Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
die kaum ein Mensch als solche erkannt hätte. Die Waffe bestand aus zwei Flaschen, sorgsam voneinander getrennt aufbewahrt, jede in einem sie schützenden Holzkasten, der mit weicher Wolle ausgepolstert war. Der Navigator hatte gesehen, was diese Waffe zu bewirken vermochte, als die Griechen den Persern zu Leibe rückten, und er würde die Waffe nur im Notfall einsetzen, wenn er keine Möglichkeit finden konnte, in die Burg zu gelangen. Aber er würde sie einsetzen, sollte es nötig werden.
Soweit dem Navigator bekannt war, würden zwei Männer gegen ihn stehen, der Holländer und dieser deutsche Freiherr mit dem steifen Bein. Der Navigator machte nicht den Fehler, das Gebrechen des Körpers auf den Geist zu beziehen. Er wusste, dass beide Männer beachtliche Gegner sein würden und unterschätzte sie nicht.
Der Holländer war einer der wenigen Menschen, die sein Gesicht gesehen hatten und ihn als Vampir entlarven könnte. Der Deutsche war hinter dem Drachen her. Der Navigator war sich nicht ganz sicher, was der Freiherr wirklich wusste, doch kannte er die inneren Geheimnisse auf keinen Fall, das bewies sein Vorgehen zur Genüge. Auch war ihm der Mann nie so nahe gekommen, dass er eine Gefahr für ihn dargestellt hatte. Wie es schien, hatte der Zufall die beiden Männer zusammengeführt. Vielleicht aber war es auch das Schicksal …
Der Navigator gab dem Pferd leicht die Sporen und das Tier verfiel in einen leichten Galopp. Eineinhalb Tage im Sattel, dann wäre er am Ziel. Er würde in einer Herberge, gut eine Stunde Fußweg von der Burg entfernt, ein Zimmer nehmen und die Lage erkunden. Dann würde er sehen, was zu tun war. Dann würde er sich einen Plan zurechtlegen.
Masud hielt die Fackel so hoch, wie er reichen konnte. Die feuchten Verliese waren ihm noch immer ein unheimlicher Ort, obwohl er nun schon so oft mit seinem Meister hier herunter gekommen war.
Der Meister war besessen und nur Gott mochte wissen, wo das alles noch enden sollte, aber Masud wusste, dass der Holländer recht hatte. Es gab Vampire, so sicher wie der Mond nur nachts am Himmel stand! Er selbst war der einzige Überlebende einer Familie, die der Vampir ausgelöscht hatte. Er war ein Säugling gewesen und konnte sich nicht erinnern, aber seine Großmutter, die an dem Unglückstag nicht daheim gewesen war, sondern auf dem Markt, hatte ihn aufgefunden, als sie zurückkam. Ihn und die Leichen ihrer Familie. Der Holländer war ein Jahr später erschienen, auf der Spur des Blutsaugers. Er hatte Masud und seine Großmutter aus El Andalus mitgenommen. Großmutter war schon vor Langem gestorben und Masud betrachtete den Holländer als eine Art Vater.
Es fiel ihm schwer, die ihm anvertraute Aufgabe zu erfüllen, und die Aussicht darauf, die Sache bald zu Ende zu bringen, ließ ihn innerlich aufatmen. Er brauchte den offenen Himmel über sich, frische Luft in den Lungen und den Wind in den Haaren! Und was hatte er? Dunkelheit und modrige Luft, alt und abgestanden. Er hasste die Verliese, und die Beteuerungen seines Ziehvaters, sie seien nie zum Foltern benutzt worden, machte die Gefühle nicht erträglicher.
Aber jetzt hatte der deutsche Adlige, den Rupert mitgebracht hatte, Bewegung ins Spiel gebracht! Masud hatte seine Aufgabe bald erfüllt! Es war seine Pflicht gewesen, dem Wunsch Van Strouts zu folgen! Er hatte die Falle bereitgehalten. Zwei Jahre lang in dieser Dunkelheit. Nur Venger, der Koch, wusste Bescheid und versorgte ihn mit Nahrung und Getränken. Nur manchmal hatte Masud es gewagt die Verliese zu verlassen. Es gab da einen Gang, der es ihm ermöglichte unter dem See hindurch aus der Burg zu kommen. Der Ausgang lag versteckt im Wald, verborgen zwischen einigen Menhiren, die dort seit Jahrtausenden zu stehen schienen. Doch hatte er es nur des Nachts gewagt und größte Vorsicht walten lassen. Niemand durfte ihn sehen. Er war auf einer Reise nach Italien, hieß es im Dorf. Abgefahren war er auch in aller Öffentlichkeit, doch noch in der gleichen Nacht war er zurückgekehrt, um die Falle in Bereitschaft zu halten. Zwei Jahre war das nun schon her …
Masud schreckte auf, als er seinen Namen hörte.
„Komm mehr hier herüber, ich kann nichts erkennen!“
Van Strout und der deutsche Freiherr standen an dem Podest, das die drei Kästchen hatte aufnehmen sollen. Drei Fächer waren in die Oberfläche eingelassen. Der Holländer legte nun die Kästchen in je eine Vertiefung und die Gemme aus Kristall in die Dritte.
„Das ist der
Weitere Kostenlose Bücher