head , einem anderen Küstenabschnitt, das Zeitliche segnete. Wir waren noch nie dort gewesen, obwohl mein Vater in Amerika immer davon geschwärmt hatte, als ich noch ein Kind war. Es ist eine weite, offene Fläche, die zu den Downs gehört. Sie ist windgepeitscht und wild und liegt oberhalb von steilen Klippen, die bis zu hundertfünfzig Meter senkrecht nach unten ins Meer abfallen. In diesem Gebiet ist das Meer vor der Küste trügerisch, die Strömungen sind unberechenbar, und so wurden im Laufe der Jahrhunderte einige Segelschiffe hier an Land gespült, die an den Felsen zerschellten. Oben erstreckt sich der federnde Boden der Downs , ein toller Ort, um mit voller Geschwindigkeit dahinzudüsen.
Wir wussten nicht, wie die Landschaft beschaffen war, bis wir dort ankamen. Und da war es beinahe schon zu spät. Wir fünf gingen los und marschierten über die weite Grasfläche auf das Meer zu. Als wir näher kamen, konnte ich sehen, dass es keinen Zaun oder eine Absperrung gab, die markierte, wo der feste Boden zu Ende war und die Leere dahinter begann. Nichts, was den Ahnungslosen warnte. Mir fiel der blinde Gloucester aus Shakespeares schrecklicher
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