Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
und dann sah es George an. Ein Schrei wie von tausend Harpyien ertönte und alles Glas in weitem Umkreis zersprang in unzählige Bruchstücke.
Freiherr von Steinborn stand vor dem zerstörten Haus und fragte sich, was um Himmels willen hier geschehen war. Die Wohnung des Vampirs war in jedem Fall kein Versteck mehr. Die Front des Gebäudes war eingedrückt worden, die Decken waren aufgerissen und er konnte bis in die Räume blicken, in denen er, der Vampir und das junge Fräulein gesessen hatten.
Der Sturm schwoll immer stärker an. Er hatte fast viermal so lange gebraucht, um London zu erreichen, wie der Vampir gebrauchte hatte, um bis zu der Brücke zu kommen, wo er seinen Körper wieder zurückerhalten hatte. Das Pferd hatte er in den unbeschädigten Teil des Gebäudes gebracht und versorgt, erst dann war er durch den rückwärtigen Gebäudeteil in die Wohnung gegangen. Die Tür, durch die man von hinten in Drakes Wohnung gelangte, war unversehrt. Von Steinborn hatte den Schlüssel dafür, und erst als er die Tür öffnete und ins Freie blickte, sah er den Schaden. Schnell hatte er die Tür zugezogen, eher er bemerkt werden konnte und ihm jemand dumme Fragen stellen konnte.
Der Freiherr war um den Häuserblock herumgegangen und hatte sich unter die Gaffer gemischt, die auf der Straße trotz des Schneetreibens herumstanden, um sich das Desaster von hier aus in Ruhe ansehen zu können.
Den vorbeifliegenden Gesprächsfetzen konnte er entnehmen, dass wohl niemand zu Schaden gekommen war bei dem Einsturz des Gebäudes. Auch schien nur die Wohnung des geheimnisvollen Hausherrn betroffen zu sein. Man schob es auf Baumängel oder eine zu hohe Belastung, denn gesehen hatte keiner, was das Unglück heraufbeschworen hatte.
Von Steinborn konnte nichts anderes tun, als zu warten, bis der Vampir oder Rebekka hierher kämen. Er schlug den Kragen enger um seinen Nacken, um die Schneeflocken abzuhalten, die der Sturm durch die Straßen wirbelte.
Nachdenklich betrachtete er das Gebäude und die Schäden in der Fassade. Was konnte dergleichen anrichten? Ein Betrunkener rempelte ihn fast an. Der Mensch konnte sich kaum noch auf den Beinen halten und von Steinborn konnte grade noch verhindern, dass er zu Boden stürzte. Eine Rumfahne schlug ihm entgegen, als der Mann ihn kurz ansah und eine Entschuldigung murmelte.
„Schon gut, aber Ihr solltet nicht so viel saufen, mein Freund!“, entgegnete der Freiherr und drehte sich dann um, einmal um eine weitere Unterredung zu verhindern und zum anderen, weil er so weniger Schnee abbekam.
Jeremias Wimmer war nicht betrunken. Tatsächlich hatte er nach einer fetten Suppe und einem Kanten Brot nur ein Glas Rum getrunken, das allerdings vor wenigen Augenblicken. Dass er unsicher auf den Beinen war, lag an seinem lädierten Fuß, der ihm nun langsam doch mehr zu schaffen machte.
Der Mensch, mit dem er beinahe zusammengerempelt wäre, hatte ihn nicht erkannt. Aber Wimmer erinnerte sich daran, ihn in Deutschland in der Peststadt gesehen zu haben. Seltsam , dachte er, erst die junge Frau mit dem Namen Rebekka, dann dieser adelige Reisende. Beide aus Deutschland, beide am selben Abend und in einem Viertel dieser doch recht weitläufigen Stadt.
Er warf einen verstohlenen Blick über seine Schulter, aber kein Mensch sah auch nur in seine Richtung. Es hatte durchaus Vorteile, übersehen zu werden! Er drückte sich um die Ecke in das kleine Stück Sackgasse, in der er den Golem zurückgelassen hatte. Der Koloss war unter einer zollstarken Schneedecke kaum zu erkennen und wirkte wie ein Haufen von Dingen, die übereinander gestapelt waren und die der Schnee bedeckt hatte. Gut so, in dieser Tarnung mochte der Lehmklotz bleiben, bis Wimmer ihn brauchte.
Er postierte sich an der Stelle, die der General bevorzugt hatte, und spähte zu dem Haus hinüber. Früher oder später würde der Vampir oder die Frau kommen. Oder beide. Er konnte warten.
Doch das war nicht nötig. Er hatte eben sein Wasser abgeschlagen, als die Frau neben den Freiherrn trat. Glück musste der Mensch haben! Wimmer zog die Flasche mit der Tinktur heraus, um sie bereit zu haben.
Rebekka zupfte von Steinborn am Ärmel. Der Freiherr zuckte zusammen und fuhr herum.
„Oh, Ihr seid es, Re …Monsieur!“, seufzte er erleichtert. „Was ist hier passiert? Das Haus …“
Rebekka legte einen Finger an die Lippen, um ihm zu zeigen, dass er schweigen solle. Sie zog ihn am Ärmel mit sich.
„Das Haus spielt jetzt keine Rolle, Ihr
Weitere Kostenlose Bücher