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Peter Hoeg

Peter Hoeg

Titel: Peter Hoeg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fräulein Smillas Gespür für Schnee
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Eisbrecher dabei. Sie vertäuten sie, am Eisberg, um ihn auf einen anderen Kurs zu ziehen. Es gab nur eine ganz leichte Strömung und keinen Wind. Trotzdem passierte nichts Nennenswertes, als sie die Maschinen aufdrehten. Außer daß sich der Berg immer weiter geradeaus bewegte. Als würde er nicht merken, daß an ihm gezogen wurde. Und er spazierte über den Prototyp hinweg und hinterließ vom stolzen Entwurf der Joint Venture Warrior gerade mal ein paar Ölflecke und einige Wrackteile. Seitdem haben sie sämtliche Eismeerausrüstungen so gemacht, daß man sie innerhalb von zwölf Stunden zusammenpacken kann. Das ist der Vorhersagezeitraum des Eismeldedienstes. Sie bohren von schwimmenden Inseln aus, die davonlaufen können. Dieser beeindruckende Hafen hier ist nichts weiter als ein Blechtablett. Das Eis würde es mitnehmen, wenn es vorbeikäme, als wäre das Ding nie hiergewesen. Sie legen es nur in den milden Wintern aus, in denen die Treibeisdecke nicht bis hierher reicht oder das Packeis nicht herunterkommt. Sie haben das Eis nicht besiegt, Jakkelsen. Der Kampf hat noch nicht mal angefangen.«
    Er macht die Zigarette aus. Er hat mir den Rücken zugekehrt. Ich weiß nicht, ob er enttäuscht ist oder ob es ihm egal ist.
    »Woher hast du das, Smilla?«
    Als sie noch überlegten, ob sie die Joint Venture Warrior auf das Eis stellen sollten, arbeitete ich ein halbes Jahr am amerikanischen Kaltwasserlaboratorium auf Pylot Island an Modellen zur Berechnung der Elastizität des Meereises. Wir waren eine enthusiastische Gruppe von fünf Leuten. Wir kannten uns von den ersten ICC-Konferenzen her. Wenn wir feierten und blau waren, schwangen wir Reden darüber, daß es das erstemal gelungen war, fünf Glaziologen eskimoischer Herkunft an einem Ort zusammenzubringen. Und bestätigten uns, daß in diesem Moment nirgendwo auf der Welt mehr Fachwissen auf einem Fleck zu finden sei.
    Unsere wichtigste Empirie holten wir uns aus Abwaschschüsseln. Wir kippten Salzwasser hinein, stellten sie in einen Laborfreezer und ließen das Wasser auf eine standardisierte Eisdicke gefrieren. Wir nahmen die Eisplatten hinaus ins Freie, legten sie zwischen zwei Tischkanten, belasteten sie mit Gewichten und maßen, wieviel sie nachgaben, bevor sie brachen. Wir brachten die Gewichte mit einem kleinen Elektromotor zum Vibrieren und bewiesen, daß die durch die Bohrungen verursachten Erschütterungen weder die Struktur noch die Elastizität des Eises beeinflußten. Wir waren voller Stolz und begeistertem wissenschaftlichem Pioniergeist. Erst als wir an dem abschließenden Bericht schrieben, in dem wir A.P. Møller, Shell und Gospetrol den Abbau der grönländischen Ölvorkommen von auf Eis gebauten Bohrinseln aus empfahlen, ging uns auf, was wir da eigentlich taten. Doch da war es bereits zu spät. Eine sowjetische Firma hatte die Joint Venture Warrior entworfen und die Konzession bekommen. Wir wurden alle fünf gefeuert. Fünf Monate später wurde der Prototyp pulverisiert. Seitdem haben sie sich nur noch an schwimmende Bohrinseln getraut.
    Das hätte ich Jakkelsen erzählen können. Aber ich tue es nicht.
    »Heute nacht deichsele ich alles für uns«, sagt er.
    »Wunderbar.«
    »Du glaubst mir wohl nicht, Mann. Aber wart's nur ab. Die Sache ist sonnenklar. Ich hab mir noch nie auf der Nase herumtanzen lassen. Ich kenne das Schiff, verstehste. Ich hab's im Griff.«
    Als er in das Licht der Brücke hinaustritt, sehe ich, daß er keine Jacke anhat. Er hat bei zehn Grad Kälte dagestanden und sich mit mir unterhalten, als wären wir drinnen gewesen.
    »Brauchst nur noch heute nacht was Schönes zu träumen, Smilla. Morgen wird alles anders.«
     
    »D'Gefängnischuchi het einzigartigi Möglichkeiten zum Bacha vo Surteigbrot bota.«
    Urs hat sich über eine rechteckige, in ein weißes Geschirrtuch gewickelte Form gebeugt.
    »Dia vila Faktora. Dr Surteig, dr Rührteig und zletscht dr Brotteig. Wia lang brucht er zum Ufga und bi wellara Tempratur? Was für Mehlsorta? D'Ofahitz?«
    Er packt das Brot aus. Es hat eine dunkelbraune, glasig blanke Kruste, in der hier und da ganze Weizenkörner zu sehen sind. Ein überwältigender Duft nach Korn, Mehl und einer säuerlichen Frische. Unter anderen Umständen hätte ich mich darüber gefreut. Doch mich interessiert etwas anderes. Ein Zeitfaktor. Auf einem Schiff kündigt sich jedes Ereignis zuerst in der Kombüse an.
    »Du bäckst jetzt, Urs. Das ist ungewöhnlich.«
    »Z'Problem ischs Glichgwicht. Zwüschet am

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