Peter Hogart 1 - Schwarze Dame
hinein. »Mit dem Headset und dem restlichen Equipment hätte Lomeg Sie in Ihrem Haus abhören können, während er unterwegs war.« Er starrte nachdenklich in die Schachtel. »Demnach wusste Lomeg, dass Sie an jenem Abend, als wir uns begegneten, weitere Informationen von Greco erhalten hatten, mit welchen sie den Buchstabencode der Verbrecher knacken wollten.«
»Daraufhin hat er Micha den Auftrag gegeben, mich zu töten und mein Haus anzuzünden«, verfolgte Ivona seinen Gedankengang weiter. Resigniert betrachtete sie die Geräte in der Schachtel. »Doch genügt diese Kiste als Beweis, um Lomeg festnehmen zu lassen?«
»Wohl kaum.«
Ondrej trat ein und ließ sich in die Couch fallen, sodass der Staub aufwirbelte. »Warum mietet dieser Verrückte eine leer stehende Wohnung?«
Ivona zuckte die Achseln. »Vielleicht hielt er hier seine Opfer gefangen.«
»Keine einzige Spur, Schwesterherz«, murrte Ondrej. »Die Zimmer sind sauber.«
»Sauber?«
»Du weißt, was ich meine.«
Hogart hörte nicht länger zu. Er verließ den Raum und stand am Ende des Korridors vor einer unscheinbaren Tapetentür, die mit einem an der Wand montierten Riegel und einem massiven Vorhängeschloss versperrt war. Allem Anschein nach war der Riegel erst vor kurzer Zeit angeschraubt worden. Er gewährte genug Spielraum, um die Tür einen Spalt breit aufzuziehen. Hinter der Tür herrschte absolute Finsternis.
»He, Detektiv!« Ondrej stand hinter Hogart. »Was hast du gefunden?«
Hogart rüttelte an der Tür. »Haben Sie in der Wohnung einen Schlüssel gefunden, der hierzu passen könnte?«
»Ne.«
»Können Sie so ein Schloss mit einem Draht knacken?«, fragte Hogart.
»Ich? He, ich stelle Automaten auf. Ich bin kein Einbrecher!«
»Schade.« Hogart erhob sich.
»Detektiv, bist du dir wirklich sicher, dass Lomeg einer der beiden Mörder ist?«
»Ziemlich sicher.«
»Nur ziemlich sicher oder absolut sicher?«
»Ziemlich sicher«, wiederholte Hogart. Ondrej überlegte. »Scheiß drauf!«
Noch bevor Hogart etwas sagen konnte, schob Ondrej ihn zur Seite. Mit dem Stiefel trat er gegen die Tür. Zunächst knirschte das Holz. Beim zweiten Tritt verzog sich der Riegel, danach splitterte das Holz. Die Tür gab nach und krachte gegen die Innenwand.
Ivona stürzte in den Flur. »Seid ihr verrückt geworden?«
Hogart und Ondrej starrten durch die Türöffnung. Vor ihnen lag eine fensterlose, düstere Rumpelkammer. Hogart zog an der Kette, die von der Decke hing. Im nächsten Augenblick erhellte eine nackte Glühlampe den Verschlag. Er war nicht größer als sechs Quadratmeter, aber dafür bis zum letzten Winkel mit Ramsch angefüllt.
»Oh, Mann!«, entfuhr es Ondrej.
Hogart trat ein.
»Nichts anfassen!«, warnte Ivona.
»Keine Sorge.« Hogart zog einen Kugelschreiber aus der Sakkotasche. Die Wand war von Dutzenden, nein Hunderten Zeitungsartikeln beklebt, die eine Tapete aus Papierschnipseln bildeten. Hier lag alles vor ihrer Nase. Berichte, Interviews und Fotoreportagen über die Mordserie. Hätte Morak den Teilzeitarbeiter des Fischmarkts gründlicher überprüfen lassen, wäre er auf diesen Raum gestoßen. Hogart wurde speiübel. Da wurden ausgeklügelte Polizeiaktionen durchgeführt, die jedoch auf halber Strecke versackten. Mindestens vier Menschen hätten seit dem Infoabend gerettet werden können, darunter Alexandra Sendling. Auf diesen wenigen Quadratmetern befanden sich genügend Beweise, die für eine Festnahme und einen Prozess reichten. Hogart hob die Blätter, die an Tesastreifen hingen, mit dem Kugelschreiber an. Darunter befanden sich ältere Berichte, die von März und April stammten.
Auf der gegenüberliegenden Wand hing eine mit Fotos übersäte Korktafel. Diesmal stammten die Bilder jedoch nicht aus der Presse, sondern von einer Polaroidkamera. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigten die Köpfe der Toten, eine morbide Sammlung verzerrter Gesichter.
Ivona drängte sich ebenfalls in die Kammer. Nachdem sie sich umgesehen hatte, wies sie auf ein dunkles Bild. »Mir wird schlecht … Das ist Hana Zajicova.«
Hogart betrachtete das Foto. Die Augen der Frau waren geschlossen, eine glänzende Haarsträhne klebte auf ihrer Stirn, die restlichen Haare waren zurückgekämmt. Deutlich konnte man die in die Stirn geritzten Buchstaben lesen.
»Odveta - Rache! Könnte sich darauf beziehen, dass sie die Vergewaltigungen duldete. Nachdem Micha ihr das Wort in die Stirn geritzt hatte, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als die
Weitere Kostenlose Bücher